Message 12899 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT12886 Message: 6/9 L4 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

[ox-de] Re: Wozu Autarkie? (was: [ox-de] Re: [ox-de] Re: [ox-de] Re: [ox-de] Ökonux und Politix)



[Converted from text/html]

Hi Stefan,

hierzu auch noch was:

Und dieses systemische Produktionsmittel befindet sich
(sinnvollerweise) nicht in privatem Eigentum einer einzelnen
natürlichen oder juristischen Person,

"Warum ist das sinnvoll?

Ein Problem ergibt sich m.E. vor allem dann, wenn der Eigentümer das
Produktionsmittel zu entfremdeten Zwecken wie z.B. Marktproduktion
einsetzen kann. Wenn es keinen Markt mehr gibt, dann entfiele dieser
Grund schon mal. Was bleibt dann noch als sinnvolle Begründung für den
Besitz eines Produktionsmittels? Doch wohl nur, dass man damit
sinnvolle Dinge tun will - oder?"

So ein Produktionsmittel zur Warenproduktion einzusetzen hat deshalb
keinen Sinn, weil - wenn das Produktionsmittel allgemein verfügbar ist
- niemand was produzieren kann was der andere nicht auch produzieren
kann! Es gibt dann eben keine Spezialisierung in dem Sinne mehr, und
damit hat es keinen Sinn Waren zu produzieren und zu tauschen,
umgekehrt muss niemand auf den Markt gehen um sich etwas zu beschaffen
- er kann es sich eben genau so wie er es haben will machen lassen
bzw. machen. Vorausgesetzt ist bei solchen Aussagen immer eine -
minimale - Universalität der digitalen Fabrikation, und man muss
natürlich immer gleich Einschränkungen machen dass es sowas noch
überhaupt nicht gibt,  aber dass wir auf dem Weg genau dahin sind bin
ich absolut überzeugt, und die Entwicklung nimmt enorm Fahrt auf,
jetzt fängt z B das Thema Fabbing an die Schulen zu interessieren, es
gibt einen weiteren 3D-Printer für unter 4000 Dollar (http://
fabbaloo.com/blog/2010/5/27/a-purple-3d-printer-for-under-
usd4000.html), oder von Desktop Factory, aber auch subtraktive
Maschinen werden immer kleiner und billiger (ebenfalls auf Fabbaloo).
Die Tendenz ist jedenfalls eindeutig und kann nur in diese Richtung -
immer universaler, immer kleiner, immer billiger - gehen.

"Wozu brauchst du Autarkie? Nicht nur das ich denke, dass die
Entwicklung der Produktivkraft alle Phasen, in denen so etwas auch nur
annhähernd sinnvoll sein könnte, lange hinter sich gelassen hat. Nein,
ich sehe auch überhaupt keinen Grund sich Autarkie zu wünschen.

Autarkie ist ein Modell aus Ideologien, in denen man von feindlichen
Mächten umzingelt war. Oder vielleicht auch in dem das bloße
Dagegensein, also die Antithese schon als Großtat gilt."

Wozu Autarkie? also eine Volkswirtschaft an sich wird ja so gedacht,
dass die autark ist, wenn man mal in theoretischer Einstellung da ran
geht, also nicht einfach die ganze Weltwirtschaft sich vorstellt,
obwohl die natürlich auch autark sein muss! ist ja klar oder? In der
"klassischen" Ökonomie gibt es da ja immer die 2-Produkte-Wirtschaft
mit den 2 Haushalten etc., und wenn man sich der Sache mit der
theoretischen Fragestellung nähert: wie kann eine Wirtschaft
funktionieren? muss man unbedingt auch voraussetzen, dass die in der
Lage ist sich am Leben zu erhalten, aus eigener Kraft, also dass man
nicht von vorneherein auf Transferleistungen oder Lottogewinne oder
sonstige externe Helfer angewiesen ist. Wenn man sich jetzt fragt, ob
das Prinzip Peer-Produktion denn für eine ganze Volkswirtschaft
funktionieren kann, muss man das ja auch mit voraussetzen: dass die
sich aus eigener Kraft erhalten und lebensfähig sein kann, also autark
sein kann. 

was wäre jetzt sozusagen die kleinste wirtschaftliche organisatorische
Einheit, die sich so - mit diesen Mitteln und nach diesen Prinzipien -
am Leben erhalten könnte? In der klassischen Ökonomie setzt man da die
Produktionsfaktoren voraus (Arbeit, Kapital, Rohstoffe), und da gehts
dann eben los mit den Produkten, dem Markt und den Preisen. Wie wäre
das aber in der Peer-Produktion oder der Peer-Ökonomie? da hätte man
es nicht mit Kapital und Markt und Preisen zu tun, sondern mit einer -
systemischen - Maschine, mit Arbeit, und natürlich auch mit
Rohstoffen. Und dann gehts los mit der Modellbildung, man muss eine
ganze Reihe Modellannahmen treffen, z B auch darüber wie weit
Automation gehen kann, dass also bestimmte notwendige Tätigkeiten
prinzipiell nicht automatisiert werden können, die aber trotzdem getan
werden müssen etc., und irgendwann käme man zu einer Vorstellung
davon, wie gross oder klein eine lebensfähige wirtschaftliche Einheit
mindestens sein müsste um überlebensfähig zu sein, dies aber natürlich
nicht auf einer Robinson-Insel, sondern in einer Welt, in der diese
Einheit wieder mit anderen Einheiten in Verbindung steht. So meine ich
das jedenfalls mit den autarken Einheiten. Mehr ein heuristisches
Erkenntnismittel zunächst mal. Aber wenn man sich das fragt, führt das
glaube ich auf einige ganz spannende Fragen, z B wie das funktionieren
soll mit dem Eigentum oder nicht-Eigentum an den Produktionsmitteln:
wenn dann mal das wirkliche Überleben davon abhängig ist? Also im
Moment, wenn rundherum die "alte" Welt noch da ist und die Läden voll
und man evtl in der "alten" Ökonomie noch einen Job hat, kann man
solche Peer-Produktion-Projekte machen, ohne dass gleich das ganze
wirtschaftliche Überleben daran hängt, wenn mal was schief geht. Aber
wenn man mal sich fragt: kann denn der ganze Laden so laufen? muss man
eben auch das mit voraussetzen, dass man so - als wirtschaftende
Gesellschaft - auch überleben kann, und das dann sogar möglichst noch
besser - nämlich freier, sicherer, ökologischer, und auch noch in
materieller "Fülle" - als vorher.                   

"Nur wenn du die Gesellschaftlichkeit von Produktion durch deine
Autarkie erst weg definierst, musst du sie hinterher wieder
reinkonstruieren. Wozu? Lass' doch die Gesellschaftlichkeit von
Produktion einfach gleich drin!"

also insofern hatte ich die Gesellschaftlichkeit ja drin in der
Produktion.
Ich hoffe ich hab das verständlich machen können. 

Grüsse,
Ludger
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT12886 Message: 6/9 L4 [In index]
Message 12899 [Homepage] [Navigation]