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[ox] heise online: Forscher warnen vor Einschraenkung der Nutzerrechte durch Copyright-Novelle



Diese Meldung aus dem heise online-Newsticker wurde Ihnen
von "Benni <benni obda.de>" gesandt.
Wir weisen darauf hin, dass die Absenderangabe nicht verifiziert
ist. Sollten Sie Zweifel an der Authentizität des Absenders haben,
ignorieren Sie diese E-Mail bitte.
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Forscher warnen vor Einschränkung der Nutzerrechte durch Copyright-Novelle



 Auch Vertreter der Open-Source-Gemeinde und der Bibliotheks- und
Hochschullandschaft haben nun noch einmal in den andauernden Streit[1] um
die Urheberrechtsnovelle eingegriffen. In zwei getrennten Stellungnahmen
warnen die Deutsche Initiative für Netzwerkinformation (DINI[2]) sowie das
Institut für Rechtsfragen der Freien und Open-Source-Software (ifross[3])
Bundesregierung und Parlament davor, dass der momentan diskutierte
Gesetzesentwurf die Nutzer weit gehend von der Informationsversorgung
abschneiden sowie Lehre und Forschung behindern könnte. Die neuen
Regelungen würden Rechteinhaber und -verwerter in ihrem Bestreben
unterstützen, die digitalen Technologien zur Durchsetzung und Maximierung
ihrer rein ökonomischen Interessen auszunutzen -- zu Lasten der
grundgesetzlich garantierten Rechte der Allgemeinheit.	    

 Die beiden Organisationen stehen damit im völligen Gegensatz zu der frisch
zusammengefundenen "Ad-hoc-Allianz" der industriellen Lobbyverbände von
BITKOM bis VDZ, deren Mitglieder sich durch die so genannte
Wissenschaftsschranke des Gesetzesentwurf "enteignet" sehen[4]. Stein des
Anstoßes ist auf beiden Seiten unter anderem der neu gefasste Paragraf 52a,
demzufolge zukünftig Bildungs- und Forschungseinrichtungen "kleine Teile
eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen
oder Zeitschriften" auch online zur Verfügung stellen dürften.
Interessanterweise droht mit dieser Klausel für beide Seiten der Untergang
des Abendlandes. Doch während den Verwertern die Rechte der Unterrichtenden
und ihrer Schüler zu weit gehen, sprechen DINI und ifross von einer
unangemessen Verengung der Schranke. Ihnen zufolge sollten veröffentlichte
Werke ganz oder teilweise öffentlich zugänglich gemacht werden, soweit dies
zweckmäßig sei. Andernfalls unterlaufe die Regierung ihre eigenen Ziele,
die neuen Medien stärker in Bildung und Forschung einzubeziehen.

 Gerade die von der Filmwirtschaft geäußerten Bedenken, dass ganze
Spielfilme womöglich noch vor dem Kinostart bald auf Schulservern zum
Download bereit stehen würden, hält ifross dagegen für vollkommen
überzogen. "Die Schranke bildet bei ihrer jetzigen Formulierung kein
Einfallstor für exzessive Nutzungen außerhalb des angestrebten Rahmens",
heißt es in der Stellungnahme[5] des Instituts. "Hierfür garantiert die
Beschränkung der Privilegierung auf den jeweils gebotenen Zweck."
Abzulehnen sei damit die Erwägung der Bundesregierung, Filmwerke aus dem
Anwendungsbereich der Vorschrift ganz auszunehmen.

 Position bezieht ifross auch gegen die Forderung der Medien- und
IT-Branche, verstärkt auf individuelle Lizenzen mithilfe von Techniken zum
Digital Rights Management (DRM) zu setzen und Vergütungspauschalen damit
unnötig zu machen. Die von den Verwertungsgesellschaften eingezogenen
Pauschalgebühren auf Geräte und Leermedien stellen nach Ansicht der
Institutsleiter, die mit ihrem Papier eine Vermittlungsposition zwischen
den Lobbygruppen aufweisen wollen, "eine wesentliche Einnahmequelle von
Kreativen dar". Die Alternative, um etwa auch Kopien im privaten Bereich zu
verhindern, wäre nach wie vor nur "eine umfassende und flächendeckende
Kontrolle und Nutzungshandlungen". Das sei aber verfassungsrechtlich nicht
zulässig.

 Selbst wenn DRM-Techniken funktionieren und entsprechende
Kontrollinfrastrukturen bereits aufgebaut wären, existiert laut ifross
ferner noch "kein Standard oder allseits verfügbares, wirksames
Schutzsystem, von dem etwa auch die Urheber bei der Selbstverwertung oder
die Kleinverwerter profitieren könnten". Einen Nutzen zögen aus technischen
Schutzmaßnahmen momentan nur finanzstarke Verwerter, die hohe
Produktionskosten tragen oder sich die Lizenzgebühren für die von Dritten
entwickelten Schutzsysteme leisten könnten. Der gesamte Bereich der
mittelständischen und Kleinverwerter würde dagegen bei einer Abkehr vom
bestehenden System vergütungstechnisch bei der wirtschaftlich immer
wichtiger werdenden Privatnutzung in die Röhre schauen.

 Insgesamt kritisieren DINI und ifross, dass die Verwertungsschranken im
Urheberrecht immer weiter zurückgedrängt und so die Monopolstellungen der
Inhalteindustrie erweitert werden. Anders als häufig die Lobby der
Rechteinhaber zu vermitteln suche, geht es bei der Forderung nach
angemessenen Regelungen etwa im Bereich der digitalen Privatkopie nicht
etwa darum, dem Nutzer auf Kosten der Urheber eine Art Gratisparadies
Internet zu bieten. Der Fokus der Forderungen liege vielmehr darauf, den
zunächst umfassend ausgestalteten Verwertungsschutz auf ein allgemein
verträgliches Maß zu reduzieren.

 Zur aktuellen Auseinandersetzung um geistiges Eigentum, Digital Rights
Management und die Novellierung des Urheberrechts siehe auch: 
Unternehmer-Allianz formiert sich gegen neues Urheberrecht[6]
Schlossgespenst[7] -- Hat TCPA auch positive Seiten für den Anwender? in
c?t 26/2002 Sicherheit und Vertrauen[8] -- Thomas Rosteck, Leiter des
Product Marketing für Sicherheits-ICs bei Infineon, über die Technik und
Vorzüge von TCPA in c?t 26/2002 Entmündigung des PC-Besitzers[9] -- Lucky
Green, US-amerikanischer Kryptoexperte, über die von TCPA und Palladium
ausgehenden Gefahren in c?t 26/2002 Lobbystreit um Kopierfreiheiten bei
digitalen Medien verschärft sich[10] Wissen ist Geld[11] -- Urheberschutz,
"Geistiges Eigentum" und die Rechteverwerter in c?t 24/2002  (Stefan
Krempl) / (jk[12]/c't)

URL dieses Artikels:
 http://www.heise.de/newsticker/data/jk-16.12.02-005/

Links in diesem Artikel:
 [1] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-12.12.02-008/
 [2] http://www.dini.de/
 [3] http://www.ifross.de/
 [4] http://www.heise.de/newsticker/data/tol-16.12.02-001/
 [5] http://www.ifross.de/ifross_html/art25.pdf
 [6] http://www.heise.de/newsticker/data/tol-16.12.02-001/
 [7] http://www.heise.de/ct/02/26/054/
 [8] http://www.heise.de/ct/02/26/056/
 [9] http://www.heise.de/ct/02/26/058/
 [10] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-12.12.02-008/
 [11] http://www.heise.de/ct/02/24/108/
 [12] jk ct.heise.de

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