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[chox] TELEPOLIS: Informationsfreiheit, selbst gebacken



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Informationsfreiheit, selbst gebacken

Annette Hauschild und Helmut Lorscheid   02.04.2004 

Weil Rot-Grün nicht handelte, haben Bürgerrechtsorganisationen und 
Journalistenverbände selbst einen Entwurf für ein IFG verfasst, der 
heute vorgelegt wird 

Seit 1998 versprechen SPD und Bündnis 90/Die Grünen dem Wahlvolk ein 
Informationsfreiheitsgesetz - also das Recht, der Regierung und 
Bürokratie in die Akten schauen zu dürfen. Seit 1998 wird immer wieder 
erzählt, es würde bald kommen (vgl.  Neuauflage 
Informationsfreiheitsgesetz [1]). 

In der ersten Wahlperiode wurde nichts daraus und in der 15. 
Wahlperiode ist auch bereits Halbzeit. Insbesondere das Wirtschafts- 
und Verteidigungsministerium haben sich immer wieder als Blockierer 
eines Bundes-IFG hervorgetan (vgl.  Bananenrepublik Deutschland [2]). 

Jetzt haben jene Organisationen, die seit Jahren für ein 
Informationsfreiheitsgesetz auf Bundesebene (IFG) kämpfen, netzwerk 
recherche, Deutsche Journalisten Verband, Deutsche Journalistinnen- - 
und Journalisten Union, Humanistische Union und Transparency 
International einen eigenen  Entwurf [3] für ein solches Bundes-IFG 
geschrieben und am 2. April 04 Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse 
überreicht. Artikel 1 des Gesetzentwurfs definiert als Zweck dieses 
Gesetzes 

 den freien Zugang zu den bei den öffentlichen Stellen des Bundes 
vorhandenen Informationen sowie die Verbreitung dieser Informationen zu 
gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter 
denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen.   
 Quelle (voraussichtlich ab 13 Uhr verlinkt) [4]   

Als Informationen werden "alle in Schrift-, Bild, Ton- oder in 
Datenverarbeitungsform oder auf sonstigen Informationsträgern 
festgehaltenen Inhalte, Mitteilungen und Aufzeichnungen" genannt; als 
Behörden "alle Stellen im Sinne des § 1Abs. 4 des 
Verwaltungsverfahrensgesetze, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung 
wahrnehmen, auch die Bundesregierung"; als Öffentliche Stellen "alle 
Behörden... sowie alle Einrichtungen, die mit der Wahrnehmung 
öffentlicher Aufgaben betraut sind, und der Kontrolle oder einer 
vergleichbaren Einflussnahme von Behörden unterliegen." 

Als "Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben" wird "auch die fiskalische 
Tätigkeit sowie die Beratung von öffentlichen Stellen und sonstiger 
Dienstleitungen für öffentliche Stellen" definiert. In der Begründung 
heißt es dazu: 

 Es genügt, wenn eine Einflussnahme des Bundes besteht. Der Bund muss 
beispielsweise nicht über eine absolute Mehrheit der Anteile verfügen. 
Die Vorschrift soll einer informationsrechtlichen ?Flucht ins 
Privatrecht' vorbeugen. Zugänglich bleiben (bzw. werden) sollen 
jedenfalls Informationen bei Einrichtungen wie der Telekom AG und der 
Deutschen Bahn AG   

Der "Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen" wird in einem 
eigenen, dem Paragraphen 12 gewährleistet. Dort wird auch klargestellt, 
was nicht unter diesen Schutz fallen soll, das sind 

    
Angaben über Emissionen;  
Angaben über Gesundheitsgefährdungen;  
Angaben über Erzeugnisse im Sinne des Lebensmittelhygiene- und 
Bedarfsgegenständegesetzes  
Angaben über Empfänger und Höhe öffentlicher Fördermitte  
Angaben über Bieter und die Höhe der Gebote bei Ausschreibungen durch 
öffentliche Stellen (...)  
Angaben über Auftragnehmer und vereinbarte Preise bei freihändig 
vergebenen Aufträgen öffentlicher Stellen     

Damit würde das IFG einen wirksamen Beitrag gegen Korruption und 
Bestechlichkeit leisten (vgl.  Transparenz versus Korruption [5]). 

