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Re: [ox] Re: Reichtum



Hallo Alfred,

Was aber meiner Meinung von den Tauschgläubigen konstant außer Acht
gelassen wird, das jedes Produkt/jede Dienstleistung sowohl einen
quantitativen als auch einen qualitativen Aspekt hat + außerdem auch
nicht ohne die Aufwendung von menschlicher Lebenszeit erzeugt wurde.

Nur nebenbei: Das ist eine Kernthese der Freiwirtschaftstheorie!
Das obige Geschreibsel von mir sehe ich nicht als These, sondern als
eine Feststellung von Tatsachen.

ok, "Kernthese" war der falsche Begriff. "Grundlage" wäre besser.

Ich kam vor Jahren schon, zu ganz anderen Schlüssen als die meisten
gelernten Ökonomen, 

Du weisst, dass man das Gesell vorwirft, denn er war kein studierter
Wirtschaftswissenschaftler. Sei also vorsichtig, was du öffentlich
zugibst ;-)

Die allermeisten Menschen die ich irl treffe, glauben durch einen
Kapitalismus mit menschl. Antlitz zukunftstaugliches zu erreichen  Ich
habe noch keinen Freiwirt getroffen, der vom Tausch wegwollte. Alle
Freiwirte die ich getroffen habe, reden von Umlaufsicherung durch
negativen Zins (= Schwundgeld), Bodenreform, fairen Wettbewerb in freien
Märkten und ähnlichen Widersprüchen

Ich will schon vom Tausch weg, aber meiner Meinung nach ist die Menschheit
davon noch Jahrhunderte oder gar Jahrtausende entfernt. Wir wissen, dass
wir einen viel zu großen ökologischen Fußabdruck haben, aber wir nehmen
uns das Recht weiterhin Auto zu fahren und Unmengen Fleisch zu essen.
Damit nehmen wir anderen Menschen nicht nur dieses Recht, sondern
verdammen sie sogar zu VIEL weniger. Diesen Menschen traue ich einfach
nicht zu, ohne Markt auch nur einigermaßen fair miteinander zu umzugehen.

Aus meiner Sicht, ist jeder Umgang der auf Tausch basiert zu Irrtum
und Ungerechtigkeit quasi verurteilt, weil sich das meiste im
Sozialen eben nicht zweifelsfrei messen, bemessen, lässt.

Vollste Zustimmung soweit.

Warum dann dein Festhalten an der Freiwirtschaft, die derartiges meines
Wissens ganz und gar nicht vertritt ?

Weil ein solcher Umgang miteinander in der jetztigen Wirtschaftsform gar
nicht erst möglich ist, außer in Nieschenbereichen. Die Freiwirtschaft
kann dazu die Freiheitsgrade geben. Wer seinen Lebenszweck in Materiellem
sieht, kann deren Markt dann nutzen, aber die anderen wären nicht mehr zum
"mitfunktionieren" verdammt.

Zum andern auf welcher Ebene diese Tausch sehen.
Ich habe keine Idee was mit dem obigen Satz gemeint ist

Das stelle ich ja unten klar:

Ich sehe Tausch, erst recht wenn er über Geld läuft, vor allem
zwischen größeren Einheiten. Den je größer die Einheiten sind, desto
schwieriger laufen soziale Prozesse ab, wie sie in einer
Schenkungswirtschaft funktionieren würden (anarchistisch gesehen,
soviel nehmen wie man braucht und soviel geben wie man ohne
selbstausbeutung kann).

Auch hier verstehe ich im Detail nicht was du meinst, aber was ich sehe,
dass Du aus meiner Sicht auf der richtigen Spur wärest, Dich aber
von Bedenken, die mit anderen Menschen zusammenhängen, davon
abhalten lässt, den eigenen Wusnch erst mal nur für Dich selber ernst
zu nehmen und dranz zu bleiben

Du glaubst also ich könnte einfach meinen Teil leisten, auf jegliche
finanzielle Vergütung verzichten und würde dennoch satt werden, Kleidung
bekommen und eine Wohnung haben? Ich glaube das nicht. 

Wenn du anderer Meinung bist: Wie kommst du dann darauf, dass
dieselben Menschen, die in einer Schenkungswirtschaft fair handeln
würden, beim Tausch plötzlich täuschen?

Ein Beispiel:
Ein Freund von mir ist Immobilienmakler und Bauträger, mit 7er BMW, 2
Harleys, Haus mit Sauna, Garten und Pool und ... .
Ich besuche ihn ca. alle 3-4 Wochen und dann sprechen wir oft über den
ganzen Schmarrn der da im Moment läuft und wie es anders werden könnte.
Er hat auch schon längst aus sich heraus die Probleme um das blöde Geld
und die sinnlose Arbeiterei herausgefunden. Eigentlich hat er sogar
schon einzusehen begonnen, dass das mit dem Tauschen auch nicht das
Wahre ist.

Warum macht er so weiter wie bisher?
Weil er nicht den Vorreiter machen und all die damit verbundenen
Nachteile in Kauf nehmen will. Er meint, solange keine signifikante
Änderung im Verhalten der anderen Leute für ihn zu erkennen ist, wird er
sicher nicht so wie manche andere auf verschiedene Annehmlichkeiten
verzichten, weil sollte die ganze Sache wegen des Nichtkapierens der
Anderen den Bach runtergeht, will er wenigstens bis dahin nicht viel
schlechter als die anderen gelebt haben.

