[ox] Wtr: Solidaritaet mit w. braeuner
- From: Horibbeck aol.com
- Date: Thu, 19 Jul 2001 09:28:08 EDT
[1 <text/plain; ISO-8859-1 (quoted-printable)>]
In einer eMail vom 18.07.01 13:12:56 !!!First Boot!!! schreibt
NTrenkle aol.com:
Thema: Fw: solidaritaet mit w. braeuner
From: gpaoli web.de (milaZOUFALL)
Reply-to: gpaoli web.de (milaZOUFALL)
KRIMINELL IST HIER DIE SOZIALE LOGIK !
Am 6. Februar 2001 tötete Werner Braeuner, ein Arbeitsloser aus Verden
(Region Bremen), Klaus Herzberg, den Direktor des örtlichen Arbeitsamtes,
der
ihm die Arbeitslosenhilfe gestrichen hatte, welche seine einzige
Einkommensquelle war. Danach stellte er sich der Polizei.
Wer ist Werner Braeuner ?
Werner ist Ingenieur und seit 8 Jahren arbeitslos. Er trat für eine
Verkürzung der Arbeitszeit ein, für ein existenzsicherndes Einkommen für
alle, sowie für eine Gesellschaft freier Menschen, die nicht durch Arbeit
abgestumpft sind. Oft übersetzte er Schriften aus Frankreich und leitete
diese an deutsche Arbeitsloseninitiativen weiter. In Frankreich selbst war
er
vor allem den Abonnenten des Internetforums der französischen
Arbeitslosenorganisation AC! bekannt. Dort beteiligte er sich mit Humor,
Ironie und Freundlichkeit: Seinen Sinn für Widerstand brachte er in einem
sehr bildreichen Französisch zum Ausdruck.
Um Sympathie bei der regierenden Linken hat er sich nie bemüht : Den
deutschen Grünen warf er ihre Verbindungen zur Öl-Lobby vor, die
Sozialdemokratie kritisierte er wegen ihrer
"Wachstum-Schafft-Arbeitsplätze"-Lüge. Das erklärt auch das Schweigen, das
seinen Fall überall umfängt. Seine Ideen und Vorschläge mochten manchen
als
diskutabel erscheinen, sie wurden eben in der Arbeitslosenbewegung viel
diskutiert. Allerdings regten siel zum Nachdenken an und liessen niemanden
unberührt.
Von Anfang an ging die Presse von einer geplanten Aktion aus. Die lokalen
Blätter und vor allem die Bild-Zeitung freuten sich, jemanden als
Extremisten
und ein Symbol der antikapitalistischen Kampfes darstellen zu können.
Gleich
wurde ihm unterstellt, er habe eine für den selben Tag angesetzte
Pressekonferenz zur Bekanntgabe der neuesten regionalen Arbeitslosenzahl
verhindern wollen. Entsprechend braucht der Staatsanwalt nun nur dem von
der
Presse vorgegebenen Weg zu folgen, wenn er seine Anklage vorträgt !
Etliche Zeugenaussagen gegen Werner sind willkürliche Erfindungen, z.B.
dass
er mit dem Vermieter befreundet gewesen sei, auf dessen Bauernhof er ein
Zimmer mietete. Dieser behauptete, Werner hätte nicht nach Arbeit gesucht,
sondern statt dessen viel Zeit vor dem Computer verbracht - es ist an uns
hinzuzufügen: um mit Gleichgesinnten aus allen Ecken Europas zu
diskutieren.
Dabei hütet sich die Presse davor, ihre Leserschaft über die 76.000
arbeitslosen Ingenieure in Deutschland (deren Mehrheit Werners
Altersgruppe
angehört) zu berichten.. Erklärt wird auch nicht, warum ein Mensch die
ganze
Zeit verzweifelt nach einer Arbeit suchen sollte, die es nicht gibt.
