Re: [ox] TCPA/Palladium
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Fri, 6 Dec 2002 03:39:23 +0100
On Wednesday 04 December 2002 13:31, tian075 gmx.net wrote:
Thomes Uwe Gruettmueller möchte einen universell
programmierbaren PC erhalten.
So, wie es ihn jetzt noch gibt.
Dies bedeutet jedoch, dass
dieser PC immer auch von "Audio-, Video, Softwarepiraten" und
"Crackern" in ihrem Sinne programmierbar ist.
Nicht unbedingt. Daß man CDs und DVDs so einfach rippen kann,
liegt daran, daß es Laufwerke gibt, die man in den PC einbauen
kann, mit denen diese Medien auslesbar werden.
Ich könnte mir Medien und Geräte vorstellen, die einen
Kopierschutz implementieren, indem gare nicht erst Daten durch
den PC geschaufelt werden. Dann wären "Raubkopien" nur noch
möglich als Scans von 35mm-Kinofilmen oder als unprofessionell
vom Bildschirm abgefilmter, bzw. per Mikrofonen abgelauschter
Kram.
Die Sache hätte nur zwei Nachteile für die Content-Industrie:
* Sie müßte sich innerhalb sehr kurzer Zeit von CD und DVD
verabschieden und alle Leute "überreden", sich die neuen
Geräte anzuschaffen. (Das ist vielleicht nich ganz einfach:
CDs gingen mir z.B. lange am Arsch vorbei und DVDs tun es
noch heute.)
* Mit dem Vorgehen lassen sich nur zukünftige Werke "schützen"
(und die Qualität nimmt momentan nicht gerade zu).
Und genau dies
ist die Unterhaltungsindustrie nicht mehr bereit hinzunehmen.
Demnach ist es immer weniger möglich, sich in eine kuschelige
Ecke zurückzuziehen und ansonsten das Feld der
Unterhaltungsindustrie zu überlassen. Ich denke, dass die
Suche nach neuen Prozessortypen letztendlich in die Irre
führt, denn selbst im Erfolgsfall werden einfach Gesetze wie
der CBDTPA verabschiedet, die ihren Einsatz verbieten.
Der Gesetzesentwurf ist blödsinnig. Darin ist nämlich z.B. keine
Ausnahmeregelung für die Content-Macher vorgesehen. D.h. die
können dann ihre eigenen Werke nicht kopieren.
Insofern wird man um eine Konfrontation mit den Interessen der
Unterhaltungsindustrie kaum herumkommen. Hierfür wäre es
jedoch sinnvoll, sich möglichst Gedanken über ein
Alternativmodell zu machen und nach Verbündeten zu suchen.
Dies könnten z.B. die P2P-User, aber auch
globalisierungkritische Gruppen wie attac sein.
Als Alternartivmodell schlage ich vor, dass die kulturelle
Produktion in zukunft genauso wie die sozialen
Sicherungssysteme (noch) durch Steuern und Pausachalabgaben,
nicht aber durch Einzelabrechnung finanziert werden.
Pauschalabgaben sind IMHO problematisch aus zwei Gründen:
* Sie sind im Prinzip steuer-ähnlich, nur landen sie nicht im
Staatshaushalt, sondern bei privaten Organisationen, wie der
GEMA. Dies ist in einer Demokratie fragwürdig.
* Wenn der Staat irgendetwas besteuert, z.B. Alkohol, Tabak,
Benzin, Fenster etc., dann sind das gewöhnlich Dinge, die als
verwerflich gelten, und die Steuer dient als Anreiz, weniger
vom Besteuerten zu konsumieren. Eine Steuer (oder sonstige
Abgabe) auf Computerhardware erscheint mir daher
fortschrittshemmend.
Die Finanzierung aus dem allgemeinen Steuersack scheitert BTW an
der... -> http://www.staatsverschuldung.de
Ich finde es übrigens wichtig, wenn von einer Finanzierung durch
allgemeine Abgaben die Rede ist, ob damit Projekte unterstützt
werden, die gerade etwas künstlerisches am Schaffen sind oder ob
dadurch etwas bereits existierendes bezahlt wird (z.B. in Form
von Tantiemen). Letzteres finde ich problematisch, da es
* eine Verpflichtung darstellt, die sich zukünftiger
demokratischer Kontrolle entzieht (ähnlich der
Staatsverschuldung) und
* nicht als Anreiz für zukünftige Werke dient.
Das staatliche Bezuschussen gerade aktiver Projekte finde ich
grundsätzlich eine gute Idee, allerdings ist dabei auch die
Gefahr der Willkür oder sinnlosen Verschwendung vorprogrammiert.
