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Re: [ox-de] Dorf der Zukunft



Am Montag, 31. Juli 2006 12:14 schrieb Hans-Gert Gräbe:
Lizzy-online berichtete:

„Wir müssen das Dorf der Zukunft erfinden“, sagte am späten
Donnerstag-Abend ein bärtiger Österreicher im 21. Stock des Leipziger
City-Hochhauses. ...

http://www.lizzy-online.de/modules.php?op=modload&name=News&file=article&si
d=4954&mode=thread&order=0&thold=0


Schön und gut - ich lebe inzwischen auf dem Lande in einem Dorf
mit 450 Einwohnern. Es gibt im Umkreis von 4 km nur einen Laden
und eine Kneipe. Der Bus fährt morgens und abends in die nächste
Stadt und in der Gegenrichtung dito. Offentlichen Nahverkehr 
kann man das nicht nennen. Wer nicht Auto fährt, ist verraten und
verkauft - Auswahl an Waren und Dienstleistungen hängt davon ab,
wieviele Km man pro Jahr mit dem Auto zurück zu legen bereit ist,
notfalls um für spezielle Wünsche in eine der 50 bis 70 km entfernten 
Großstädte zu fahren.

Die meisten heutigen Dörfer sind keine Dörfer mehr, sondern es
sind Schlaf-Vorstädte der mittelgroßen Städte oder direkt der
Großstädte. Jeden Morgen zwischen 5 und 7 heulen die Motoren
auf und es knattern die Diesel der LKWs los, wenn alle, die Arbeit
haben, zu ihren städtischen  Arbeitsplätzen aufbrechen - und
dazu bis zu 120 km täglich fahren. Landwirte? - Fehlanzeige. Die
sind inzwischen auf dem Lande deutlich in der Minderheit. Zurück
bleiben Alte, Kinder - und Frauen. In den meisten Dörfern hier in
der Gegend bilden die freiwilligen Feuerwehren inzwischen Frauen
- da ihre Männer ja weit entfernt auf Arbeit sind, falls es irgendwo
brennt.

Und Netzwerke bilden? Gut und schön - daß Land ist meist der
Telecom eigenes Land, da nur ihre Leitungen hier in der Erde liegen.
Auswahl an Anbietern? - Fehlanzeige. Freunde von mir aus Köln
können es kaum fassen, daß man für DSL entweder bei der Telecom
oder über Sattelit on-line sein kann, sonst nicht. Um DSL 2006 zu
bekommen, hat unsere Dorfgemeinde in der Landeshauptstadt
vorsprechen und die Telecom unter Druck setzen müssen - diese
plante eigentlich, frühstens 2010 dieses Dorf mit DSL zu versorgen. 

Die Glasfaserkabel und Netzknoten verbinden die großen Städte 
und sparen ländliche Räume aus, in welchen sich Investitionen 
mangels großer Menschenmassen nicht rechnen - seit Jahren. 
DSL 1000 ist gerade noch möglich, aber von DSL 6000 kann man 
hier nur träumen - mehr schaffen die größtenteils noch aus den 
dreissiger Jahren des 20. Jhds. stammenden Telefonleitungen 
nicht. Und die Handynetze sind so löcherverseucht, daß man von 
Glück reden kann, wenn das Handy gerade eben noch D2 findet
 - für D1, O2 und das dritte Netz gibts hier leider keine Verbindung. 
Flächendeckende Handynetze erweisen sich so als ein nicht der 
Realität standhaltendes Werbeversprechen.
 
Aufs Land zu ziehen war der dümmste Fehler, den ich in meinem
Leben bislang gemacht habe. Spätestens in 10 Jahren müssen
wir zurück in eine Stadt mit einem Mindestmaß an Infrastruktur
gezogen sein - denn wenn man nicht mehr Autofahren kann, ist
selbst der Weg zum Arzt unüberwindbar.

Gruss,
Jacob
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



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