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Re: [ox] Drittes Viertel Paper GPL-Gesellschaft



Zum Paper von Stefan und den Anmerkungen dazu von Ingo:

Um es leichter lesbar zu machen, habe ich nur die Zitate, auf die ich
mich beziehe, hier beibehalten, ich hoffe, dass der Kontext noch in
Erinnerung ist. 

ingo xhomie.de schrieb zu Stefans Paper:
 
Eine Ware wird nie wegen ihres Gebrauchswertes produziert, sondern nur zum
Tausch.
Das das 'Ding' für irgendwen nützlich sein muß ist Bedingung nicht Zweck.
                                                   ---------------------
Das ist mir auch schon im ersten Teil deines Textes Aufgefallen dort
schreibst du:
"Inhalt und Ziel wirtschaftlichen Handelns ist nicht primär ein
bestimmtes Produkt, eine bestimmte Qualität oder ähnliche stoffliche
Qualitäten, sondern die Erzielung von Tauschwert."

Das Ziel ist einzig und allein die Erzielung von Tauschwert!

Wenn ich das recht verstanden habe, wendest Du (Ingo) Dich hier gegen
Stefans Verwendung des Begriffes "primär", also "Inhalt und Ziel
wirtschaftlichen Handelns ist nicht primär ein bestimmtes Produkt...".
Stefan sagt hier also (korrigiere mich, Stefan, wenn es nicht stimmt),
dass das Ziel wirtschaftlichen Handelns "nicht primär" der Gebrauchswert
sei, sondern die Erzielung von Tauschwert. Das ist richtig und Du (Ingo)
bist davon ja gar nicht weit entfernt, wenn Du sagst, es gäbe nur ein
Ziel wirtschaftlichen Handelns und das sei die Erzielung von Tauschwert.
Da sehe ich keinen Widerspruch. Aber den Tauschwert als primäres Ziel
und (in der Konsequenz) den Gebrauchswert als sekundäres Ziel
wirtschaftlichen Handelns zu benennen ist vielleicht wirklich etwas
irreführend, oder nennt das Ding nicht richtig beim Namen. Vielleicht
hilft da eine andere Kategorisierung: Der Gebrauchswert ist das Mittel,
der Tauschwert der Zweck. Ähnlich wie Ingo andernmails unterschieden hat
zwischen dem Gebrauchswert als "Bedingung" (ein Ding muss schon nützlich
sein, wenn es verkauft werden soll) und dem Tauschwert als Zweck. 

Kurz: Vielleicht ist Zweck/Mittel besser als primär/sekundär. 
 

[25] Es ist kein Zufall, daß die Programmiertätigkeit eine ist, die
offenbar viel mehr Lust erzeugen kann als Tätigkeiten, die in der
industriellen Produktion entstanden sind. Auch dies ist ein Hinweis
darauf, daß die Entwicklung der Produktionsmittel inzwischen in ein
Stadium getreten ist, daß die Veränderung des gesellschaftlichen
Überbaus möglich macht und angezeigt erscheinen läßt.

Was ist der gesellschaftlich Überbau?

Mit gesellschaftlichem Überbau meint Stefan (denke ich mal, auch hier:
korrigieren, bitte) sicher die ganzen juristischen, politischen,
religiösen, künstlerischen oder philosophischen - kurz ideologischen
Formen - einer Gesellschaft. Der Unterbau wäre dann die
Produktionsweise, genauer: die Produktionsverhältnisse, wobei das
historisch unterschiedlich ist, also: spezifische
Produktionsverhältnisse generieren einen spezifischen "Überbau".
Beispielsweise hatten die "Produktionsverhältnisse" im Feudalismus
(Leibeigenschaft...usw.) ganz andere juristische, politische, religiöse,
künstlerische oder philosophische - kurz ideologischen Formen - als die
kapitalistischen Produktionsverhältnisse sie haben.

