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Re: [ox] Re: Kooperation 1



Hallo Johannes & Alle!

Johannes Stockmeier
schrieb zu Markt, Chaos und Differenziertheit:

am 17.05.2001 19:28 Uhr schrieb Casimir Purzelbaum unter
casimir.purzelbaum utopix.net:

Hallo Casimir,

Johannes Stockmeier schrieb:
...                      Nun will ich nicht zum
Naturalaustausch innerhalb geschlossener ökonomischer
Kreisläufe zurück, denke aber, daß sich weltweiter Austausch
auch mit einem weniger brachialen Mittel als Geld
organisieren ließe. Nur dieses Chaos, das sich freier Markt
nennt, in dem alles ständig umgeschmissen und neu
organisiert wird, ist auf derartig grobe und rücksichtslose
Abstraktionen angewiesen.

Für mich ist das ein Widerspruch. Einerseits rügst Du den
Markt für sein Chaos und andererseits für die grobe und
rücksichtslose Abstraktion. Ist nicht das Merkmal Chaos
an sich schon ein Ausdruck von Differenziertheit oder so?

Chaos würde ich nicht als Differenziertheit betrachten.
Differenziert ist etwas, an dem man verschiedene Aspekte
erkennt, im Chaos kann man nichts mehr erkennen. 

Hast recht. Einheitsbrei ist nicht differenziert.
Ich hatte wohl eher ein anderes Bild vor Augen:
je abstrakter die Elemente eines Ganzen, desto höher ist 
die /potentielle/ Vielfalt/Differenziertheit desselben.
Z.B. wird mein Bild über die Welt immer differenzierter
je abstrakter ich mir das, woraus sie letztendlich besteht,
vorstelle: aus Gegenständen über Moleküle, Atome und 
Elementarteilchen zu Quarks usw.
Undifferenziert wird die Sache nur, wenn ich die Abstraktion
nicht wieder konkretisieren kann, dann bleibe ich jeweils bei
einem Einheitsbrei bzw. "Chaos" von Molekülen / Atomen / ...

Aber, aus einem Ausgangszustand, der mit fertigen Gegenständen
gefüllt ist, kann sich viel weniger Differenziertheit 
entwickeln als aus einem "Chaos" von Elementarteilchen, gerade
_weil_ letztere abstrakter sind. Die Gegenstände muß ich 
erst in ihre Einzelteile "zerlegen", bevor ich aus ihnen etwas 
neues machen kann. Und je kleiner ich sie zerlegt kriege, d.h.
je abstrakter die (ehem.) Bestandteile, desto vielfältiger
die Möglichkeiten, etwas neues zu schaffen. Und das meinte ich
mit Differenziertheit. 

Und was hat das jetzt mit dem Markt und dem Wert zu tun?

Der Markt ist differenzierter als alle vorangegangenen 
Vermittlungsmechanismen (man bedenke nur die Vielzahl der 
heutigen Existenzweisen im Vergleich zu der doch 
überschaubaren Anzahl von Berufen usw. in vorhergehenden 
Gesellschaftsordnungen).

 <!-- ich glaube langsam, es ist das wort "Differenziertheit",
 welches bei weitem zu undifferenziert ist, um eine sinnvolle 
 Aussage zu ermöglichen :-?  -->

Das Problem, was Du meinst (glaub ich), ist, daß der die
kapitalistische Produktionsweise vermittelst des Marktes alle
alle anderen Produktionsweisen an den Rand drängt bzw. schlicht
zerstört und unmöglich macht. Das ist aber keine Eigenart der
kapitalistischen Produktionsweise und ihres Kerns, der 
Marktbeziehungen. Alternative Produktionsweisen (einschließlich
ihrer Vermittlungsgrundlagen) sind doch zu jeder Zeit 
unterdrückt worden, d.h. in den Grenzen gehalten worden, die
für das herrschende System günstig bzw. unvermeidbar waren.
Man denke nur an die "imperialistischen" Bestrebungen eines
Alexander von Macedonien, Roms, Karthagos, der Hunnen, Tartaren,
"Chinesen", an die Christianisierungskampagnen und Kreuzzüge der
der katholischen Kirche, an die ganzen Kriege weltlicher
Herrscher zurück, welche mitnichten nur Querelen unter "Gleichen"
(so wie sie heute auf dem Markt ausgetragen werden) waren,
sondern ebenso darauf abzielten, andere "Produktionsweisen"
inklusive deren Vermittlungsgrundlagen zu vernichten, zu
usurpieren, der eigenen Reproduktionsweise unterzuordnen (und das
obwohl die territoriale Integration weit weniger vorangeschritten
war!). 

Der christliche Glaube wurde den Menschen nicht differenzierter
aufgezwungen als heute der Markt.
Ich wage sogar zu behaupten, daß das damalige Vorgehen weit
weniger differenziert war als das heutige.

Ansonsten
ist nicht der Markt abstrakt, sondern den Wert. 

OK.

Ohne den
abstrakten Wert kann der Markt gerade wegen seiner
chaotischen Struktur nicht existieren, er ist das einzig
verlässliche Halt in dem Gewühl. Umgekehrt ist es der
abstrakte Wert auch wieder, der dieses Chaos erzeugt und
zwar gerade wegen seiner Abstraktheit. Ungefähr so, wie in
jenem unsterblichen Loriot-Sketch "Das Bild hängt schief",
wo ein auf Ordnung und rechte Winkel versessener Mensch eine
Spur heilloser Verwüstung hinter sich herzieht.


Kenn ich leider nicht! (Gibt's da 'n link oder so?)


[...]
Gruß,
Johannes

Gruß, Casimir!

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