Re: Befreiung von was? (was: [ox] Re: interessanter Vortrag 11.1. in Wien / Unterkunft?)
- From: Franz Maria Tabei <a8206574 unet.univie.ac.at>
- Date: Fri, 26 Jan 2001 21:16:51 +0100
hi Stefan,
ich war bei dem vortrag, und Erich meinte, die faulheit könnte da auch ein
möglicher ansatzpunkt sein. ich weiß nicht, ob er in der liste ist, sicher
kann er besser dazu stellung nehmen, und es waren ja auch andere noch dort,
die vielleicht etwas dazu sagen wollen. ich habe es jedenfalls so
verstanden, als ginge es da nicht um einen angestrebten zustand, sondern
irgendwie eine hilfe, oder übergang um wo anders hinzukommen, da ja viele
probleme haben, sich etwas anderes überhaupt vorzustellen.
ich persönlich denke mir, daß sich bei einem wegfall des arbeitszwanges eine
menge leute große probleme hätten. einmal, da sie möglicherweise eine
"erholung" bräuchten, und erst ihre verschüttete kreativität ausgraben
müßten, und zum anderen gibt es heute nicht wenige, die die einfachsten
arbeiten machen, und bei einem wegfall unter dem gefühl "nichts zu tun zu
haben" leiden. sie haben nur ihre erwerbsarbeit - und wenn das nichts anderes
ist als den ganzen tag im gastgewerbe gläser zu polieren. also es ist nicht
bei allen so, daß "sie viel zu tun haben, aber dabei kein geld verdienen",
wie z.b. bei mir, wo ich angefangen von wäsche waschen bis sanitätsdienst
arbeit habe, bis zur übermüdung, aber dafür kein geld bekomme. im großen und
ganzen halte ich das für eine"übergangsphase". also wenn bei mir der ganze
streß mit dem "geld verdienen müssen" plötzlich wegfiele, denke ich, ich
müßte möglicherweise erst einmal ein paar wochen nur schlafen? wahrscheinlich
ist es wie mit jeder gründlichen verbesserung, daß man da einmal eine gewisse
strecke, wo es viel schlimmer ist "durchtauchen" muß. ich sehe das in der
arbeit mit den kindern. wenn sie in eine andere umgebung kommen, dann brechen
erst einmal die ganzen probleme auf, kommen sozusagen in einem freien milieu
an die oberfläche und wollen verarbeitet werden. und da liegt die gefahr, daß
man das eine gewisse zeit durchhalten muß, darauf gewissermaßen vorbereitet
sein muß, damit umzugehen können muß, um nicht das vertrauen in die zu
erwartende verbesserung zu verlieren und den ganzen prozeß abzubrechen, wie
das zb. in schulen oft geschieht, wo von guten ansätzen, dann nur mehr
"reformistische" spuren bleiben, wie zb. daß nicht alle kinder in einer reihe
sitzen müssen (das aufs klo gehen während des sitzkreises - der dann auch
selbstverständlich nur mehr von der lehrerin geleitet und gelenkt, bis hin
zum monolog, wird - ist aber schon wieder verboten). aber ich glaube sowieso
nicht, daß sich so eine gesellschaftsveränderung ohne vorbereitung und viele
kleine schritte, machen lassen wird. so einfach von einem tag auf den
anderen, nur durch die veränderung der herrschaftsverhältnisse. daher schätze
ich ja auch die arbeit, die hier von oekonux geleistet wird.
ciao,
franz
Am Freitag, 26. Januar 2001 18:14 schrieb Stefan Merten:
-----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE-----
Hi Franz!
2 weeks (19 days) ago Franz Maria Tabei wrote:
Am Dienstag, 2. Januar 2001 13:45 schrieb Franz J. Nahrada:
ARBEITSKREIS "LANGFRISTIGE ENTWICKLUNGSFORSCHUNG (ZUKUNFTSFORSCHUNG)"
eine Einrichtung der Österreichischen Statistischen Gesellschaft
Moderatorin: Marta Neunteufel
Einladung zum Vortrag von Erich Ribolits
"Arbeit macht nicht frei!"
**************************************************
am Donnerstag, den 11. Jänner 2001,
um 17.00 Uhr
Bibliothek der Bundesanstalt für Bergbauernfragen
1040 Wien, Möllwaldplatz 5
Kurzinhalt:
Wenn das "Ende der Arbeitsgesellschaft" nicht in einem sozialen Desaster
münden soll und wenn das Weniger-werden der notwendigen Lohnarbeit sich
als Chance für ein erfülltes Leben für alle Gesellschaftsmitglieder
auswirken soll, dann ist es höchste Zeit, das Denkkorsett der
Arbeitsgesellschaft zu verlassen. Jahrhundertelang eingeübte soziale und
emotionale
Verhaltensweisen müssen hinterfragt und tief verschüttete Sehnsüchte
wieder entdeckt werden. Das Nichtstun, die Faulheit und die
Kontemplation müssen wieder Platz in unserem Leben erhalten. Konkret
geht es darum, unsere "nicht
verwertbaren" Bedürfnisse wieder zutage zu befördern - jene menschlichen
Sehnsüchte und Wünsche, die sich nicht in Profit umsetzen lassen und im
Kapitalismus deshalb einer permanenten Erosion ausgesetzt sind. Die
Auffassung, dass der "Sinn des Lebens" in der Arbeit zu suchen sei, gilt
es zu hinterfragen. Kultur setzt Muße voraus, und das heißt "Befreiung
von Arbeit"!
Auch das würde ich heute nicht mehr einfach so stehen lassen. Faulheit
ist genauso die Antithese zur Lohnarbeit wie Verschwendung zu Mangel.
Darum kann es (uns) aber nicht gehen und in der Freien Software ist ja
eine Menge Anstrengung vergegenständlicht.
Befreiung von der Entfremdung scheint mir heute die wichtigere,
fundamentalere Forderung. Hin zur Selbstentfaltung.
Mit Freien Grüßen
Stefan
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Version: 2.6.3i
Charset: noconv
Comment: Processed by Mailcrypt 3.4, an Emacs/PGP interface
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