Re: [ox] [ffii] BMBF fuer Softwarepatente
- From: Michael Hoennig <michael hostsharing.net>
- Date: Thu, 4 Mar 2004 20:25:25 +0100
Hallo Hartmut,
Wir dürften uns einig sein, Erfindungen sind besondere Leistungen
Einzelner. Nun kann man die Leistung Einzelner sicher wegnehmen oder
für den Staat konfiszieren; aber wäre das gerecht? Wenn ich Ihnen
Ihren selbst gestrickten Pullover wegnähme, um ihn meiner Tochter zu
geben, wäre das Diebstahl. Und wenn ich Ihnen Ihr Manuskript wegnehme,
um es unter meinem Namen zu veröffentlichen, wäre das geistiger
Diebstahl. Warum soll das bei einer Erfindung anders sein. Erfindungen
sind Geistiges Eigentum und nicht Allgemeingut. Warum soll ich mein
Geistiges Eigentum nicht wie mein materielles Eigentum nutzen können,
also selbst über seine Verwendung befinden?
ich kann gar nicht soviel essen, wie ich kotzen müsste. Typische Rhetorik:
Falsche Analogie aufstellen, die aber scheinbar korrekt ist, und aufgrund
dieser falschen Basis, seine eigene Position beweisen. Aber was erzähle
ich euch das...
Das BMBF argumentiert weiterhin naturrechtlich. Utilistaristische
Interessenabwägung ist den Patentexperten des BMBF fremd. Sie
produzieren ihre eigen Denkweise auf einen Fantasiegegner (keineswegs
den Gegner im fingierten "Streitgespräch), der sodann als
"Fundamentalist" entlarvt wird.
Ja, wie ich eingangs sagte: ich kann gar nicht soviel ...
(Contra) Bei der jetzigen Rechtslage ist die Situation doch
unberechenbar. In einem nationalen Patentamt bekomme womöglich diese
Kombination Software mit Technizität durch, im anderen nicht. Das ist
doch nicht seriös.
Und hier spielt sogar die angebliche Contra-Seite den
fadenscheinigen Argumenten voll zu. Was für ein Possenspiel! Wie ich
eingangs sagte...
Das Europäische Parlament hat einen Weg zur Vereinheitlichung gewiesen.
Hiergegen sperrt sich die Bundesregierung. Im Rat geht sie auf
Konfliktkurs gegen das EU-Parlament und legt es darauf an, das
Mitentscheidungsverfahren der EU lahmzulegen.
Kann man mal eine Anfrage an das BMBF oder den Bundestag machen, wen sie
eigentlich vertreten? Die Großkonzerne oder das Volk? Wen sie da
verkaufen, das ist ja mal klar.
Warum unterstützt der BMBF-Patentexperte dann den Anstatz der Kommission
und nicht den des Parlamentes?
(Contra) Zu recht. Die Lage wird vollends unübersichtlich, wenn jeder
Programmieralgorithmus jetzt patentiert wird. Algorithmen werden auch
künftig nicht patentiert werden! Wie sollen kleine Unternehmen der
Softwareentwicklung denn da den Überblick haben. Sie laufen doch
Gefahr, unwissentlich Patente zu verletzen und mit Prozessen überzogen
zu werden. Und ein anderer Aspekt: Wenn es mir um die Interessen der
Gesellschaft als Ganzes geht und den freien Fluss von Informationen,
dann sind Patente und damit Eigentum an Teilen dieser notwendigen
Instrumente komplett kontraproduktiv, weil der Zugang zu Informationen
durch die eingeschränkte Nutzung notwendiger Instrumente erschwert
wird (z.B. Internetexplorer).
[BMBF] Der berühmte freie Fluss von Informationen darf doch nicht
bedeuten, dass jedermanns persönliche Angelegenheiten, oder das, was
eine Firma macht, auf dem Marktplatz beredet werden und damit für
jedermann erkennbar ist.
Hier geht die Antwort völlig an der Problemstellung vorbei. Oder kapieren
die wirklich nicht, dass der freie Informationsfluss damit der vollen und
alleinigen Kontrolle der Großkonzerne unterliegen wird?
sondern einige Gedanken dagegen stellen: Warum soll Software anders
behandelt werden als Mechanik oder anderes Physisches? Was Ingenieure
können, sollte Informatikern nicht prinzipiell unzugänglich sein.
Kann hier jemand was gutes gegesetzen? Ich habe schon einige Ideen, aber
nichts prägnantes.
Erneut naturrechtliche Argumentation bei gleichzeitiger Projektion der
selben Denkweise auf die Gegner, die dadurch zu "Fundamentalisten"
werden.
(Contra) Weil es hier um den freien Zugang zu Informationen geht, was
ein Grundpfeiler unserer Demokratie ist. Das kann ich doch nicht mit
Patenten auf Waschmaschinen vergleichen.
[BMBF] Vorsicht: Information und Informatik sind verschiedene Dinge.
Freiheit der Information hat weder etwas mit Patentschutz zu tun noch
mit Informatik.
Sie kapieren es einfach nicht. Wenn die Dateiformate patentiert sind, ist
kein Austausch der Information mehr möglich. Sowas gibt es bei
physikalischen Prozessen überhaupt nicht.
Solange der Bundestag sich nicht des Themas ernsthaft annimmt,
bestimmen Ministerialbeamte wie Günter Reiner die Position der
Bundesregierung im EU-Rat.
Vieleicht wäre eine Anfrage wirklich eine Idee. Wurde sowas schon
für diese Sache gemacht? Kennt sich damit jemand aus? Immerhin agiert hier
ein Ministerium klar gegen die Mehrheit des Volkes.
Danke für deine Zusammenstellung.
Alles Gute wünscht
Michael
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