Gründe und Hintergründe
Werner lebte in den letzten Jahren in einer besonders harten Situation,
die
ihn aus dem Gleichgewicht brachte. Geldprobleme, beengte Wohnverhältnisse
und
zunehmende Spannungen mit seiner Lebensgefährtin haben dann die Auflösung
der
Beziehung erzwungen. Einige Monate vor der Geburt der Tochter musste
Werner
sich ein Zimmer im Nachbardorf suchen.
Im Juli 2000 hat er sich um eine Weiterbildung bemüht, die ihm auch
bewilligt
wurde. Nach fünf Monaten, also Ende November, war er von dieser
Weiterbildung
völlig entnervt, da er dort die Hälfte der Zeit nur untätig herumsitzen
musste. Er bricht die Weiterbildung ab. Den Abbruch begründet er mit 2
Schreiben an Klaus Herzberg, die er auch veröffentlicht. Von Herrn
Herzberg
hängt es nun ab, ob er weiter Arbeitslosenunterstützung erhält. Doch Herr
Herzberg hat seine Vorschriften und scheint überzeugt zu sein, dass diese
wohlbegründet sind. Er gibt auf Werners Gründe keine Acht mehr und gibt
ihm
bei einem Zusammentreffen im Arbeitsamt seine Absicht bekannt, ihm das
Geld
zu sperren.
Werner ist psychisch immer weiter abgerutscht, er hat heftige
Rückenschmerzen, sieht sich von den Behörden in die Enge getrieben. Nun
muss
er ab Mitte Januar auch noch mit der Streichung seiner Unterstützung
rechnen.
Anfang Februar kommt der Bescheid über die Sperre. Wie viele Arbeitslose
in
vergleichbaren Situationen, kommen auch ihm Selbstmordgedanken. Doch er
weht
diese ab und geht am Morgen des 6. Februar auf Klaus Herzberg los, auf
jenen
Mann, der in seinem konkreten Leben dieses unmenschliche System
verkörpert.
Unfähig sich zu beherrschen, von dem Gefühl des Unrechts überwältigt,
schlägt
er ihn tot.
Er hat sich gegen einen Mechanismus gestellt, aber einen Menschen
umgebracht.
Noch steht er unter Schock, als er sich der Polizei stellt und später vor
dem
Richter seine Aussage macht. Danach wird er ins Gefängnis gebracht, wo er
2
½
Monate lang mit einem zweiten Gefangenen eine Zelle von 7,5 m2 teilt. Nach
und nach gewahrt er, von Schrecken ergriffen, das Desaster, das er
angerichtet hat : Den Tod eines Menschen, den Schmerz der Familie Herzberg
und der seinen, das Unglück, das über seine Frau und sein Kind
hereinbricht.
Warum muss man ihn verteidigen
Die Geschichte Werners ähnelt der von vielen anderen Langzeitarbeitslosen.
Mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verschlechtern sich die
Lebensbedingungen.
Was zunächst nur Notlage ist, wird häufig zum Dauerzustand, die
persönlichen
Beziehungen gestalten sich schwierig - bis hin zum Bruch. Die Gesellschaft
hat Euch ausrangiert, nun ist es an Euch allein, gegen das Gefühl des
Verfalls und der Nutzlosigkeit anzugehen. Um dieser Situation zu begegnen
hatte sich Werner für politische Aktion und kollektive Reflexion
entschieden,
eine Wahl, die viele Arbeitslose in Frankreich nur allzu gut
nachvollziehen
können. Doch die Regierungen mehrerer europäischer Länder behaupten nun,
dass
die Arbeitslosen an ihrer Lage selber schuld seien. Ein vermeintlicher
"Ausweg" wird durch Maßnahmen erzwungen, die oft noch schlimmer sind, als
die
von den Betroffenen selbst entwickelten Überlebenslösungen, mit denen sie
sich mal besser, mal schlecht, eine minimale Stabilität schaffen konnten.
Die angebotenen Jobs sind zu prekär und schlecht bezahlt, um wenigstens
einigermassen erträglich zu wohnen oder auch nur ein halbwegs normales
Leben
führen zu können. Dazu mehr oder weniger überflüssige, am Ende zu nichts
führende Weiterbildungen, die das Gefühl der Nutz- und Sinnlosigkeit nur
noch
verstärken.