Dies ist
meiner Meinung nach die einzige Möglichkeit, wie man der
Tyrannei des TCPA entkommen kann. Dieser Vorschlag wirft
allerdings eine ungelöster Probleme auf. Allerdings wird das
Argument, man müsse für etwas bezahlen, wofür man nicht sofort
eine Gegenleistung bekommt, auch dafür genutzt, die sozialen
Sicherungssysteme zu zerschlagen, die ja auf ähnliche Weise
finanziert werden.
Guter Punkt.
Ich sehe einen wesentlichen Unterschied darin, daß die sozialen
Sicherungssysteme einen ethischen Anspruch haben, nämlich dafür
zu sorgen, daß hier möglichst niemand aus der Mülltonne essen
oder unter der Brücke schlafen muß. Dabei sind vermutlich auch
arbeitslose Künstler mit im System integriert, so daß es bei den
besprochenen Pauschalabgaben gerde nicht um das
Nicht-hungern-müssen der Künstler geht.
Daß es auch zukünftig Kinofilme und Konservenmusik geben soll,
halte ich nicht für einen nicht-hinterfragbaren, ethischen
Anspruch. D.h. für manche Leute sind diese Sachen Dinge, die das
Leben schöner machen, so wie es Briefmarken für einen Sammler
sind; für andere sind sie hingegen möglicherweise so überflüssig
wie der Steinkohlebergbau. Daß Kinofilme und Konservenmusik
überlebenswichtig seien, sozusagen ein Menschenrecht, also ein
unbedingt aufrechtzuerhaltender Wirtschaftszweig, versucht uns
hingegen bloß die Content-Industrie weiszumachen. Dabei
argumentiert sie nicht einmal, daß Deutschland im Falle eines
dritten Weltkrieges daraus Stahl herstellen könne. ;o)
(BTW: (OT) Momentan wird das soziale Sicherungssystem aus einem
ganz anderen Grund zerschlagen, nämlich, da der Staat meint,
sich jährlich in der Höhe seiner Militärausgaben¹ neuverschulden
zu müssen und nicht mehr weiß, woher mit dem ganzen Geld. Statt
der sozialen Sicherung könnte man aber IMHO auch das Militär
abschaffen; diese Fehlinvestition wird sich eh nie auszahlen,
denn wie seit der Spiegel-Affäre bekannt ist, ist es eh nicht in
der Lage, mal so richtig loszuplündern. ;oþ )
Der Musikgeschmack ist natürlich individuell unterschiedlich
und man sollte nicht den eigenen Geschmack zum Masstab für
andere machen.
Vieles von dem, was heute gekauft und gehört wird, hat nichts
mit Musikgeschmack zu tun. Z.B. wird manche Musik gehört, weil
die Leute den Interpreten süß finden; das ist bei Aaaron Carther
nicht anders als bei Stefanie Hertel. Die dazugehörige Musik
klingt hingegen ziemlich einfallslos.
Anderes Beispiel: Im September 1995 habe ich vom Radio ein Lied
auf Kassette aufgenommen, das mir gut gefallen hat (Das kommt
seit Mitte der 80er nur noch selten vor). Es war das Stück
"Macarena" (keine Ahnung von welcher Band), und alle, denen ich
das Lied vorgespielt habe, meinten dazu: "Bäh, igitt, was ist
das denn für Musik?" Als einige Monate später (im Frühjahr d.J.
1996) der (übrigens schlecht gemachte) Videoclip dazu herauskam,
fanden das Lied plötzlich alle geil. Da wird sich ja wohl kaum
so schnell der Geschmack geändert haben. Vermutlich lag das nur
an dem Tanz, der in dem Video vorgestellt wurde...
Wenn sich jedoch P2P durchsetzen würde, wird
dies den Superstars massiv schaden und langfristig zu einer
diversifizierung des musikalischen Schaffens führen.
Was meinst du mit "durchsetzen"? Das erinnert mich an den
Spruch: "Linux wird sich nicht durchsetzen"... Die
Verbreitungsart "Peer-to-Peer" existiert und wird genutzt. Was
willst du mehr?
Auch
würde die freie Software von einem solchen Voschlag viel mehr
profitieren als MS, die ein solches System in keinster Weise
akzeptieren würde.
Freie Software wird doch bereits P2P verbreitet...
cu,
Thomas
}:o{#
¹)
http://www.bundesfinanzministerium.de/wwwroot-BMF/BMF-.336.15030/.htm
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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de