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Message 00928 [Homepage] [Navigation]
Thread: choxT00928 Message: 1/1 L0 [In date index] [In thread index]
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[chox] heise online: WOS3: Creative Commons als Geheimwaffe der Künstler im Copyright-Krieg



Diese Meldung aus dem heise online-Newsticker wurde Ihnen von "HS
<helmuth.s gmx.li>" gesandt. Wir weisen darauf hin, dass die
Absenderangabe nicht verifiziert ist. Sollten Sie Zweifel an der
Authentizität des Absenders haben, ignorieren Sie diese E-Mail bitte. 
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WOS3: Creative Commons als Geheimwaffe der Künstler im Copyright-Krieg

Dramatische Töne schlug Lawrence Lessig[1], Rechtsprofessor an der
Stanford University, am Freitagabend auf der Wizard of OS 3 (WOS[2]) in
Berlin an: "Niemals in unserer Geschichte befanden sich mehr
Kontrollrechte in den Händen so weniger Menschen", sagte der prominente
Aktivist für eine Rückbesinnung auf die ursprünglichen Werte des
Urheberrechts. Im Blick hatte er dabei die Datenherren in der
US-dominierten Film- und Musikindustrie, die seiner Meinung nach zuviel
Macht über die Kultur der Menschheit erlangt haben und zu einer Art
Copyright-Mafia verkommen sind.

Dass sich das System Hollywood nun in einem "terroristischen" und
"kriminellen" Kampf gegen "unsere Kinder" befindet, empört Lessig über
alle Maßen. Die digitale Generation des 21. Jahrhunderts sieht dem
Vordenker zufolge Kultur nicht nur als etwas, das es zu konsumieren
gelte, sondern will aus ihren Versatzstücken immer sofort Neues
erschaffen. Lessig spricht von einer freien "Remix-Kultur[3]" im
Gegensatz zur Kultur der Couch-Potatoes des 20. Jahrhunderts, auf die
es die Musik- und Filmindustrie aber immer noch abgesehen hätte. In der
Remix-Kultur liege ein "großes demokratisches Potenzial". Längst habe
sich im Netz von unten eine "Blog-Demokratie", eine
"Peer-2-Peer-Demokratie" herausgebildet, die beispielsweise auch im
Gegensatz stehe auch zu der öffentlichen medialen Kontrollfunktion, wie
sie ein altehrwürdiges Blatt wie die New York Times vertrete.

Doch die IP-Kultur des Datenuniversums, die auf dem Internet Protokoll
aufbaut, befindet sich nicht im Einklang mit dem bestehenden
Rechtssystem und der älteren IP-Kultur zur Durchsetzung der Rechte am
"geistigen Eigentum" (Intellectual Property). Die "Genehmigungskultur"
der analogen Buchwelt, dank der sich aus den Printmedien etwa -- ohne
den Autor zu fragen -- zitieren lässt, funktioniert in der
Multimedia-Mixwelt nicht. Allein für die Erstellung einer CD-ROM über
Clint-Eastwood, auf der kurze Ausschnitte aus dessen 50 Filmen gezeigt
werden sollten, mussten zwölf Anwälte der Macher ein Jahr lang Rechte
abklären, brachte Lessig ein Beispiel für die Schwierigkeiten. Und den
Remix-Künstlern des Videos "Read my Lips[4]", in dem sich US-Präsident
George W. Bush und der britische Premier Tony Blair mit einem Song von
Lionel Ritchie ihre gegenseitigen Liebe gestehen, erteilte das Label
Columbia eine Absage mit der Begründung, dass der Clip "nicht lustig
sei".

Der Copyright-Krieg verursache laut Lessig aber noch schwerwiegendere
Kollateralschäden: Gefährdet seien der Fortschritt, die Innovation, das
Lernen und das wirtschaftliche Wachstum, führte er aus. Die Entwicklung
sei besonders bedrohlich, weil sich die Datenherren daran machen,
präzise Kontrollrechte mit Hilfe von Systemen zum Digital Rights
Management direkt in die neuen Technologien und Netzwerke einzubetten.

Die von den Kreativen selbst gegebene Antwort kann für Lessig nur daran
bestehen, dass sie ihre Werke "mit den Freiheiten markieren", die sie
den Nutzern bieten sollen. Um dies zu ermöglichen, hat der
Jura-Professor die Creative-Common-Lizenz[5] (CC) geschaffen. Auf der
WOS gab er nun den Startschuss für die deutsche Adaption. Ziel der auch
bereits in vier anderen maßgeschneiderten Länderversionen existierenden
Lizenz ist es, einen gigantischen, weltweiten Pool an Werken zu
schaffen, die komplett oder für nicht-kommerzielle Zwecke zum freien
Download und zum Remixen zur Verfügung stehen[6]. Dahinter steht ein
Dreischichten-Modell: Es besteht aus einer allgemeinverständlichen
Darstellung der Lizenz, einer für Anwälte gedachten langen Erläuterung
sowie einer maschinenlesbaren Version. Über diesen Ansatz sei es
möglich, betonte Lessig, den Austausch von Rechten an Inhalten in
verschiedenen Projekten ohne Anwälte automatisch abzuwickeln.

