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[ox] Bemerkungen zur Copyleft-Kritik von Andrius Kulikauskas



Im Unterschied zu Alfred Nolls Kritik geht Andrius Kulikauskas von der
Möglichkeit und Notwendigkeit  der praktischen Durchsetzung kooperativer
Arbeitsweisen unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen aus -
und formuliert von diesem Standpunkt aus seine Kritik. Seine
intellektuelle Produktionsweise ist aber schon im Ansatz von der bei uns
üblichen verschieden, indem er den öffentlichen Diskurs zum Mittel seines
Nachdenkens macht.

For my workshop at Oekonux, I want to make a "decision chart" for 
helping people make good decisions about when to place content in the 
Public Domain, when to use copyright, and when to use special forms of 
copyright such as Creative Commons or copyleft.  I ask George Pleger for 
help, he will be presenting http://www.CreativeCommons.org at Oekonux. 

Sehr schön:  ein weiteres Clustering auf der Konferenz mit dem Ziel eines
brauchbaren Resultats.

Creative Commons does have a "decision chart" but I think:
A) it's oriented around legal action (with regard to "rights" and 
"requirements") rather than moral action (with regard to "preferences" 
and "wishes")
B) it's oriented around restricting use (like "no commercial use") 
rather than achieving goals (like "help me make money").
C) it's oriented around how people are supposed to behave, rather than 
how they actually do behave."

Die Frage an Creative Commons wird in der Tat interessant werden,
inwiefern die Lizenzen tatsächlich die Voraussetzungen für strukturierte
kollektive Produktion mitschaffen helfen.


Andrius Kernkritik des copyleft zielt genau darauf und faßt sich in
folgenden Absätzen zusammen:


"For social networking, it's very important for most of the content (in 
Wikis and elsewhere) to be definitely in the Public Domain.  Any kind of 
copyright (which includes Creative Commons and copyleft) requires that:

A) the license be noted and kept track of
B) the boundaries of the material be marked
and this represents a burden when working with micro-content.  It is a 
tax on the free flow of content needed for the sake of building 
relationships, accumulating repositories of knowledge, and allowing 
others to take over as stewards.

Copyleft gilt ihm also als Restriktion kreativer Freiheit und
Handhabbarkeit kooperativer Prozesse. Was bei ihm überhaupt nicht
berücksichtigt wird, ist die Notwendigkeit sich gegen die Aneignung von
Content abzusichern. Der Begriff der Public Domain ist ein rechtlich total
ungesicherter. 

Die immanente Gefahr die der Public Domain innewohnt, ist die
Reproprietarisierung von Inhalten.

Indem ein öffentlich frei verfügbarer Inhalt (und daher im
Werkbildungsprozeß aneigenbarer) zum Beiwerk oder Bestandteil eines
proprietären urheberrechtlich geschützten Werks wird, wird der weitere
allgemeine Zugriff auf diesen Inhalt potentiell gefährdet. Ich hab schon
mal erzählt daß durch einen einzigen Prozeß die Public Domain bei Apples
HyperCard 1988 vollkommen zusammengebrochen ist!!

Richtig ist aber, daß die Handhabbarkeit der GPL-Vorschriften für einen
kreativen Prozeß, der nicht Softwareentwicklung ist, äußerst schwierig
ist. Das beginnt damit, daß die Lizenz und die Genealogie eben bei
Software leicht lesbar angefügt werden können, weil im Grund Sourcecode
und gewöhnlicher Text ein mediales Kontinuum bilden. Bei Musik und
Graphik, um sehr naheliegende Beispiele zu nehmen, ist der prozeß
medienfremd, selbst wenn sich das ganze digital abspielt. 

The "freedom to fork" is less important for 
software because "software likes to clump".  But "content likes to 
disintegrate" and so the freedom to fork is much more important. 
Perhaps 1% of our project will have lasting value.  It's not right for 
it to be captive to any particular license.

Auch das ist ein wichtiges Argument von Andrius in einer vielleicht
verqueren moralischen Form ausgedrückt: Bei kollektiven kreativen
Prozessen geht es sehr oft um Ablösung von abstrakten Elementen (um es
ganz primitiv zu sagen: ein Soundsample, ein Rhythmus) von der
zugrundeliegenden integrativen Matrix. 

Umgekehrt kann ich mir auch kreative Prozesse vorstellen, die nicht direkt
auf ein Werk zielen, sondern auf ein Repositorium miteinander
integrierbarer Elemente. Dann geht es nicht ums "forken" (das ist übrigens
eine sehr klare Art das Problem zu beschreiben) . Vielleicht müssen wir
den Unterschied dieser 2 Formen von Produktion eingehender diskutieren.
Mir scheint, Andrius hat hier unbekümmert den Finger auf sehr zentrale
Fragen der Produktionslogik gelegt, die wir für verschiedene Bereiche der
menschlichen tätigkeit prüfen müssen. 


All forms of copyright (including Creative Commons and copyleft) 
restrict the "freedom to fork".  What I mean is that it is very prudent 
to realize that a project like Minciu Sodas or OneVillage or ThinkCycle 
or Wikipedia will come to an end, perhaps sooner rather than later. 

It's important to prepare for the day when we hope that some or all of 
our content may be used by somebody else.  They should be free to 
continue with their own license.  I think it's not helpful for us to 
impose a license on them.  It's presumptious to assume that we know 
what's best for them.  

DAs ist aber auch nicht die Absicht der GPL. Die Absicht der GPL ist
kreative Möglichkeiten vor proprietärer Einschränkung zu retten. Wenn
jemand eine proprietäre Lizenz wählt ((wie zum Beispiel die von Andrius so
sehr favorisierte Software "the Brain"), dann hindert er vielleicht andere
(und zwar alle anderen) daran, bestimmte Indexierungsverfahren in ihren
Produkten zu verwenden. Er unterliegt genau der Kritik die Andrius hier
äußert. 

Andererseits bleibt die Frage, wie die Funktion der GPL in verschiedenen
anderen Bereichen der menschliuchen Produktion substituiert werden kann.
Mir fallen nur zentrale Publikationsserver und Repositorien ein, so
ähnlich wie Andrius auch mit seinen "Open Places" für die Public Domain
arbeiten möchte.

FN


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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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