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[ox] BGH/10 öffnet Weg für direkte Patentierbarkeit von Information



---------- Forwarded message ----------
Date: Mon, 3 Dec 2001 13:11:02 [PHONE NUMBER REMOVED] (CET)
From: PILCH Hartmut <phm a2e.de>
To: Kiani&Springorum <Kiani&Springorum kianispringorum.de>
Cc: swpat ffii.org
Subject: Re: BGH 17.10.01; X ZB 16/00

Vielen Dank für die Nachricht.  Den Überbringer trifft keine Schuld.
Aber meine kürzlichen Worte zum Aufstieg von Melullis waren wohl
blauäugig.  Er zeigte sich zwar in der Öffentlichkeit nachdenklich und
beteuerte, dass unsere Sorgen berechtigt seien, war aber nicht wirklich
für Diskussionen über patentrechtliche Doktrinen zugänglich.  Er zeigte
wenig Bereitschaft, sich in fremde Sichtweisen hineinzudenken.

Die meisten Leser werden den verschnörkelten BGH-Tenor nicht verstehen.
Es hat sich im Vergleich zu "Sprachanalyse" und "Logikverifikation" nichts
gebessert.  Damals meinte Melullis, ein Patentanmelder dürfe "nicht dafür
bestraft werden, dass er den Fortschritt der Technik auf anderem Wege als
durch den unmittelbaren Einsatz von Naturkräften voranzubrigen sucht".
Dies fand in die Sammlung kabarettreifer Swpat-Apologetik

	Moses, die 10 Patentierungsverbote und der "Diebstahl mit einem
	weiteren rechtschaffenen Effekt"
	http://swpat.ffii.org/stidi/epc52/moses/

Eingang.

Nun sattelt Melullis offenbar noch kräftig drauf:

a) Das Patentierungsverbot für Computerprogramme als solche verbietet,
jedwede in computergerechte Anweisungen gekleidete Lehre als
patentierbar zu erachten, wenn sie nur - irgendwie - über die
Bereitstellung der Mittel hinausgeht, welche die Nutzung als Programm
für Datenverarbeitungsanlagen erlauben. Die prägenden Anweisungen der
beanspruchten Lehre müssen vielmehr insoweit der Lösung eines
konkreten technischen Problems dienen.

D.h. Organisations- und Rechenregeln sind grundsätzlich patentierbar, sie
müssen aber in die Sprache von Patentansprüchen eingekleidet werden.

b) Eine vom Patentierungsverbot erfaßte Lehre (Computerprogramm als
solches) wird nicht schon dadurch patentierbar, daß sie in einer auf
einem herkömmlichen Datenträger gespeicherten Form zum Patentschutz
angemeldet wird.

Was hier verneint wird, hatte nie jemand behauptet.

Was bejaht der BGH/10 aber nun wohl?  Das ist nur indirekt zu erraten.
Offenbar folgendes:  eine nicht patentierbare Lehre wird schon dadurch
patentierbar, dass sie in die Sprache von Patentansprüchen eingekleidet
wird.

Suche fehlerhafter Zeichenketten PatG 1981 § 1 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3;
BGH, Beschl. v. 17. Oktober 2001 - X ZB 16/00 -Bundespatentgericht

	http://swpat.ffii.org/vreji/papri/bpatg17w6998/

Ein wohltuend klar argumentierter, unverschnörkelter Beschluss des BPatG,
welcher die Grenze zwischen Information und technischem Prozess aufrecht
erhielt, wurde offenbar durch schnörkeliges Gefasel, wie man es seit ein
paar Jahren von BGH/10 kennt, außer Kraft gesetzt.  Damit wurde die letzte
Schranke, die auch Freunde eines lockeren Technikbegriffes unter den
Patentprüfern des DPMA bisher für unerlässlich hielten, beseitigt und der
Verletzung von Art 5 GG, dem Zugriff der Patentmonopole auf den Bereich
des schriftlichen Wortes alle Türen geöffnet.  Von nun an ist es möglich,
dass man durch Zitieren einer Patentschrift das betreffende Patent
verletzen kann.

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter XXXXXX und die Richter XXXXXXX, XXXXX, XXXXXX und XXXXXXX am
17. Oktober 2001 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin
wird der Beschluß des 17. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des
Bundespatentgerichts vom 28. Juli 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur
anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
Rechtsbeschwerde, an das Bundespatentgericht zurückverwiesen. Der Wert
des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf XXXXXXXX DM
festgesetzt.

Vielleicht erheltt das den FAZ Artikel vom 01.12.01.

Ja, danke.

-- 
Hartmut Pilch                                      http://phm.ffii.org/
Schutz der Innovation vor der Patentinflation:   http://swpat.ffii.org/
95000 Stimmen gegen Logikpatente:            http://www.noepatents.org/



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