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[chox] ... globale Prinzipien für eine "Informationsgesellschaft für alle"



Alternative Gipfelerklärung zur Infogesellschaft geplant
 [02.11.2003 14:05 ]

Deutsche Vertreter der Zivilgesellschaft beim World Summit for the Information 
Society (WSIS[1]) befürworten eine alternative Charta für den Weltgipfel in 
Genf. In der Schweiz sollen Mitte Dezember etwa 50 Staats- und 
Regierungschefs zusammenkommen, um globale Prinzipien für eine 
"Informationsgesellschaft für alle" festzuschreiben. Auch Kanzler Gerhard 
Schröder hat sein Kommen avisiert. Doch viele der 
Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die erstmals offiziell in das 
Gipfelgeschehen eingebunden sind, sehen in der ersten Fassung der 
WSIS-Erklärung ein Stück symbolischer Politik: Gut fürs Image und die Show 
vor Weihnachten, aber sonst belanglos. Die NGOs wollen da nicht mitmachen und 
verweisen auf die dringenden Probleme bei der Schaffung einer Informations- 
oder Wissensgesellschaft -- so diese tatsächlich die bereits bestehenden 
"digitalen Klüfte" schließen und allgemeine Kommunikationsrechte der 
Netzbürger garantieren soll. 


"Wir befinden uns in einem Stellungskrieg", brachte Jeanette Hofmann 
"Geländegewinne und Geländeverluste" der NGOs gestern auf einer Tagung[2] der 
Heinrich-Böll-Stiftung zum WSIS in Berlin auf den Punkt. Die Vertreterin der 
Zivilgesellschaft in der deutschen Regierungsdelegation zum Gipfel bedauerte, 
dass sie "in Sachen Inhalte nur Verluste zu melden habe." Es sei naiv gewesen 
zu erwarten, "dass sich die Regierungen unseren Forderungen ganz öffnen", 
erklärte die Politikwissenschaftlerin. In Brüssel sei "ganz Hollywood 
angetreten", um etwa für eine Wahrung der bereits verschärften 
amerikanisch-europäischen Urheberrechtsgesetzgebung[3] und deren Ausdehnung 
auf die Welt Dampf zu machen. Dagegen könnten die Lobby-Amateure der 
Zivilgesellschaft wenig ausrichten.


 Gepunktet hätten die NGOs dagegen auf der "Verfahrensebene", gewann Hofmann 
den langwierigen Verhandlungsprozessen im Vorfeld des Gipfels auch etwas 
Gutes ab. "Es gibt jetzt wenigstens ein eigenes Büro für die 
Zivilgesellschaft in Genf." Auch die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung 
laufe deutlich besser als etwa bei den Debatten um die Netzverwaltung 
ICANN[4]. Insgesamt sei es bereits gelungen, so Hofmann, eine "alternative 
Öffentlichkeit" zu schaffen. Da auch Berlin nicht Flagge zeige und bisher nur 
Modellprojekte wie die Initiative "E-Schools" der Public-Private-Partnership 
Initiative D21[5] hochhalte, unterstütze sie "eine alternative Deklaration" 
mit einer Vision, die auch heikle Themen wie den Nord-Süd-Konflikt und die 
ihm zugrunde liegenden Handelsstrukturen aufgreife.


 Karl-Georg Schon vom Auswärtigen Amt[6] versuchte dagegen den 
Verhandlungsprozess und den geringen Einsatz[7] der Bundesregierung zu 
verteidigen. Obwohl das jüngste Vorbereitungstreffen für den WSIS zu keinem 
unterschriftsreifen Ergebnis[8] geführt hat und Skeptiker bereits eine 
Blockade wie beim Handelsgipfel im mexikanischen Cancun fürchten, ist sich 
der Regierungsvertreter sicher, "dass wir ein ganz vernünftiges Papier 
zustande bringen werden." Dass die deutsche Regierung mit ihren Positionen 
noch hinterm Berg halte, habe rein "verhandlungstechnische" Gründe, bluffte 
Schon. Man wolle vorab nicht alle Karten auf den Tisch legen.


 Der erste inoffizielle Entwurf für eine WSIS-Deklaration aus der Feder von 
Verhandlungsführer Adama Samassékou gibt aber wenig Hoffnung auf einen 
handfesten Gipfelprozess: Er strotzt nur so von Allgemeinplätzen im 
Konjunktiv wie der Feststellung, dass "niemand von den Vorteilen der 
Informationsgesellschaft ausgeschlossen werden sollte". Das "Non-Paper[9]", 
wie Samassékou sein Konstrukt bezeichnet, sei nicht viel mehr wert als ein 
Stück Altpapier, kritisieren Vertreter der Zivilgesellschaft. Verena 
Metze-Mangold, deutsche Vizepräsidentin bei der den WSIS mittragenden 
UNESCO[10], vertrat gar die Ansicht, dass nur ihre Organisation mit echten 
Papieren nach Genf reise. So habe man sich etwa nach acht Jahren auf eine 
Erklärung für den Cyberspace und eine Charter on the Preservation of Digital 
Heritage[11] geeinigt.


 Den NGOs empfahl Metze-Mangold, einen parallelen Prozess zu wagen. Er könne 
auf dem Fortsetzungsgipfel im November 2005 in Tunis Eingang in die 
offiziellen Verlautbarungen finden. Auch Annette Mühlberg von der 
Gewerkschaft ver.di[12] favorisiert die Zweigleisigkeit. Nur so könne 
verhindert werden, dass Computerinfrastrukturen in die Hände von Monopolen 
gelegt würden. Zudem ließe sich sonst nicht das "gigantische Defizit" füllen, 
das die momentane Erklärung bei Fragen der Überwachung, der Meinungsfreiheit 
und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz habe. (Stefan Krempl) / 
(se[13]/c't)


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  http://www.heise.de/newsticker/data/se-02.11.03-002/

Links in diesem Artikel:
  [1] http://www.itu.int/wsis/
  [2] http://www.worldsummit2003.de/de/web/494.htm
  [3] http://www.heise.de/newsticker/data/ad-12.09.03-000/
  [4] http://www.icann.org/
  [5] http://www.initiatived21.de/
  [6] http://www.auswaertiges-amt.de/
  [7] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-24.10.03-005/
  [8] http://www.heise.de/newsticker/data/anw-26.09.03-006/
  [9] http://www.itu.int/wsis/documents/doc_multi.asp?lang=en&id=1031%7C1033
  [10] http://www.unesco.org/
  [11] http://portal.unesco.org/ci/ev.php?URL_ID=13366&URL_DO=DO_TOPIC&URL_SECTION=201&reload=1067768602&PHPSESSID=04a5a310fc21a866feceb29a874cc3e1
  [12] http://www.verdi.de/
  [13] se ct.heise.de 


 

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