In Frankreich setzt sich diese Logik im Namen des "Kampfes gegen die
Arbeitslosigkeit" durch: Massenhaft wird Arbeitslosen die Unterstützung
gestrichen, dazu Massnahmen wie jetzt das sogenannte PARE (Projekt zur
Hilfe
zur Rückkehr an die Arbeit). Auch in Deutschland fällt der Regierung
nichts
anderes als mehr Kontrolle und Druck für die Arbeitslosen ein, anstatt die
Ursachen zu bekämpfen, wie einst vor der Wahl versprochen wurde.
Unter diesen Umständen und ohne die Perspektive einer Revolte in Form
kollektiver Aktion, ist es so verwunderlich, wenn Einzelnen "durchdrehen"
und
diejenigen direkt angreifen, welche unmittelbar die Vorgaben einer solchen
Politik durchsetzen ? In den USA sind solche Ereignisse mittlerweile so
häufig, dass sie zur sozialen Phänomen werden. Werden sie jetzt Europa
gewinnen, wo die zunehmende soziale Polarisierung verschleiert wird, indem
der Druck auf die Ärmsten so erhöht wird, dass sie bis zur Erschöpfung und
in
die Verzweiflung getrieben werden ?
Die Gewalttätigkeit dieser Tat ist erschreckend, sie ist aber eine direkte
Reaktion auf erlittene Gewalt und Ohnmacht. Werner ist das Thermometer
einer
steigenden Spannung. Leider wird die Justiz womöglich alles tun, um der
sozialen Dimension dieses Falles auszuweichen.
Es liegt an uns zu verdeutlichen, dass Handlungen solcher Art nicht
einfach
wie gewöhnliche Gerichtsfälle zu behandelt sind, an uns zu zeigen, dass
kriminell ist jene soziale Logik, die Menschen wie Werner in die
Verzweiflung
treibt.
Werner hat bereits mit den 8 langen Jahren Arbeitslosigkeit und
Marginalisierung, die seiner Tat vorausgingen, teuer bezahlt. Es wäre um
so
ungerechter, wenn man gegen ihn Rache üben würde, zumal Herr Herzberg
damit
nicht wieder ins Leben zurückgerufen werden kann.
Werners Fall geht uns alle an - Arbeitslose, Beschäftigte, Ausgebeutete
und
alle, die es als Skandal betrachten, wenn Mitglieder einer wohlhabenden
Gesellschaft ins Elend geraten, nur weil sie arbeitslos geworden sind.
Lassen wir Werner nicht fallen !
DIE FREUNDE WERNER BRAUENERS
Erste Unterschriften : AC! Agir ensemble contre le chômage, Heike, Jeanne
Revel, Eric Ducoing, Sylvie Cerclier, Charles de Cock, Dany Rétorré,
Bruno
Morin, Philippe Cahuzac,
Laurent Guilloteau, Stephan Laurent Gatard, Joël Perdriau, Hèlène Dahan,
Frank S.F., Gianni Carrozza, Nicole Thé, François Kergunteuil, Jean
Philippe
Petit, Christophe Souliè, Anne
Pierre Nicolazo, Eric Laffleter, Laurent Berthelot, Remy Querbouet, Lilian
Truchon, Joachim Grimm, Rudolf Stratmann, Mila Zoufall, Guillaume Paoli
Aus dem Französischen übersetzt, 10. Juni 2001
Sie können :
- Ihre solidarische Unterschrift überreichen: wbrauener.support free.fr
- Werner Brauener an folgende Anschrift schreiben:
JVA Verden, Stifthofstr.10, 27283 Verden
- ihn finanziell unterstützen : Sparkasse Achim, BLZ 29152670 Konto Nr
100680
mit dem Vermerk "Zweck Werner Brauener"
- Ihre Unterstützung ausdrücken und an seinen Rechtsanwalt schreiben:
Michael Brennecke, Obernstr. 63, 28832 Achim
[2 <message/rfc822>]
[2.1 Solidaritaet mit w. braeuner <text/plain; ISO-8859-1 (quoted-printable)>]
Mailing-List: contact list-help krisis.free.de; run by ezmlm
X-No-Archive: yes
Delivered-To: mailing list list krisis.free.de
From: NTrenkle aol.com
Date: Wed, 18 Jul 2001 08:52:44 EDT
Subject: Solidaritaet mit w. braeuner
To: list krisis.free.de
X-Mailer: AOL 4.0.i for Windows 95 sub 71
Thema: Fw: solidaritaet mit w. braeuner
From: gpaoli web.de (milaZOUFALL)
Reply-to: gpaoli web.de (milaZOUFALL)
KRIMINELL IST HIER DIE SOZIALE LOGIK !