Der "Schutz öffentlicher Belange und der Rechtsdurchsetzung" wird im 
vorgelegten Entwurf sehr eng formuliert. So heißt es in § 9, Absatz 1:  

 Der Anspruch auf Zugang zu Informationen besteht nicht, soweit und 
solange das Bekanntwerden der Informationen die internationalen 
Beziehungen, die Landesverteidigung oder die innere Sicherheit 
schädigen würde.   

Gleiches gilt für die Gewährleistung eines anhängigen 
Gerichtsverfahrens oder Disziplinarverfahrens. Auch darf die 
Bekanntgabe von Informationen nicht den Erfolg eines strafrechtlichen 
Ermittlungsverfahrens gefährden. 

Kosten sollen nur für die Überlassung und Übersendung von Kopien von 
Informationsträgern in Rechnung gestellt werden, wobei die ersten 100 
Fotokopien, die erste Diskette sowie die erste CD-Rom kostenfrei 
bleiben sollen. 

In einigen Kommunen, in denen bereits ein landesweites IFG gilt, hatte 
man mehrfach versucht, den Informationszugang der Bürger über die 
Gebührenordnung zu beschränken So hatte die Stadt Bonn versucht, mit 
exorbitanten Gebühren das Interesse ihrer Bürger an den nicht seltenen 
Mauscheleien in der Verwaltung zu zügeln (vgl.  Transparenz versus 
Korruption [6]). 

Erfahrungen aus NRW 

Das IFG in NRW, vor zwei Jahren vom Landtag beschlossen, überlässt den 
kommunalen Verwaltungen die Entscheidung über die Herausgabe von Akten 
zur Einsicht, und die Verwaltung erhebt dann Gebühren. Verweigert die 
Verwaltung die Einsichtnahme, bleibt den Antragstellern der - 
allerdings recht kostspielige - Rechtsweg vor Verwaltungsgerichten. 

In der Praxis muss sich erst noch erweisen, wie weit die 
Einsichtsrechte gehen können (vgl.  Informationsfreiheit in NRW kaum 
gefragt [7]) 

Eigentlich soll das IFG ja dazu dienen, Verwaltungsvorgänge für die 
Bürger transparenter zu machen. Genau das scheinen aber Kommunen zu 
befürchten. So geschah es in Dormagen im Kreis Neuss. Dort wollten 
Bürger wissen, wer dem Bürgermeister die neue Amtskette gespendet 
hatte. Die Verwaltung verweigerte die Einsichtnahme mit dem Hinweis 
darauf, dass die Spender um Anonymität gebeten hätten. Nun klagt einer 
der Bürger vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf. Einer der 
Antragsteller reichte daraufhin vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf 
Klage nach dem IFG ein. Dieser Fall könnte sich zu einem Paradebeispiel 
für die Praxis der Anwendung des IFG in Nordrhein-Westfalen entwickeln, 
meint Rechtsanwalt Adolf Robert Pamatat, der den Kläger anwaltlich 
vertritt. Weil das Gesetz noch relativ neu ist, gibt es zur Zeit erst 
wenige Entscheidungen von Verwaltungsgerichten in solchen Fragen. Die 
Kammer wisse um die Bedeutung dieser Entscheidung, so Pamatat. 

Zu den bisherigen Erfahrungen mit dem IFG in NRW veranstaltet die Grüne 
Landtagsfraktion am 30.4.2004 im Landtag NRW ein Fachgespräch. Dort 
wird auch die bisherige Informationsverweigerung zur "Dormagener 
Amtskette" thematisiert. 

Links 

[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/frei/14922/1.html
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/frei/12689/1.html
[3] http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/IFGNeufassung_040402.pdf
[4] http://www.transparency.de/2004-03-23_IFG.392.0.html
[5] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/frei/12185/1.html
[6] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/frei/12185/1.html
[7] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/frei/12186/1.html

Telepolis Artikel-URL: 
http://www.telepolis.de/deutsch/special/frei/17110/1.html 

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