DISCLAIMER DISCLAIMER DISCLAIMER DISCLAIMER

Die hier archivierte Mail kann, muss sich aber nicht auf den Themenkomplex von Oekonux beziehen.

Insbesondere kann nicht geschlossen werden, dass die hier geäußerten Inhalte etwas mit dem Projekt Oekonux oder irgendeiner TeilnehmerIn zu tun haben.

DISCLAIMER DISCLAIMER DISCLAIMER DISCLAIMER

Message 00010 [Homepage] [Navigation]
Thread: choxT00010 Message: 1/1 L0 [In date index] [In thread index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

[chox] Text zu Fremdheit, Vertrautheit usw.



Hi Chatters!

Anbei ein Text, den unser (wir == Kritische Uni) Referent als
Vorlauftext zur Veranstaltung

	http://www.merten-home.de/KritischeUni/veranstalt/02w/021121.html

eingereicht hat. Finde ich für verschiedene Aspekte von Oekonux ganz
interessant.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

--- 8< --- 8< --- 8< --- 8< --- 8< --- 8< --- 8< --- 8< --- 8< --- 8< ---
Zur Kritische-Uni-Veranstaltung mit Kai-Uwe Hellmann am 21.11.02

Kai-Uwe Hellmann
Der Fremde, der Mensch und der Außerirdische
Die Erfahrung des Fremden im Wandel der Gesellschaft

Fremde sind für die Stabilität einer Gesellschaft nicht zu
unterschätzen. Denn (auch) Fremde versorgen Gesellschaften mit einer
Differenzerfahrung, durch die sie eine klarere Vorstellung von sich
selbst, also von ihrer Identität, Einheit und Besonderheit für sich
selbst gewinnen können. Erst in der Abgrenzung zum Fremden wird das
Eigene gewahr. Insofern können Fremde und die Erfahrung mit ihnen
ausschlaggebend werden, wenn es um den inneren Zusammenhalt einer
Gesellschaft geht. Hieraus läßt sich aber folgern: Verliert eine
Gesellschaft die Möglichkeit der Erfahrung des Fremden, wird sie u.U.
neue Möglichkeiten der Differenzerfahrung finden oder erfinden müssen,
um ihren Zusammenhalt nicht zu gefährden, selbst wenn hierfür
außerordentliche Anstrengungen unternommen werden sollten.

Schaut man nun zurück, so läßt sich für die Geschichte menschlicher
Gesellschaften gewiß kein Mangel an Erfahrungen mit Fremden
feststellen, und auch für die Gegenwart ist dies abwegig. Doch wie
schaut es für die Zukunft der Menschheit aus? Was passiert, wenn in
einer dereinst voll entfalteten Weltgesellschaft die dann noch
verbliebenen innergesellschaftlichen Kulturunterschiede eine
hinreichende Differenzerfahrung nicht mehr erlauben? Im folgenden geht
es um eine Soziologie des Fremden, die auf diese Frage Antworten
sucht, soweit es im Rahmen dieses Artikels möglich ist.


Der Fremde

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und strenge Systematik1, stützt sich
die Soziologie des Fremden zur Beobachtung ihres Gegenstand im
wesentlichen auf zwei Unterscheidungen: (1) die Unterscheidung
vertraut/unvertraut und (2) die Unterscheidung
zugehörig/nicht-zugehörig.

