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Message 00822 [Homepage] [Navigation]
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[chox] Ein Ihnen empfohlener Artikel aus der jungen Welt vom 21.04.2004



LiebeR ,
dieser Artikel aus der jungen Welt vom 21.04.2004 wird Ihnen empfohlen von Stefan Meretz.

DDR?
Verhoekertes Volkseigentum: Die Markenrechte an DDR-Staatsemblem, SED-, FDJ- und MfS-Abzeichen kosteten den Karlsruher Manfred Jansen 300 Euro
                           Robert Allertz

"Mir gehoert jetzt die DDR!" So titelte am Samstag die Bild. Der Mann, der das behauptet, heisst Manfred Jansen und lebt in Karlsruhe. Der (Ost-) Berliner Kurier schoss am Montag zurueck: "Wessi, rueck den Hammer raus!" Es sieht so aus, als habe der Boulevard den Kalten Krieg eroeffnet, nachdem vor Wochenfrist der Spiegel den Sender Gleichwitz ueberfallen hatte: "1 250 Milliarden Euro. Wofuer? Wie aus dem Aufbau Ost der Absturz West wurde." Doch lassen wir mal das Allgemeine, den Ost-West-Konflikt, beiseite und wenden uns dem Konkreten zu. 



Im Vorjahr liess sich Manfred Jansen (52) aus Karlsruhe beim Deutschen Patent- und Markenamt in Muenchen diverse DDR-Insignien fuer 300 Euro markenrechtlich schuetzen. Dazu gehoeren das DDR-Emblem, die Abzeichen von SED und FDJ sowie des MfS. Die Sache wurde erst dieser Tage publik, als die Widerspruchsfrist verstrichen war und Jansen sich ans Kassieren machte. All jene, die sich "seines" Eigentums bemaechtigt hatten und etwa Hammer, Zirkel und Aehrenkranz mit dem Kuerzel DDR verwandten, bekamen Post von Jansen. "Sie vertreiben T-Shirts mit dem DDR-Zeichen. Hiermit moechte ich Sie nochmals darauf hinweisen, dass das besagte Logo als Marke auf meinen Namen beim Deutschen Patent- und Markenamt fuer die Klassen 06, 09, 16, 24, 25 und 34 eingetragen und veroeffentlicht ist. Die Marke steht seitdem in Kraft. Ich moechte hoeflichst anfragen, aufgrund welchen besseren Rechtes Sie sich in der Lage sehen, meine Exklusivrechte nicht zu beachten."



Nun moechte man hoeflichst anfragen, wer hier gegen den Hammer gelaufen ist. Ein vermeintlich cleverer Geschaeftsmann in Karlsruhe, der sich unter den Nagel riss, was ihm nicht gehoerte, oder das Patent- und Markenamt in Muenchen, das den Diebstahl behoerdlich legitimierte? Vielleicht sogar die untaetige Bundesregierung, die ja laut Einigungsvertrag Rechtsnachfolger und damit de jure Eigentuemer der gesamten DDR geworden war. Lassen wir aber diese Spitzfindigkeit beiseite und sparen uns den haemischen Hinweis, hier sei ein Dieb bestohlen worden, nicht die DDR und ihre Erben. Uns kann man nicht mehr nehmen, was uns bereits per Staatsvertrag geklaut wurde. Dennoch: Wahren wir die Form. Der Bundestagspraesident, auf diese Sachlage schriftlich hingewiesen und zur Tat aufgefordert, liess erklaeren, dass er an dieser Sache nicht interessiert sei. 



Auch diese Auskunft ueberraschte wenig und erklaerte so manches. 



Vielleicht steckt sogar eine Berlin-Muenchner Strategie dahinter? Es gibt kaum eine wirksamere Methode, ungeliebte Symbole aus dem Verkehr zu ziehen, als diese mit einer zusaetzlichen Abgabe zu belegen. Und anderes bewirkt ein solches Patent nicht. Wenn die verschlungenen Haende Geld kosten, moechte sie keiner mehr als Bonbon am Revers tragen ?  



Gleichwohl: Die Unverschaemtheit verlangt nicht nur mediale Aufgeregtheit, sondern eine gebuehrende Antwort. Wer uns DDR-Erben mit Hilfe des deutschen Rechts ueber den Tisch ziehen moechte, sollte mit den gleichen Waffen zur Strecke gebracht werden. Dr. Matthias Oehme aus Berlin stellte Strafantrag gegen Jansen und Dr. Schade, den Praesidenten des Deutschen Patent- und Markenamtes. Verleger Oehme sieht sich schon deshalb in der Pflicht, weil der Schoepfer des DDR-Emblems, der im Vorjahr verstorbene Heinz Behling, Autor des von ihm gefuehrten Eulenspiegel Verlages war. Ganz klar: Mit der Vergabe des Patents wurde Urheberrecht gebrochen. Folglich muss Jansens Patent geloescht und das DDR-Emblem wieder zu Volkseigentum gemacht werden.



Zweitens wohnt der Verwendung staatlicher Symbole durch Privatpersonen das Moment der Amtsanmassung und Irrefuehrung inne. Diesen Verstoss gegen die oeffentliche Ordnung genehmigt zu haben, ist mithin sittenwidrig. Auch dafuer sollten Jansen und Schade vor den Kadi.



Drittens schliesslich stellte Oehme Strafanzeige wegen der kommerziellen Nutzung verfassungsfeindlicher Symbole. Offenkundig muss man wieder einmal daran erinnern, dass das Verbot der FDJ 1951 in der Bundesrepublik bis dato nicht aufgehoben ist. Es gilt im Westen unveraendert, die seinerzeit deshalb Verfolgten sind nicht rehabilitiert. Wie darf man also schuetzen, was verboten ist? 



Im uebrigen hatte das Deutsche Patent- und Markenamt mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 einen vergleichbaren Markenschutz-Antrag eines T-Shirt-Herstellers abschlaegig beantwortet. Im unverstaendlichen Fachchinesisch hatte es geheissen: "Die Darstellung des Wappens der DDR untermalt die beschreibende Aussage ?DDR? sinngemaess. Die graphische Ausgestaltung ist daher nicht hinreichend eigenwillig und praegnant, als dass sie geeignet waere, die beanspruchten Waren hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem Unternehmen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden und das Freihaltebeduerfnis der Marke zu beseitigen. Die Eintragung der angemeldeten Marke kann aus den vorgenannten Gruenden nicht in Aussicht gestellt werden."



Vermutlich hatte der abgewiesene Antragsteller Entscheidendes uebersehen: Er wohnte nicht in Karlsruhe, sondern in Berlin, vormals Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik.


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