Am 6. Februar 2001 tötete Werner Braeuner, ein Arbeitsloser aus Verden
(Region Bremen), Klaus Herzberg, den Direktor des örtlichen Arbeitsamtes, der
ihm die Arbeitslosenhilfe gestrichen hatte, welche seine einzige
Einkommensquelle war. Danach stellte er sich der Polizei.
Wer ist Werner Braeuner ?
Werner ist Ingenieur und seit 8 Jahren arbeitslos. Er trat für eine
Verkürzung der Arbeitszeit ein, für ein existenzsicherndes Einkommen für
alle, sowie für eine Gesellschaft freier Menschen, die nicht durch Arbeit
abgestumpft sind. Oft übersetzte er Schriften aus Frankreich und leitete
diese an deutsche Arbeitsloseninitiativen weiter. In Frankreich selbst war er
vor allem den Abonnenten des Internetforums der französischen
Arbeitslosenorganisation AC! bekannt. Dort beteiligte er sich mit Humor,
Ironie und Freundlichkeit: Seinen Sinn für Widerstand brachte er in einem
sehr bildreichen Französisch zum Ausdruck.
Um Sympathie bei der regierenden Linken hat er sich nie bemüht : Den
deutschen Grünen warf er ihre Verbindungen zur Öl-Lobby vor, die
Sozialdemokratie kritisierte er wegen ihrer
"Wachstum-Schafft-Arbeitsplätze"-Lüge. Das erklärt auch das Schweigen, das
seinen Fall überall umfängt. Seine Ideen und Vorschläge mochten manchen als
diskutabel erscheinen, sie wurden eben in der Arbeitslosenbewegung viel
diskutiert. Allerdings regten siel zum Nachdenken an und liessen niemanden
unberührt.
Von Anfang an ging die Presse von einer geplanten Aktion aus. Die lokalen
Blätter und vor allem die Bild-Zeitung freuten sich, jemanden als Extremisten
und ein Symbol der antikapitalistischen Kampfes darstellen zu können. Gleich
wurde ihm unterstellt, er habe eine für den selben Tag angesetzte
Pressekonferenz zur Bekanntgabe der neuesten regionalen Arbeitslosenzahl
verhindern wollen. Entsprechend braucht der Staatsanwalt nun nur dem von der
Presse vorgegebenen Weg zu folgen, wenn er seine Anklage vorträgt !
Etliche Zeugenaussagen gegen Werner sind willkürliche Erfindungen, z.B. dass
er mit dem Vermieter befreundet gewesen sei, auf dessen Bauernhof er ein
Zimmer mietete. Dieser behauptete, Werner hätte nicht nach Arbeit gesucht,
sondern statt dessen viel Zeit vor dem Computer verbracht - es ist an uns
hinzuzufügen: um mit Gleichgesinnten aus allen Ecken Europas zu diskutieren.
Dabei hütet sich die Presse davor, ihre Leserschaft über die 76.000
arbeitslosen Ingenieure in Deutschland (deren Mehrheit Werners Altersgruppe
angehört) zu berichten.. Erklärt wird auch nicht, warum ein Mensch die ganze
Zeit verzweifelt nach einer Arbeit suchen sollte, die es nicht gibt.