(1) Wann immer es um Fremde geht, haben wir es mit einer Erfahrung der
    Unvertrautheit zu tun. Unvertrautheit bezeichnet hierbei ein
    Verstehensproblem, da sich das Unvertraute zumeist dadurch
    bemerkbar macht, daß wir es nicht angemessen oder gar nicht
    verstehen (können). Ein Fremder ist demnach eine Person, welche
    die Erwartung des Vertrauten fortlaufend enttäuscht: Wir verstehen
    kaum oder gar nicht, was sie uns sagen will oder wie sie sich
    mitteilt, weil wir mit ihrer Erscheinungs- und Mitteilungsweise
    kaum oder gar nicht vertraut sind. So kommt es bestenfalls zu
    Mißverständnissen, die sich mit einiger Mühe noch ausräumen
    lassen, schlimmstenfalls aber zu völligem Nichtverstehen, wenn
    basale kulturelle Gemeinsamkeiten ganz fehlen: Wir wissen dann
    schlichtweg nicht, mit wem wir es zu tun haben. Ein Fremder
    erweist sich somit als Zuschreibungseffekt für ein
    Verstehensproblem, das wir mit ihm haben, weil er erst dadurch zum
    Fremden wird, daß wir nicht verstehen, was mit ihm los ist.
    Deswegen werden Fremde auch immer erst als solche identifiziert,
    da niemand von Natur aus als Fremder geboren, sondern erst durch
    und für eine ihm fremde Kultur zum Fremden gemacht wird. Dabei
    besitzt jede Kultur ihre eigenen Fremden, denn für jede Kultur ist
    etwas anderes vertraut und damit auch unvertraut, mithin fremd.2

(2) Wenn in dieser Weise von der Vertrautheit oder Unvertrautheit mit
    einer bestimmten Kultur die Rede ist, geht es aber zumeist (auch)
    um die Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit zu dieser Kultur.
    Denn Vertrautheit will gelernt und gelebt sein, und dies setzt
    Zugehörigkeit voraus: Erst durch die Teilnahme, das Dabeisein und
    Mitmachen nimmt man eine Kultur soweit in sich auf, daß man quasi
    mit ihr verschmilzt und sich auch in Kleinigkeiten mit ihr
    vertraut weiß -- was oft Jahre braucht, wenn es überhaupt gelingt,
    sofern es sich um eine neue, fremde Kultur handelt. Zumal man ja
    selbst der eigenen Kultur immer wieder fremd gegenübersteht und
    sich nicht mit allem hundertprozentig vertraut zeigt. Will man
    sich daher mit einer neuen Kultur vertraut machen, muß man ihr
    regulär angehören und in ihr leben können, und dies über einen
    längeren Zeitraum hinweg. Insofern erscheint die Zugehörigkeit zu
    einer Kultur als Voraussetzung für das Vertrautsein mit ihr,
    während das Vertrautsein mit einer Kultur wiederum als Ausweis für
    die Zugehörigkeit zu ihr genommen wird. Und je nachdem, wovon die
    Zugehörigkeit und Teilnahme an einer Kultur jeweils abhängig
    gemacht wird, fällt es für Nichtzugehörige unterschiedlich schwer,
    sich mit dieser Kultur vertraut zu machen, oder aber Fremde zu
    bleiben.

Betrachtet man daraufhin die Geschichte menschlicher Gesellschaften,
wird man erwartungsgemäß auf unterschiedliche Formen des Umgangs mit
Fremden stoßen. Darüber hinaus ist jedoch feststellbar, daß sich im
Verlauf der Entwicklung eine immer größere Vertrautheit im Umgang mit
Fremden ausgebildet hat. Denn spätere, fortgeschrittenere
Gesellschaften müssen schon von sich aus mit zunehmend mehr
Andersartigkeit ihrer eigenen Mitglieder umgehen lernen können, und
eben dieser Umstand spiegelt sich im Umgang mit Fremden wider.

So neigen frühkulturelle, archaische Gesellschaften, in denen
individuelle Unterschiede zwischen Stammesmitgliedern denkbar gering
sind, Gleichheit also großgeschrieben wird, häufig dazu, Fremde zu
verherrlichen, ihnen göttliche Qualitäten zuzusprechen und sie deshalb
sogar zum neuen Oberhaupt des Stammes zu erheben. Ebenso kann es aber
passieren, daß Fremde schon beim Erstkontakt getötet und verspeist
oder eine Zeitlang als Gast in der Stammesgemeinschaft geduldet
werden, um sie dann später vielleicht, wenn ihre Harmlosigkeit
festgestellt wurde, mit Stammesangehörigen zu verheiraten, zu
versklaven oder doch noch zu töten. Aber wie die Reaktion im einzelnen
auch immer ausfallen mag: Insgesamt ist festzustellen, daß archaischen
Gesellschaften aufgrund der ausgeprägten Homogenität ihrer Mitglieder
ein eher unflexibler Umgang mit Fremden eigen ist.