Den Sinn spezifischer Varianten für einzelne Länder und Sprachgruppen
sieht der Jurist unter anderem darin, vor Ort "Community-Prozesse" in
Gang zu bringen und nationale Künstler zur Adaption der Lizenz zu
bewegen. Über diese Schaffung eines internationalen "iCommons" erhofft
sich Lessig dann wieder eine Signalwirkung für die Reform des über die
Stränge schlagenden Copyrights-Systems in den USA. "Machen wir aus den
drei Millionen Links, die schon heute zur Creative-Commons-Site
zurückführen, 100 Millionen", forderte er unter dem Beifall des
Publikums in Berlin.

Dass die Lizenz gerade für viele Kreative handfeste Vorteile hat,
führten Künstler wie der DJ Björn Hartmann aus. Dem Gründer des
Netlabels Textone[7] hilft das CC-Projekt nach eigenen Angaben, seine
Stücke und Remixes zu vermarkten und bekannt zu machen: Er mache sein
Geld eh nicht über den Verkauf von Werken, sondern über seine Auftritte
in Clubs, erläuterte der Protagonist elektronischer Musik. Mit Tränen
der Rührung in den Augen berichtete zudem der Schweizer Michael Grob,
welchen Bekanntheitsgrad ihm die Veröffentlichung seines 90-Minüters
CH7[8] unter CC-Lizenz mit bereits über 70.000 Downloads in anderthalb
Monaten gebracht habe. Der Heise Zeitschriften Verlag, der auch heise
online betreibt, hat sich rechtzeitig zum Start der deutschen Version
ebenfalls offen gezeigt für Tests mit den neuen
Urheberrechtsklauseln[9].

Vor einem übereilten Einsatz der CC-Lizenz in allen kreativen Kontexten
warnte allerdings Thomas Dreier, Leiter des Instituts für
Informationsrecht[10] an der Universität Karlsruhe und Vorstand des
deutschen CC-Projekts. Gerade im Nachrichtengeschäft dürften Verlage
etwa wohl kaum künftig auf Exklusivität verzichten wollen. Für
Journalisten sieht der Experte daher nur begrenzte Einsatzmöglichkeiten
von CC-Lizenzen. Dreier betonte zudem, dass Kreative in Deutschland ihr
prinzipielles "moralisches" Urheberrecht im Gegensatz zum
amerikanischen Copyright-System nicht abtreten können. Es seien daher
einige Feinjustierungen für die deutsche Version etwa bei der
Einbeziehung weiterer Nutzungs- und Verbreitungsrechte nötig gewesen,
erklärte Till Jäger vom Institut für Rechtsfragen der freien und Open
Source Software (ifrOSS[11]), der die Anpassungen vorgenommen hat. Eine
größere Inkompatibilität mit dem hiesigen Recht bleibe aber vorerst
bestehen: Alle Mitglieder der GEMA[12] könnten ihre Werke erst einmal
nicht unter eine CC-Lizenz stellen. Die Verwertungsgesellschaft behalte
sich in ihren bestehenden Verträgen nämlich Alleinvertretungsrechte
ihrer Künstler vor.

Zur Wizards of OS siehe auch:

Wizards-of-OS-Special[13] in Telepolis

UN-Organisation unterstützt Open Source für Städte in Osteuropa[14]
Telepolis-Bücher unter Creative-Commons-Lizenz als freier Download[15]
Freie Suchmaschinen sollen der Monopolbildung entgegenwirken[16]
Heftiger Streit um Urheberrechts-Konventionen der WIPO[17]
Der Kampf ums freie Breitband-Spektrum[18]
Wochenende für Wikipedianer[19]
Creative Commons stellt überarbeitete Lizenzen für geistiges Eigentum
vor[20]

The Future of the Digital Commons[21], Website der Konferenz
 (Stefan Krempl) /
 (jk[22]/c't)

URL dieses Artikels:
  http://www.heise.de/newsticker/meldung/48184

Links in diesem Artikel:
  [1] http://www.lessig.org/
  [2] http://wizards-of-os.org/
  [3] http://free-culture.org/
  [4] http://www.atmo.se/zino.aspx?articleID=399
  [5] http://creativecommons.org/
  [6] http://www.heise.de/newsticker/meldung/47746
  [7] http://www.textone.org/
  [8] http://www.heise.de/newsticker/meldung/46825
  [9] http://www.heise.de/newsticker/meldung/48179
  [10] http://www.zar.uni-karlsruhe.de/iirdreier/
  [11] http://www.ifross.de/
  [12] http://www.gema.de/
  [13] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/wos/default.html
  [14] http://www.heise.de/newsticker/meldung/48176
  [15] http://www.heise.de/newsticker/meldung/48179
  [16] http://www.heise.de/newsticker/meldung/48166
  [17] http://www.heise.de/newsticker/meldung/48158
  [18] http://www.heise.de/newsticker/meldung/48133
  [19] http://www.heise.de/newsticker/meldung/48130
  [20] http://www.heise.de/newsticker/meldung/47746
  [21] http://www.wizards-of-os.org/
  [22] jk ct.heise.de

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