Gründe und Hintergründe
Werner lebte in den letzten Jahren in einer besonders harten Situation, die
ihn aus dem Gleichgewicht brachte. Geldprobleme, beengte Wohnverhältnisse und
zunehmende Spannungen mit seiner Lebensgefährtin haben dann die Auflösung der
Beziehung erzwungen. Einige Monate vor der Geburt der Tochter musste Werner
sich ein Zimmer im Nachbardorf suchen.
Im Juli 2000 hat er sich um eine Weiterbildung bemüht, die ihm auch bewilligt
wurde. Nach fünf Monaten, also Ende November, war er von dieser Weiterbildung
völlig entnervt, da er dort die Hälfte der Zeit nur untätig herumsitzen
musste. Er bricht die Weiterbildung ab. Den Abbruch begründet er mit 2
Schreiben an Klaus Herzberg, die er auch veröffentlicht. Von Herrn Herzberg
hängt es nun ab, ob er weiter Arbeitslosenunterstützung erhält. Doch Herr
Herzberg hat seine Vorschriften und scheint überzeugt zu sein, dass diese
wohlbegründet sind. Er gibt auf Werners Gründe keine Acht mehr und gibt ihm
bei einem Zusammentreffen im Arbeitsamt seine Absicht bekannt, ihm das Geld
zu sperren.
Werner ist psychisch immer weiter abgerutscht, er hat heftige
Rückenschmerzen, sieht sich von den Behörden in die Enge getrieben. Nun muss
er ab Mitte Januar auch noch mit der Streichung seiner Unterstützung rechnen.
Anfang Februar kommt der Bescheid über die Sperre. Wie viele Arbeitslose in
vergleichbaren Situationen, kommen auch ihm Selbstmordgedanken. Doch er weht
diese ab und geht am Morgen des 6. Februar auf Klaus Herzberg los, auf jenen
Mann, der in seinem konkreten Leben dieses unmenschliche System verkörpert.
Unfähig sich zu beherrschen, von dem Gefühl des Unrechts überwältigt, schlägt
er ihn tot.
Er hat sich gegen einen Mechanismus gestellt, aber einen Menschen umgebracht.
Noch steht er unter Schock, als er sich der Polizei stellt und später vor dem
Richter seine Aussage macht. Danach wird er ins Gefängnis gebracht, wo er 2 ½
Monate lang mit einem zweiten Gefangenen eine Zelle von 7,5 m2 teilt. Nach
und nach gewahrt er, von Schrecken ergriffen, das Desaster, das er
angerichtet hat : Den Tod eines Menschen, den Schmerz der Familie Herzberg
und der seinen, das Unglück, das über seine Frau und sein Kind hereinbricht.
Warum muss man ihn verteidigen
Die Geschichte Werners ähnelt der von vielen anderen Langzeitarbeitslosen.
Mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verschlechtern sich die Lebensbedingungen.
Was zunächst nur Notlage ist, wird häufig zum Dauerzustand, die persönlichen
Beziehungen gestalten sich schwierig - bis hin zum Bruch. Die Gesellschaft
hat Euch ausrangiert, nun ist es an Euch allein, gegen das Gefühl des
Verfalls und der Nutzlosigkeit anzugehen. Um dieser Situation zu begegnen
hatte sich Werner für politische Aktion und kollektive Reflexion entschieden,
eine Wahl, die viele Arbeitslose in Frankreich nur allzu gut nachvollziehen
können. Doch die Regierungen mehrerer europäischer Länder behaupten nun, dass
die Arbeitslosen an ihrer Lage selber schuld seien. Ein vermeintlicher
"Ausweg" wird durch Maßnahmen erzwungen, die oft noch schlimmer sind, als die
von den Betroffenen selbst entwickelten Überlebenslösungen, mit denen sie
sich mal besser, mal schlecht, eine minimale Stabilität schaffen konnten.
Die angebotenen Jobs sind zu prekär und schlecht bezahlt, um wenigstens
einigermassen erträglich zu wohnen oder auch nur ein halbwegs normales Leben
führen zu können. Dazu mehr oder weniger überflüssige, am Ende zu nichts
führende Weiterbildungen, die das Gefühl der Nutz- und Sinnlosigkeit nur noch
verstärken.
