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"Beunruhigend sind freilich vor allem die Umstände, die den Wandel in der spanischen Außenpolitik herbeigeführt haben", notiert die tschechische Zeitung LIDOVE NOVINY. "Das Ganze ist ein Warnsignal, weil Madrid nicht die letzte Metropole sein muss, in der ein solches Szenario Erfolg haben könnte. Bald könnten weitere Regierungen des 'neuen Europas' an der Reihe sein. Als erste würden sich Großbritannien, Italien und Polen anbieten. Auch in diesen Ländern hat die Bevölkerung mehr oder weniger größere Vorbehalte gegen die Irak-Politik ihrer Regierung. Es ist nicht schwer vorstellbar, dass die Terroristen auch in London oder Rom auf ähnliche Weise die Wahlpräferenzen beeinflussen könnten wie in Madrid. So könnte den Terroristen paradoxerweise eben jener Domino-Effekt gelingen, den die Amerikaner durch die Demokratisierung des Irak im Nahen und Mittleren Osten bewirken wollten", analysiert LIDOVE NOVINY aus Prag. "Spaniens Tyrann Franco ist zwar schon fast dreißig Jahre tot. Aber in dem bisherigen Regierungschef Aznar hat er doch noch einen Musterschüler hervorgebracht. Wie dieser vorgebliche Demokrat zuletzt versucht hat, Macht über Moral und Recht zu stellen, das kannte man bisher nur von Diktatoren. Aznars Desinformation der Medien nach den Attentaten von Madrid ist dabei nicht einmal der Gipfel des Skandals. Medien haben die Pflicht, allen zu misstrauen, auch dem eigenen Regierungschef, insbesondere, wenn der im Wahlkampf ist. Wenn sie auf ihn hereinfallen - selbst schuld. Dass Aznar aber offenbar auch EU-Partner über die Urheberschaft der Anschläge anlügen ließ, das ist nahezu kriminell. Was wäre, wenn El Kaida auch in London oder Paris hätte zuschlagen wollen?" fragt die BADISCHE ZEITUNG. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU stellt fest, wirkliche Stärke im Kampf gegen Terror vertrage sich mit dem Kalkül der Macht nicht: "Aznar und sein konservativer Nachfolgekandidat Rajoy haben nämlich eine Stärke nicht besessen: dem Wahlvolk nach dem Massenmord von Madrid die Wahrheit so weit zu sagen, wie sie konnten. Sie haben die Presse, befreundete Dienste und sogar den UNO-Sicherheitsrat mit der ETA-These geimpft, weil sie glaubten, damit an der Macht bleiben zu können. Sie haben ein furchtbares Massaker missbraucht für ihr Wahlkalkül. Sie haben verloren, weil sie den Sieg herbeilügen wollten, und deshalb sind sie jetzt mitverantwortlich, wenn es jetzt heißt, El Kaida habe den Sturz einer Regierung herbeigebombt", betont die FRANKFURTER RUNDSCHAU. --------------- "Aznar hat zu Tricks gegriffen, die an Unverfrorenheit nicht zu überbieten sind", finden auch die LÜBECKER NACHRICHTEN: "Die Quittung hat er bekommen. Als die Wahrheit noch vor dem Urnengang nach und nach ans Licht kam, lief das Fass über. Denn es war nicht nur die falsche ETA-Spur, die zum politischen Wechsel in Spanien führte. Aznars Arroganz der Macht, das Herunterspielen der galizischen Ölkatastrophe und die Ignoranz gegenüber der strikt ablehnenden Haltung der Bevölkerung zum Irak-Konflikt führten zum Triumph der Sozialisten", halten die LÜBECKER NACHRICHTEN fest. --------------- "Wenn eine Regierung lügt, wird sie abgewählt", konstatiert die MANILA TIMES aus den Philippinen. "Dieses Vergehen ist unverzeihlich. Als deutlich wurde, dass es einen Plan gab, die Wahrheit zu vertuschen, hat das spanische Volk ein deutliches Votum für die Sozialisten abgegeben. Aber schon vorher war Aznars Regierung eine lahme Ente, die sich aus einer Minderheitenposition heraus am Irak-Krieg beteiligte. Für die Unterstützung von US-Präsident Bush gab es im Volk kaum Zustimmung. Und als Aznar nach den Anschlägen die Schuld unbedingt der baskischen ETA zuweisen wollte, bedeutete das für ihn das Aus", bilanziert THE MANILA TIMES. JORNAL DO BRASIL kritisiert den spanischen Regierungschef: "Aznar ist der Versuchung erlegen, die Attentate von Madrid für den Wahlkampf zu missbrauchen, aber die Wahrheit war stärker. Die unabhängige Presse hat dieses Vorhaben verhindert, und so ist die Volkspartei bei den Wahlen gescheitert. Diese Episode aus Spanien zeigt, wie kompliziert das Verhältnis zwischen der freien Presse und der Staatsmacht immer wieder ist. Freie Medien sind der Sauerstoff der Demokratie, aber Regierungen neigen immer wieder dazu, Informationen zu manipulieren, ohne die Macht der Medien und ihre Bedeutung für den politischen Prozess in ihre Erwägungen einzubeziehen", merkt das JORNAL DO BRASIL aus Rio de Janeiro an. "Mit der Invasion des Irak wurde kein einziger Terrorist der El Kaida erwischt oder geschwächt. Der Organisation wurde höchstens neuer Sinn eingehaucht und frischer Zulauf verschafft. Und im Irak selbst sind die USA mit Kräften konfrontiert, deren Ziel die Vertreibung der Besatzer ist und die dabei bereits wesentlich mehr Iraker als Ausländer umgebracht haben. Insofern können die spanischen Sozialisten - abgesehen davon, dass sie das Abzugsversprechen bereits vor den Attentaten gemacht haben - beruhigt sein: Die spanischen Truppen verteidigen im Irak ganz bestimmt nicht den Westen vor El Kaida", unterstreicht DER STANDARD. _______________________ http://www.oekonux.de/
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