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Re: [ox] Re: [chox] Für die soziale Revolution! Für den Kommunismus! (2)




 Hi Stefan, Hi Liste,

Stefan Meretz schrieb:

Ich zieh das mal nach [ox], weil es passt und die Diskussion "Selbstentfaltung ohne Vereinnahmung - Beispiel" etwas systematisiert:

On Wednesday 20 August 2003 22:57, annanymia shared-files.de wrote:
Merkmale derartiger Assoziationen müssten sein:

1) wertfreie, nicht-monetäre Vermittlung im Inneren,
2) monetäre Beziehung nach außen (da viele menschliche Grundbedürfnisse
anfangs nicht ohne Geldvermittlung befriedigt werden können),
3) klare, rigide und andauernde Trennung von äußerer Verwertungslogik
und innerer Nutzungslogik,
4) Ausrichtung auf Ausweitung des wertfreien Innenbereichs und
Reduzierung des monetären Außenbereichs (wobei der "Innenbereich" die
gesamte globale wertfreie kommunistische Vernetzung umfassen kann und
der"Außenbereich" die ebenfalls globalen Reste der kapitalistischen
Produktion),
5) eine Überwindung geschlechtshierarchischer Beziehungen,
6) radikaler Kampf um "Verfügbarmachung" und "Entwertung" des
Menschheitswissens (vgl. Stefan Meretz: Die freie Gesellschaft als
Selbstentfaltungs-Netzwerk).

Hm, danke für dieses Posting. Ich nehm es mal zum Anlass mich auf chox einzuschreiben. Zunächst einmal, wer auch immer diesen Katalog aufgestellt hat: Ich stimme 100% zu. Ich möchte vor allem den Punkt 5 hervorheben. Ich würde das noch allgemeiner fassen: Überwindung antisozialer Einstellungen, die wir alle mit uns tragen und den Erwerb von sozialen Kompetenzen ,ohne die solche Projekte scheitern müssen. Zum Teil sind damit auch Themen angesprochen, die hier gar keine Rolle spielen wie Überwindung der bürgerlichen Kleinfamilie, Übrwindung sexueller Diskriminierungen (Schwule/Lesben). Punkt 5 würde es verdienen sehr ausführlich erörtert zu werden und an die Spitze der Liste gesetzt zu werden.

Das Problem ist, dass solche "Einheiten" notwendig auf dem Markt konkurrieren müssen, um existieren zu können. Damit reproduzieren sie notwendig das, was sie überwinden wollen. Punkt 3) ist also (wie zitiert: auch von mir) locker dahingeschrieben - aber: Wie geht die Trennung von Verwertungs- und Nutzungslogik?

Notwendig auf dem Markt konkurrieren müssen? Mit wem? Mit "normalen" Firmen? Mit einander? Wenn letzteres geschieht ist alles verloren.!

Wie läßt sich das also verhindern? Nun zunächst einmal werden Gebrauchsgüter produziert keine Waren. Gebrauchsgüter werden erst zu Waren, wenn sie auf dem Markt verkauft werden. Nehmen wir als Beispiel die Drucker, in meiner Antwort an Thomas (Selbstentfaltung ohne Vereinnahmung) . Würden die Drucker an Mitglieder der "Assoziation" frei weitergeben sind sie keine Waren. Sie sind auch dan keine Waren, wenn sie die Drucker an eine Landkommune weitergegeben werden , von denen die Gruppe z.B. Gemüse bezieht, ist das auch kein Warentausch, solange kein "abstakter Tauschwert" sprich Geld dazwischen tritt und auch nicht versucht wird erbsenzähler mässig nur Äquivalente zu tauschen. Das heißt Arbeitsteilung beruht auf frei ausgehandelten Vereinbarungen zwischen Gleichen. Deshalb auch die Notwendigkeit der Ausbildung sozialer Kompetenzen (Punkt 5 erweitert) . Wenn die Menschen nicht lernen Kontakt zu halten, Vereinbarungen einzuhalten etc. und die Austauschbeziehungen quasi automatisch ablaufen lassen, dann Tritt sofort das "Bedürfnis" nach einem abstrakten Maß für Tauschbeziehungen auf , wie z.B. Talente, Motten etc. in den Tauschringen und die ganze Wertlogik geht von vorne los.

Nehmen wir mal an unsere Druckerhersteller wollen mit ihren Druckern auf den Markt gehen, um ihren Lebensunterhalt zu decken dann müssen sie höllisch aufpassen das nicht mit ihrer nicht Marktförmigen Produktion zuvermengen. Am besten wäre es eine Firma zu gründen und sie räumlich von den "eigentlichen" Produktionsstätten zu trennen. Auf jeden Fall sollte es ein Ziel sein, möglichst wenig Zeit in die Produktion für den Markt zu stecken.