Nun ist der Gedanke wohl der, dass die Programmiererei mit all ihren
Eigenschaften, wie sie Stefan beschreibt, auch einen anderen Überbau
generieren werden. Das aber impliziert eine sehr einfache Kausalität,
nämlich, dass nur die Produktionsverhältnisse geändert werden müssen und
schwuppdiwupp oder auch nicht schwuppdiwupp ändert sich der Überbau. Das
aber hat fast was Objektives, als bräuchte es kein Zutun der Menschen.
Aber: Von allein geht gar nix, wo bleibt das Subjekt? Dieses ganze
Überbau-Unterbau-Ding, zumindest wie ich es oben beschrieben habe, ist
ja von Marx und soweit ich das wiederum bei ihm richtig verstanden habe,
meinte er dieses Kontrukt theoretisch, ist also ein Denkmodell, um die
gesellschaftlichen Strukturen zu erklären/verstehen. Heisst aber nicht,
dass die Veränderung der Produktionsverhältnisse in der Realität
tatsächlich diese Kausalität in sich trägt. Oder?

Ergo: Die Lust am Programmieren verändert noch keinen Überbau, in
welchem konkreten Sinne auch immer. Meinetwegen ist diese Tätigkeit, mit
all ihren von Stefan beschriebenen Eigenschaften, eine notwendige
Bedingung, aber keine hinreichende.

ingo xhomie.de schrieb:

Ich hab noch Anmerkungen zum ersten Teil des Textes:

"Bei der Erzielung von Profiten wird Lohnarbeit zwar
eingesetzt, betriebswirtschaftliches Ziel einer jeden UnternehmerIn
ist aber die Minimierung der Arbeitskräfte bei Beibehaltung der
erzeugten Menge an Waren."

Eine Minimierung der Arbeitskräfte kann wohl kaum das Ziel des Kapitals
sein. Ziel ist die Geldvermehrung. Diese kann nur durch die Verwertung der
Arbeit geschehen. Somit ist das Kapital darauf aus möglichst viel Arbeit
gewinnbringend einzusetzen!
Später schreibst du:

"Gelingt diese
Ausweitung nicht, so treibt die Konkurrenz der WarenproduzentInnen
letztlich dazu, die Lohnarbeit mehr und mehr ganz abzuschaffen - was
wiederum nicht gut gehen kann, da die Erzielung von Profiten unlösbar
mit dem Verbrauch von Lohnarbeit verbunden ist."

Eine Produktivitätssteigerung geschieht doch häufig, zumeist (?) durch
Rationalisierung, also durch Einsparung von Arbeitskraft. Viele sehen
darin wirklich das Ende der Lohnarbeit. Der Gedanke, dass die Lohnarbeit
vom Kapital ausgerottet wird, liegt daher nahe. Vielleicht muss man hier
unterscheiden zwischen lebendiger und toter Lohnarbeit. 
Die Maschinen, die die Produktivität erhöhen, müssen ja auch wiederum
produziert werden, soll heißen, darin ist lebendige Arbeit
vergegenständlicht. Und was dennoch stimmt ist, dass, je mehr
rationalisiert wird, desto weniger lebendige Arbeit ist notwendig, zum
Beispiel, Maschinen bauen Maschinen, die wiederum Maschinen bauen, die
dann Produkte herstellen. Aber am Anfang der Kette ist immer irgendwo
lebendige Arbeit. Und um die ganze Maschinerie herum bildet sich das
"Dienstleistungsproletariat" (Wartung, Einweisung, Vertrieb, usw.,
usw.). Von einer Abschaffung der Lohnarbeit kann man sicher nicht reden,
vielleicht von einem strukturellen Wandel und einem geringeren Bedarf,
das heißt einfach, dass die "Reserve" wieder einmal (historisch)
anschwillt, dies auch nicht auf ewig, nur solange bis sie eben zu
geringeren Löhnen oder zumindest eben anderen Bedingungen wieder
gebraucht werden. 
 
....aber im sonst find ich den Text interesant und gut.

INGO


Yup, das finde ich auch.

Liebe Grüße,
Sabine

---------------------
http://www.oekonux.de/



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