Ganz anders hochkulturelle, geschichtete Gesellschaften, die intern
schon ein beträchtliches Ausmaß an sozialer Ungleichheit aufweisen und
insofern mit der Ungleichartigkeit der Erscheinungs- und
Mitteilungsweise von Personen wesentlich besser vertraut sind. Auch
hier trifft man das zentrale Ritual der Gastfreundschaft an, doch
erfährt es keine stammeseinheitliche, sondern eine je
schichtspezifische Praxis, zumal das Moment des Göttlichen im Laufe
der Jahrhunderte ohnehin an Bedeutung verliert und schließlich ganz
verschwindet. Außerdem finden sich nicht wenige Sonderfunktionen
innerhalb dieser Gesellschaftsgefüge, die bevorzugt an Fremde
übertragen werden, gerade wegen ihrer Nichtzugehörigkeit zur
Gesellschaft, wie die Funktion eines 'neutralen' Vermittlers zwischen
widerstreitenden Gruppierungen oder die Funktion des reisenden
Händlers, der zwar eine konstante, freilich an der Peripherie
angesiedelte Position innehat, da er nur sporadisch anwesend ist und
deswegen eine von seiner Funktion her zwar kontinuierliche, aber keine
von der Zeit her permanente Erscheinung darstellt.3 In jedem Fall ist
der Umgang mit Fremden eher durch Vielfalt und Toleranz
gekennzeichnet, da oftmals mehrere Formen der Einbindung von Fremden
vorgehalten werden, weil auch innergesellschaftlich mehrere Formen
sozialer Ungleichheit vorhanden sind und als vertraut erfahren werden.

Für die moderne Gesellschaft, in der wir leben, ist schließlich
offensichtlich, daß die Begegnung mit Fremden keine Ausnahme mehr
darstellt, sondern zur Regel geworden ist, da wir überwiegend mit
Personen zu tun haben, die wir persönlich nicht kennen und mit denen
wir nicht vertraut sind, im Supermarkt, am Postschalter, in der U-Bahn
-- selbst wenn es sich überwiegend nur um Deutsche, Franzosen oder
Italiener handeln sollte, je nach Heimatland. Denn in der modernen
Gesellschaft wird die Abweichung zur Norm, das Individuum zum Kult;
was heute zählt, ist der feine Unterschied, die Inszenierung von
Individualität, auch wenn die Unterschiede nicht weiter ins Gewicht
fallen mögen. Hinzu kommt die enorme Mobilität und Migration weltweit,
ob legal oder nicht. Dementsprechend bietet der öffentliche Raum ein
buntes Nebeneinander an Sprachen, Hautfarben, Moden, Trachten,
Konfessionen, Lebensstilen, ohne daß eine Leitkultur erkennbar wäre,
die dem Ganzen noch ihren unverwechselbaren Stempel aufdrücken könnte
-- was genau deshalb zum öffentlichen Skandal wird.

Angesichts dieser Alltagserfahrung spricht Alois Hahn von der
"Generalisierung der Fremdheit"4, einem Sachverhalt, der sicherlich
nur für unsere Gesellschaft typisch ist -- wenngleich uns gerade
dieser Umstand wiederum nur allzu vertraut sein dürfte. Denn
Generalisierung der Fremdheit bedeutet auch: die Veralltäglichung der
Erfahrung des Fremden und damit eine paradoxe Vertrautheit mit dem
Unvertrauten. Mit dieser Vertrautheit des Unvertrauten befinden wir
uns aber am (vorläufigen) Endpunkt einer Entwicklung, da die eigene
Kultur den Status des Einmaligen längst verloren hat und sich nurmehr
der ständigen Vergleichbarkeit mit anderen ausgesetzt sieht -- mit der
ernüchternden Konsequenz der Unmöglichkeit der Letztbegründung einer
Leitkultur, die alle überzeugt, ohne Gewalt anzutun.


