[ox] TELEPOLIS: Napster vor dem Aus
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- Date: Wed, 15 May 2002 13:41:20 +0200
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Napster vor dem Aus
Janko Röttgers 15.05.2002
CEO tritt zurück, Gründer verlässt die Firma, Belegschaft wird
entlassen
Napsters CEO Konrad Hilbers hat gestern seinen Rücktritt erklärt.
Shawn Fanning, der als Gründer der Tauschbörse berühmt wurde, hat
ebenfalls seinen Rückzug angekündigt. Den Angestellten wurde eine
Abfindung in Aussicht gestellt. Napster wird offenbar in den nächsten
Tagen Bankrott anmelden.
Der ehemalige Bertelsmann-Manager Konrad Hilbers hat gestern
überraschend seinen Rücktritt erklärt und damit [1]Napsters abruptes
Ende besiegelt. Nur wenig später soll den Angestellten das Angebot
gemacht worden sein, eine Abfindung zu kassieren und die Firma zu
verlassen. Alternativ könne jeder auch unbezahlten Urlaub nehmen und
darauf hoffen, dass in der nächsten Woche ein finanzieller Retter
gefunden werde. Doch darauf wollte offenbar niemand mehr vertrauen. Wie
Wired Online [2]berichtet, sollen die meisten der verbleibenden 70
Napster-Angestellten die Abfindung akzeptiert haben.
Grund für das Ende ist die unsichere finanzielle Zukunft der
Tauschbörse. Die Firma hat zwar zu ihren Höchstzeiten mehr als 80
Millionen registrierte Nutzer gehabt, aber nie Einnahmen aufweisen
können. Seit einer gerichtlich erzwungenen Abschaltung im Juli letzten
Jahres ruhte auch der Tauschbetrieb. Im März diesen Jahres hatte
Napster bereits 30 Angestellte entlassen müssen. Eine Übernahme durch
Bertelsmann war offenbar in den letzten Wochen am Widerstand John
Fannings, des Onkels des Napster-Gründers Shawn Fanning, gescheitert.
Shawn Fanning: Ende war absehbar
Shawn Fanning hatte 1999 im Alter von 19 Jahren die Software der
Tauschbörse programmiert. Als wenig später Millionen von Netznutzern
Napster für sich entdeckten, wurde Fanning zum Gesicht der Peer to
Peer-Revolution. Doch spätestens seit Napsters Pakt mit Bertelsmann
(Vgl. [3]Middelhoffs Napster-Coup) im Oktober 2000 zeigte sich Fanning
immer seltener in der Öffentlichkeit und hielt sich mit Stellungnahmen
zu Napsters Zukunft zurück. Gestern wurde er nun mit den Worten
zitiert, er habe sich seit der ersten Klage gegen Napster darauf
eingestellt, dass die Tauschbörse nicht überleben könne.
Nach außen gab sich die Firma jedoch bis zuletzt optimistisch, in
absehbarer Zeit mit einem legalen und kostenpflichtigen Angebot noch
einmal von vorn anfangen zu können. Die dazu nötige Technik war bereits
im Sommer letzten Jahres praktisch einsatzbereit. Auch der im Januar
gestartete [4]Beta-Test soll - zumindest aus technischer Perspektive -
ein voller Erfolg gewesen sein. Was jedoch fehlte, waren die Lizenzen
der großen Plattenfirmen. Napster-CEO Konrad Hilbers hatte immer wieder
vergeblich versucht, deren Kataloge für die Tauschbörse zu lizenzieren.
Ende der Antitrust-Ermittlungen gegen die Musikindustrie?
Dabei setzte er auch auf ungewöhnliche Mittel: So wurde der Unwillen
der Labels, ihre Musik an Napster zu lizenzieren, in den letzten
Monaten Gegenstand des immer noch laufenden Prozesses der
Musikindustrie gegen die Tauschbörse. Hilbers wollte die Plattenfirmen
so durch Antitrust-Vorwürfe unter Druck setzen. Ende Februar bekam er
dabei Unterstützung von der US-Richterin Marilyn Hall Patel. Patel
verfügte eine Untersuchung der von der Musikindustrie gegründeten
Online-Anbieter [5]Musicnet und [6]Pressplay auf einen möglichen
Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung.
Doch nach den gestrigen Entwicklungen wird der Prozess gegen Napster
nun wahrscheinlich bald eingestellt - und damit auch die für die
Plattenfirmen so unangenehmen Antitrust-Untersuchungen. Napster wird
offenbar in den nächsten Tagen Bankrott anmelden. In diesem Fall wird
damit gerechnet, dass die meisten Eigentumswerte der Firma in den
Besitz von Bertelsmann übergehen. Der Medienkonzern hat mehr als 80
Millionen Dollar in Napster investiert.
Links
[1] http://www.napster.com
[2] http://www.wired.com/news/business/0,1367,52532,00.html
[3] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/musik/3583/1.html
[4] http://client.napster.com
[5] http://www.musicnet.com
[6] http://www.pressplay.com
Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/musik/12541/1.html
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