Bisher sind wir auch immer davon ausgegangen, dass die Menschen zusammen leben und arbeiten aber das muss nicht so sein .Der Arbeitskreis Lokale Ökonomie (http://www.neue-arbeit-hamburg.de/) in Hamburg, wo Du mal einen Vortrag zu Ökonux gehalten hast, verfolgt z.B. einen anderen Ansatz. Die Mitglieder arbeiten in normalen Jobs, versuchen das aber möglichst zu reduzieren und mehr Zeit in die Gemeinschaftsarbeit zu stecken.


So ein Druckerprojekt würde da gut reinpassen.

Es gibt vieleMöglichkeiten den notwendigen Marktbezug abzudecken, jede Gruppe kann da ihre eigenen Wege entdecken.


StefanMns Argument (das ich teile) ist, dass die Trennung letztlich nur an der Spitze der Produktivkraftentwicklung gehen kann, weil ich mit minimalem Einsatz mein Leben in der Verwertungslogik reproduzieren kann, um dann überhaupt noch Hirn, Nerv und Muskel für was anderes einsetzen zu können. Wenn ich das auf handwerklich-agrarischem Niveau versuche, dann bin ich einfach zu kaputt, um noch irgendwas zu machen.

An der Spitze der Produktivkraftentwicklung kann aber vielerlei heissen. Wie das Druckerbeispiel zeigt, kann man durchaus in Teilbereichen "primitiver" als die kapitalistische Produktion sein und ihr trotzdem in anderer Hinsicht überlegen sein.


Doch erstens gibt's nicht nur die Produktion, sondern auch die Reproduktion. Solche Armutsansätze wie SSM setzen hier an. Da erhebe sich niemand drüber: Es ist eine Entscheidung, "die ganze Scheisse" (Marx) in einem Job mitzumachen, die einem immerhin "Nutzungslogik" in dinglicher Form durch schlichtes "Kaufen" ermöglicht; oder "Nutzungslogik" als Reichtum sozialer Beziehung zu bekommen unter Verzicht auf stofflichen Reichtum, indem man das Übel irgendwie kollektiv erledigt (die SSM bewegt sich ja mit ihrem LKW immerhin auf industriellem Serviceniveau). Oder ob man sich irgendwie anders entscheidet, um 3) hinzubekommen.


Ich habe die SSM nur sehr kurz besucht aber ich hatte nicht den Eindruck das das ein Armutsansatz ist. Trotzdem um die Diskussion ein bischen von der SSM zu lösen: Armut ist durchaus eine Option!!! Je mehr man bereit ist den eigenen Lebensstandard zu reduzieren, um so unabhängiger ist man vom Markt. Ich glaube nicht, dass es möglich ist einschneidene Änderungen in dieser Gesellschaft durchzusetzen ohne zu Verzicht bereit zu sein.

Diese Problematik stellt sich übrigends nicht nur beim "stofflichen" Reichtum, sondern auch auf dem Gebiet der freien Software selbst!!! Wer sich entscheidet nur!! freie Software einzusetzen, entscheidet sich in einem gewissen Sinn für "Armut". Es ist dann nicht möglich bestimmte Möglichkeiten zu nutzen, wenn es nur mit proprietären Programmen möglich ist. Ich glaube nicht das Freie Software ohne solche "Verzichtsideologen" wie Richard Stallman so weit gekommen wäre. Das Beispiel zeigt sehr schön, das Freiheit ohne die Bereitschaft zum Verzicht unmöglich ist.


Zweitens ist Überheblichkeit fehl am Platze. Wie prekär das mit der Freien Software ist, zeigt der Crash der New Economy, der der FS teilweise den Boden unter den Füßen wegzog.



Wenn die FS -Community nicht auf Gruppen wie die SSM und den Arbeitskreis Lokale Ökonomie zugeht dann bleibt sie ein Nischenphänomen. Angesichts solcher Meldungen wie "München stellt auf Linux um" und "M$ sieht "Open Source" als Hauptkonkurrenten" von einem Nischenphänomen zu sprechen, scheint absurd. Aber hast Du mal versucht Menschen, die kaum eine Ahnung von Computern haben die Vorzüge von Freier Software zu erklären? Viele Menschen, auch wenn sie politisch aktiv sind, verstehen nicht warum z.B. Softwarepatente Scheiße sind. Freie Software wird in nächster Zeit schwersten Angriffen ausgesetzt sein: SCO war da bloß der Anfang. Und wenn sie es nicht schafft sich in einer breiteren politischen Bewegung zu verankern, wird sie untergehen.

Bislang ist 4) eben leider nicht in Sicht.

In Ansätzen schon..


Auf irgendwen runter zu gucken - das hat keine Perspektive.

Sicher nicht.

   Gruss Sven

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