Genau für diese Transition ist eben die Freiwirtschaft meiner Meinung nach
der ideale Weg. Ich habe noch keinen besseren gesehen. 

Die Freiwirtschaft ist deshalb so ein guter Weg der Transition, weil sie
erstmal kaum Verhaltensänderungen bei einem Großteil der Bevölkerung
erfordert, aber die gesamte gesellschaftliche Dynamik umkrempeln würde.

Das magst du als Anfangsschwierigkeiten sehen, aber wie lange würden
die anhalten? Wann wäre die Menschheit bereit zu einer solchen
Lebensweise?

Ich weiß nicht, es kann schon eine Weile dauern. Und vieleicht ist es
auch noch erforderlich, dass wir uns das eine oder andere einfallen
lassen. Das Risiko werden wir schon eingehen müssen, aber das Risiko
nicht einzugehen heißt für mich, ein noch größeres Risiko einzugehen und
das halte ich für nicht so clever.

Dein Freund geht das Risiko nicht ein. Fast niemand wird es eingehen, nur
ein paar, die dann die Dummen sein werden.

Bei solch einem Ansatz sehen Wirtschaftsmodelle die im Tausch
hängen alt aus, greifen zu kurz bzw. gehen in eine ganz andere
Richtung

Die Patentgesetzgebung kann dem aber ganz schnell einen Strich durch
die Rechnung machen. Der Kapitalismus ist eine gefährliche Plattform
für solche Experimente! Die natürliche Wirtschaftsordnung dahingegen
wäre eine hervorragende Plattform dafür, auch wenn sie selbst kein
endgültiges Ideal-Ziel ist.

Wenn wir mit dem Tauschen aufhörten, dann bräuchten wir m.E. keine
Patentgesetzgebung mehr, wozu auch?

Sicher, wenn das Ziel erreicht wäre, bräuchten wir sie nicht. Aber was ich
in deiner Argumentation vermisse, ist ein Weg, der dahin führt. 

Gut erkannt! Nur ist mein Schluss ein anderer: Bevor wir in Frieden
leben können, müssen wir die Raubtiere erstmal zähmen. Und dafür
eigent sich ein friedlicher Weg besser als Krieg oder gewalttätige
Revolution.

Anarchisten zähmen andere Menschen nicht, den kein Mensch hat das Recht
über einen anderen Menschen zu herrschen, nicht wahr ?

Nimm doch nicht alles wörtlich. Zumal die Freiwirtschaft ja nicht
wirklich "zähmt" sondern den Vorteil, den die Raubtiere heute
(unfairerweise) haben, neutralisiert.

"Raubtiere" haben wir, weil wir ein Ausbeutungsmodell fahren. 

Die Freiwirtschaft würde das Problem lösen. 

Kriege und Revolutionen sind ein Zeichen, dass den Menschen nix besseres
mehr eingefallen ist und sie nicht mehr warten wollten. 

Kriege sind im Kapitalismus notwendig, um eine Deflation zu verhindern
bzw. zu beenden, die im Kapitalismus katastrophal ist. Denn Kapitalismus
erfordert exponentielles Wachstum, was dauerhaft gar nicht möglich ist.
Die "kleineren" Kriege der letzten Jahre haben den nötigen Weltkrieg
erstmal etwas verzögert.

Wozu soll Geld sonst zirkulieren, außer zu dem Zwecke die Wirtschaft am
kochen zu halten, damit nicht die Erwerbs-Arbeitslosigkeit und damit die
Geld-Armut bei den Lohnsklaven steigt ?

Das Geld soll gleichmäßig zirkulieren, damit die Geldmenge und
damit der Geldwert gesteuert werden kann. Durch gleichmäßigen Wert
entfällt Spekulkation. Hier geht es um Preise und Geldguthaben, nicht um
Bargeld oder Sichtguthaben, denn die müssen, um das zu erreichen, an
kontrolliert Wert verlieren.

Außerdem gehöre ich zu den Verfechtern von "Bürgergeld aus Bodenpacht".
Geld-Armut und Lohnsklaven kann es in einem solchen System gar nicht
geben, außer vielleicht letzteres bei Masochisten.

Ich sehe als Ziel vor allem, die Umverteilung von arm nach reich, oder
besser von der Mittelschicht in die Oberschicht zu stoppen, und damit
die Macht der Oberschicht zu begrenzen. Genau die Macht, die es
alternative Modellen ziemlich schwer macht. Spätestens unter den
Umweltfolgen des Kapitalismus müssen wir alle leiden, wenn nicht bald
(sehr bald!) was passiert.

Solange die alten Definitionsmuster von Arm + Reich nicht durchbrochen
sind, sind sie Fallen in denen sich das Nicht-Denken verfängt und wie
mir scheint, bist Du soeben in diese Falle gegangen, oder ?

Deiner Logik kann ich hier nicht folgen. Ich rede von Geld-Reichtum, mit
dem Macht ausgeübt werden kann. Genau diese Macht bricht die
Freiwirtschaft.

Tauschfrei zu agieren heißt meiner Ansicht nach fair und clever zu
Teilen. Und sobald fair und clever geteilt wird, hören sich damit auch
die Umverteilungskämpfe auf

Genau, "sobald fair und clever geteilt wird", aber ich sehe nciht, dass
die Menschheit dazu nur ansatzweise reif ist. Dein Freund mit dem
dicken BMW ist das beste Beispiel, auch wenn du  sein Verhalten anders
interpretierst.

Alles Gute wünscht
	Michael

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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