In Frankreich setzt sich diese Logik im Namen des "Kampfes gegen die
Arbeitslosigkeit" durch: Massenhaft wird Arbeitslosen die Unterstützung
gestrichen, dazu Massnahmen wie jetzt das sogenannte PARE (Projekt zur Hilfe
zur Rückkehr an die Arbeit). Auch in Deutschland fällt der Regierung nichts
anderes als mehr Kontrolle und Druck für die Arbeitslosen ein, anstatt die
Ursachen zu bekämpfen, wie einst vor der Wahl versprochen wurde.
Unter diesen Umständen und ohne die Perspektive einer Revolte in Form
kollektiver Aktion, ist es so verwunderlich, wenn Einzelnen "durchdrehen" und
diejenigen direkt angreifen, welche unmittelbar die Vorgaben einer solchen
Politik durchsetzen ? In den USA sind solche Ereignisse mittlerweile so
häufig, dass sie zur sozialen Phänomen werden. Werden sie jetzt Europa
gewinnen, wo die zunehmende soziale Polarisierung verschleiert wird, indem
der Druck auf die Ärmsten so erhöht wird, dass sie bis zur Erschöpfung und in
die Verzweiflung getrieben werden ?
Die Gewalttätigkeit dieser Tat ist erschreckend, sie ist aber eine direkte
Reaktion auf erlittene Gewalt und Ohnmacht. Werner ist das Thermometer einer
steigenden Spannung. Leider wird die Justiz womöglich alles tun, um der
sozialen Dimension dieses Falles auszuweichen.
Es liegt an uns zu verdeutlichen, dass Handlungen solcher Art nicht einfach
wie gewöhnliche Gerichtsfälle zu behandelt sind, an uns zu zeigen, dass
kriminell ist jene soziale Logik, die Menschen wie Werner in die Verzweiflung
treibt.
Werner hat bereits mit den 8 langen Jahren Arbeitslosigkeit und
Marginalisierung, die seiner Tat vorausgingen, teuer bezahlt. Es wäre um so
ungerechter, wenn man gegen ihn Rache üben würde, zumal Herr Herzberg damit
nicht wieder ins Leben zurückgerufen werden kann.
Werners Fall geht uns alle an - Arbeitslose, Beschäftigte, Ausgebeutete und
alle, die es als Skandal betrachten, wenn Mitglieder einer wohlhabenden
Gesellschaft ins Elend geraten, nur weil sie arbeitslos geworden sind.
Lassen wir Werner nicht fallen !
DIE FREUNDE WERNER BRAUENERS
Erste Unterschriften : AC! Agir ensemble contre le chômage, Heike, Jeanne
Revel, Eric Ducoing, Sylvie Cerclier, Charles de Cock, Dany Rétorré, Bruno
Morin, Philippe Cahuzac,
Laurent Guilloteau, Stephan Laurent Gatard, Joël Perdriau, Hèlène Dahan,
Frank S.F., Gianni Carrozza, Nicole Thé, François Kergunteuil, Jean Philippe
Petit, Christophe Souliè, Anne
Pierre Nicolazo, Eric Laffleter, Laurent Berthelot, Remy Querbouet, Lilian
Truchon, Joachim Grimm, Rudolf Stratmann, Mila Zoufall, Guillaume Paoli
Aus dem Französischen übersetzt, 10. Juni 2001
Sie können :
- Ihre solidarische Unterschrift überreichen: wbrauener.support free.fr
- Werner Brauener an folgende Anschrift schreiben:
JVA Verden, Stifthofstr.10, 27283 Verden
- ihn finanziell unterstützen : Sparkasse Achim, BLZ 29152670 Konto Nr 100680
mit dem Vermerk "Zweck Werner Brauener"
- Ihre Unterstützung ausdrücken und an seinen Rechtsanwalt schreiben:
Michael Brennecke, Obernstr. 63, 28832 Achim
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