Der Mensch

Wenn der Status des Einmaligen einer Kultur abhanden kommt, weil
zunehmend mehr Kulturen für sich selbst und vor anderen das Recht
beanspruchen, einmalig zu sein, verschwimmt die klare Unterscheidung
zwischen Eigenem und Fremdem allmählich. Sicherlich gibt es weiterhin
Fremde, vor allem Ausländer und solche, die so aussehen; doch wird es
zusehends schwieriger, die Besonderheit der eigenen Kultur noch
eindeutig auf den Begriff zu bringen, ohne Zirkelschluß oder nur um
den Preis des Dogmatischen. Denn schon der Nachbar nebenan mag einem
fremder sein als ein Kollege irgendwo im Ausland. Dadurch zerfällt die
Welt aber schrittweise in Individuen, die sich kaum noch größeren
Gruppen zurechnen lassen, um dadurch vertrauter zu werden. Zugleich
hat man gelernt, mit der ständigen Begegnung von Fremden umzugehen,
weil es nicht mehr notwendig ist, den anderen auch persönlich zu
kennen, um sich mit ihm verständigen zu können.

Wenn der Unterschied zwischen Eigenem und Fremdem kleiner wird, nimmt
die Ähnlichkeit zwischen den beiden Seiten dieser Unterscheidung zu.
Damit stellt sich aber die Frage, worin diese Ähnlichkeit eigentlich
besteht, ist es zuerst ja nur ein Wenigerwerden, und schließlich, wie
sich der Status der Gleichheit am Ende dieser Entwicklung verstehen
läßt. Die Antwort auf diese Frage lautet: Wir alle sind Menschen. Denn
die Semantik des Menschen erfüllt eben diese Funktion, die Gleichheit
der Individuen jenseits ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Kulturen zu
bezeichnen.5 Das Mensch-Sein ist jene Besonderheit, die uns allen
gemeinsam ist. Freilich ist auch dies nur ein Konstrukt, wie schon der
Fremde, was den Realitätsgehalt solcher Konstrukte nicht bestreiten
soll; nur geht es nicht mehr darum, einen Unterschied zu markieren,
der heutzutage immer weniger Orientierung bietet, sondern darum, eine
Gemeinsamkeit zu stiften, die so zuvor undenkbar war. Denn als
Menschen sind wir alle gleich, ungeachtet aller biographischen
Besonderheiten wie Herkunft, Geschlecht, Nationalität, Konfession. Was
früher ausschlaggebend war, tritt jetzt ins zweite Glied zurück, und
trafen früher immer nur füreinander fremde Kulturen aufeinander, so
gehören wir heute alle zur Menschheit, oder um es mit Richard F.
Behrendt zu sagen: "In Wirklichkeit ....kann jetzt nur noch die
Menschheit als universale Integrationsform gelten, und ihr gegenüber
können alle anderen Sozialgebilde nur noch partikularen Raum
beanspruchen."6 Die Menschheit avanciert somit zur ultimativen wie
universalen, die Gattung insgesamt umfassende Kulturformel, die sich
zugleich von jedem einzelnen her bestimmt, von seinem Mensch-Sein.7

Damit soll die Existenz von Unterschieden zwischen Menschen nicht
geleugnet werden, wozu auch. Nur ist festzuhalten, daß im Zuge der
Ausbreitung einer Weltgesellschaft, die den gesamten Planeten umfaßt
und immer mehr Regionen der Welt in die globale Kommunikation mit
einbezieht, die Differenzerfahrung zwar noch zunehmen mag, dadurch an
Vertrautheit aber auch gewinnt und für uns längst zu einer Normalität
geworden ist, mit der jeder schon rechnet, bevor er das Haus verläßt
oder auch nur den Fernseher anschaltet.

