[ox-de-raw] keimform.de: Buch: »Die Befreiung der Information«
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- Date: Mon, 19 Feb 2007 21:48:16 +0100
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Buch: »Die Befreiung der Information«
Von StefanMz, 19. Februar 2007, 08:52 Uhr
André Spiegel hat vor ein paar Monaten ein nettes kleines Büchlein
über »GNU, Linux und die Folgen«
[http://www.die-befreiung-der-information.de/], wie es im Untertitel
heißt, herausgebracht. Der Autor konnte einen Verlag
[http://www.bibliotheca-selecta.de/msb/books_2006_2/befreiung.html]
überzeugen, das Werk sowohl kommerziell zu vertreiben und wie auch den
freien Download unter einer Creative-Commons
[http://de.wikipedia.org/wiki/Creative_commons]-Lizenz zu
akzeptieren -- geht doch! Was steht drin? Eine nachgereichte
Rezension...
Das Buch ist sehr locker geschrieben und gibt einen guten, aber für
ExpertInnen etwas oberflächlichen Einstieg in »GNU und Linux« als
den »Grundlagen einer Revolution«. Die Geschichte von Stallman und dem
Drucker [http://www.freitag.de/2002/16/02160114.php] wird erzählt,
die vier Freiheiten freier Software
[http://www.fsfeurope.org/documents/freesoftware.de.html] und die GPL
[http://de.wikipedia.org/wiki/Gpl] werden erklärt; dass Linus Torvalds
[http://de.wikipedia.org/wiki/Linus_Torvalds] eine neue
Produktionsweise etablierte, wird allerdings verpasst. Klar, Eric
Raymond [http://de.wikipedia.org/wiki/Eric_Raymond] kommt vor
und »open source« als Marketingbegriff. Dann noch ein bißchen
Lizenzstreit, weshalb es heute mit KDE
[http://de.wikipedia.org/wiki/Kde]
und GNOME [http://de.wikipedia.org/wiki/GNOME] zwei prima Desktops gibt.
Der Autor scheint ein persönliches Faible für Kryptografie
[http://de.wikipedia.org/wiki/Kryptografie] zu haben -- gleich ein
ganzes Kapitel ist dem gewidmet. Mir erschließt sich nicht, warum das
im Kontext des Buches soo wichtig ist.
Die nächsten drei Kapitel befassen sich mit den anwendungsorientierten
Themen »Musik«, »Film« (hier geht's nochmal in die Kryptografie)
und »Wort«. Hier werden Filesharing, DRM und freie Bücher. Für den
Autor ist die Tendenz zur vermehrten (auch illegalisierten) Verbreitung
von Informationsprodukten nicht mehr aufhaltbar. Sie sei aber insofern
nichts grundsätzlich Neues, als das es historisch stets Technologien
gab, die verschwanden und mit ihr die Möglichkeit, damit Geld zu
machen.
Ein interessantes Kapitel ist das über Kooperation, und zwar wegen
zweier Beispiele, die mir in der dargestellten Form neu waren. Im
Grunde veranschaulicht der Autor hier ein Phänomen, dass Lovink/Spehr
mal präziser als »aus-kooperieren«
[http://www.networkcultures.org/geert/out-cooperating-the-empire-exchange-with-christoph-spehr/]
bezeichnet haben. Beispiel 1 handelt von einem Schachduell, bei dem der
damalige Schachweltmeister Garri Kasparov _fast_ von einer
15-Jährigen »aus-kooperiert« wurde. Das zweite Beispiel beschreibt den
Fall der CD-Titel-Datenbank CDDB [http://de.wikipedia.org/wiki/CDDB],
die ursprünglich mal frei startete, dann aber privatisiert wurde, weil
zwar die Software unter der GPL [http://de.wikipedia.org/wiki/Gpl]
stand, aber vergessen wurde, die kooperativ gesammelten Inhalte unter
eine Freie Lizenz zustellen. In kürzester Zeit gelang es jedoch
dem FreeDB [http://de.wikipedia.org/wiki/Freedb]-Projekt gleichzuziehen.
Diesen Fehler hätte dann -- das ist das dritte Beispiel -- das
Wikipedia-Projekt nicht noch einmal gemacht: Die Freiheit der Inhalte
ist hier durch die GFDL [http://de.wikipedia.org/wiki/Gfdl] geschützt.
Im letzten Kapitel, das den Titel des Buches trägt, resümiert der Autor
die dargestellten Inhalte anhand dreier »Faktoren«: Kopie,
Kommunikation/Kooperation und Ökonomie. Während die ersten beiden
Faktoren schnell abgehakt sind, fand ich bemerkenswert, dass jemand,
der keine warenkritischen Absichten hegt, über die ökonomischen
Konsequenzen nachdenken will. Um sich nicht zu schnell Kritik von den
Kommerz-Heiligern zuzuziehen, versichert er vorab:
»Es kann nicht genug betont werden, dass keine der erwähnten
Bewegungen ihrem Wesen nach anti-kommerziell ist.«
Anschließend erklärt er durchaus überzeugend, warum die Effekte
eigentlich doch darauf hinauslaufen: Informationen und Produkte, die
darauf basieren, seien »als ein freies Gut zu betrachten«. -- Aber
wieso »betrachten«? Informationen _sind_ ein Universalgut, die erst
durch Privatisierung in eine proprietäre Form geraten -- das sagt auch
das Wort »proprietär« [http://de.wikipedia.org/wiki/Propriet%C3%A4r]:
eigentumsförmig. Der Titel des Buches müsste also eigentlich
lauten: »Die Befreiung der _privatisierten_ Information«.
Das ist dem Autor auch irgendwie klar. Zu den Konsequenzen schreibt er:
»Kurzfristig wird das bedeuten, dass manche, die bisher mit der
Herstellung von Information, bisweilen auch mit deren künstlicher
Verknappung, ihr Geld verdient haben, sich nach neuen
Erwerbsmöglichkeiten umsehen müssen.«
Die besten Sätze des Buches, mit denen der Autor er nette Perspektive
jenseits der Lohnarbeit aufmacht, stehen dann schließlich am Ende:
»Es wird in der Zukunft immer weniger Gelegenheiten für reine
Erwerbsarbeit, und immer mehr für wirkliche Arbeit geben. Die
Menschen werden Probleme nicht mehr darum lösen, weil sie damit ihren
Lebensunterhalt verdienen müssten, sondern weil diese Probleme
wichtig sind, drängend, oder auch faszinierend.«
Das ähnelt dann auch der Utopie, über die Benni aus dem MAME-Projekt
[http://www.keimform.de/2007/02/18/innenansicht-eines-projektes/]
berichtet hat:-)
--
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