Natürlich wird es weiterhin Unterschiede geben, aber sie haben nicht
mehr die Qualität wie früher. Es ist somit nicht davon auszugehen, daß
Unterschiede zwischen Menschen kein Thema mehr sind. Im Gegenteil: Es
hat fast den Eindruck, als würde die Aufmerksamkeit dafür noch ständig
zunehmen, sei es in Fragen der nationalen Einwanderungspolitik, sei es
in Fragen von internationalen Unternehmensfusionen, sei es in Fragen
regionaler Kultur- oder Grenzkonflikte oder schlicht zum Zwecke des
Wahlkampfs. Das Unvertrautsein mit dem Fremden im Einzelfall trotz der
Vertrautheit mit dem Fremden im allgemeinen zeigt sich überall. Doch
wird auch dies schon wieder erwartbar, und es scheint nur noch eine
Frage der Zeit zu sein, und wenn es noch ein paar Jahrhunderte dauern
sollte, bis für alle diese Fragen eine einvernehmliche Regelung
gefunden ist, mit der wir alle -- mehr schlecht als recht, aber
immerhin -- leben können, sofern nicht eine globale Katastrophe der
Geschichte der Menschheit ein abruptes Ende bereitet. Davon aber
abgesehen, zeichnet sich ab, daß zukünftig allein die Menschheit als
Leitkultur übrigbleibt, neben der viele Kleinstkulturen fortbestehen
mögen, ohne ihr je noch den Anspruch auf Vorherrschaft wirksam
streitig machen zu können.


Der Außerirdische

Gesteht man diesen Überlegungen eine gewisse Wahrscheinlichkeit zu,
die sich nicht auf das Endziel, sondern nur den Weg dorthin bezieht,
dann steht zu erwarten, daß wir in einer nicht mehr allzu fernen
Zukunft in einer Weltgesellschaft leben werden, für die es keine
Fremden mehr gibt, da dann alle Fremden füreinander Menschen sind. Als
Menschen sind wir aber alle gleich, und genau das wurde Fremden bisher
bestritten. Mit anderen Worten: Der Menschheit gehen die Fremden aus,
und sie wird wohlmöglich ohne sie auskommen müssen. Unter dem
Gesichtspunkt der Kultur haben wir es dann aber mit einer
"Singularität" zu tun, einem Einzelfall, einem Gebilde sui generis,
das keinen Vorläufer, kein Vorbild, keinen Vergleich kennt -- es ist
nur für sich. Die Menschheit allein im Universum. Bedeutet dies das
Ende der Geschichte?

Wenn es zutrifft, daß sich Identität nur über Differenz bestimmt, daß
erst ein Unterschied es ermöglicht, zu sich selbst zu kommen, sich
seiner selbst bewußt zu werden, bei sich zu sein, dann drängt es jede
Singularität dazu, ihresgleichen zu suchen oder sich zu vergleichen,
um im Vergleich mit einer anderen Singularität sich über sich selbst
klar zu werden. Denn auch Kultur ist kein singulärer Begriff, er
entstand erst über die Erfahrung eines Unterschieds, mithin durch
Differenzerfahrung, und macht nur im Plural Sinn.8 Das bedeutet aber,
daß die Menschheit auf die Suche nach anderen Gattungen wird
aufbrechen müssen, mit denen sie sich dann vergleichen kann, und diese
werden notgedrungen außerirdischer Natur sein (müssen). Insofern
könnte es sein, daß sich die Menschheit in dem Moment, da ihr die
Erfahrung des Fremden gänzlich abhanden kommt, unverzüglich zu neuen
Ufern, sprich: anderen Galaxien aufmachen wird, "um fremde Welten zu
entdecken, unbekannte Lebensformen und neue Zivilisationen." Zumindest
kann man Science fiction-Serien wie Raumschiff Enterprise, der dieses
Zitat aus dem Vorspann jeder Folge entnommen ist, daraufhin deuten,
daß es in ihnen auch darum geht, die Erfahrung des Fremden zu suchen,
um die Erfahrung des Eigenen zu machen.9 Denn für die Menschen in der
Zukunft dürften nur noch Außerirdische in der Lage sein, ihnen jene
Differenzerfahrung zu verschaffen, die für uns heute noch so
alltäglich ist.10 Ob sich die Zukunft dahingehend erfüllen wird,
bleibt ungewiß, bis sie keine mehr ist. Doch falls die Annahme
zutreffen sollte, daß uns Identität nur über Differenz zugänglich ist
und es ohne nicht geht, erscheint dieser Weg unumgänglich. Insofern
wird der Außerirdische dereinst der Fremde aus dem All sein, wie uns
heute der Fremde im Alltag nur allzu vertraut geworden ist.



_______________________
http://www.oekonux.de/


[English translation]
Thread: choxT00010 Message: 1/1 L0 [In date index] [In thread index]
Message 00010 [Homepage] [Navigation]