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[chox] heise online: CFP: Vom kafkaesken Schwinden der Anonymität



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13.04.2005 09:39

CFP: Vom kafkaesken Schwinden der Anonymität

Die Konferenz Computers, Freedom & Privacy (CFP[1]) hat es sich dieses
Jahr zum Ziel gesetzt, die immer handgreiflicheren Konturen des
Panoptikums in Form einer digitalen Kontrollgesellschaft sowie mögliche
Auswege aus dem dunklen Szenario aufzuzeigen. Schon am ersten Tag des
noch bis zum Freitag dauernden Stelldicheins der nordamerikanischen
Datenschutzszene in Seattle entwarfen Experten in einem Workshop zum
"Schwinden der Anonymität[2]" das Bild umfassender
Überwachungsbestrebungen von Seiten des Staates und der Wirtschaft.
Pfeiler der durchsichtigen Gesellschaft sind demnach unter anderem
Identifizierungszwänge durch biometrische aufgerüstete
Ausweisdokumente, der Aufbau vernetzter Datenbanken mit detaillierten
Profilen der Konsumenten und Bürger, Mautstraßen, Videoüberwachung,
RFIDs und Architekturen zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM).

Als "kafkaesk" bezeichnete Philippa Lawson vom kanadischen
Datenschutzzentrum (CIPPIC[3]) etwa den Dschungel der "digitalen
Dossier, die über uns bereits auf dem Markt gehandelt werden". Allein
der US-Datenmakler Choicepoint, der jüngst wegen eines spektakulären
Falls von Identitätsdiebstählen in die Schlagzeilen geraten[4] war,
halte über 19 Milliarden Einträge über insgesamt gut 220 Millionen
Verbraucher vorrätig. Die würden hinter dem Rücken der Betroffenen für
"Verifikationszwecke" nicht nur von der US-Regierung in ihrem
Anti-Terrorkampf eifrig abgefragt, sondern auch von Arbeitgebern,
Banken, Versicherungsgesellschaften oder Vermietern. Derlei Datenjäger
machen sich laut Lawson Regulierungslücken im Bereich Datenschutz in
den USA zu Nutze, weil es dort nach wie vor an einer grundlegenden
Gesetzgebung in diesem Bereich mangelt.

Was die US-Behörden selbst an heiklen persönlichen Daten ins Netz
stellen, gehört laut der Juristin Veronica Pinero auf den Prüfstand.
Denn während sich die Regierung in Washington DC bei Auskünften gemäß
dem allgemeinen Akteneinsichtsrecht, dem Freedom of Information Act,
verstärkt zugeknöpft präsentiert, herrscht in den meisten
US-Bundesstaaten eine zur Schau gestellte Offenheit bei der
Anprangerung von Sexual- oder Gewalttätern. Der Staat Washington, in
dem der Tagungsort liegt, bietet etwa online einen weitgehend
unbeschränkten Zugang zu einem entsprechenden Informationscenter[5].
Mit Hilfe Microsofts MapPoint-Lösung können Interessierte dort auf
interaktiven Stadtplänen herausfinden, ob in der Nachbarschaft
entsprechend verurteilte Schwerverbrecher leben. Diese werden mit Name
und Adresse aufgelistet. Firmensites wie Predator Report[6],
ChildSafeNetwork[7] oder Sexual Offenders[8] bieten bundesweit
entsprechende Informationen.

Ein anderes Beispiel für die Realisierung des Panoptikums, das der
englische Philosoph Jeremy Bentham[9] Ende des 18. Jahrhunderts bezogen
auf eine Gefängnisanstalt entwarf[10], ist laut dem kanadischen
Rechtsprofessor Alex Cameron der Zwang zur Anerkennung von
Anti-Kopierschutzmechanismen mittels DRM. Selbst außerhalb eines
solchen Kontrollsystems halten sich die Nutzer ihm zufolge an die
Erwartungen, die durch die Schutzsysteme propagiert werden. Dass sich
der Kampf für mehr Datenschutz und Anonymität häufig frustrierend
gestaltet, erläuterte ferner Catherine Thompson am Beispiel des
Maut-Highways 407[11] bei Toronto. Im Rahmen der
Public-Private-Partnership sei die Betreiberfirma zwar von kanadischen
Datenschutzbeauftragten angehalten worden, eine anonyme Nutzung mit
Hilfe vorbezahlter Chipkarten zu ermöglichen. Die Betreiberfirma habe
sich trotzdem immer wieder Hintertüren offen gelassen, um sich die
persönlichen Daten der den Highway nutzenden Autobesitzer zu
verschaffen.

Auch im Internet haben viele ambitionierte Projekte zur Stärkung der
Anonymität schlicht "keinen Markt gefunden", konstatierte Stephanie
Perrin von der Firma Digital Discretion[12]. Sie erinnerte etwa an das
Scheitern des datenschutzfreundlichen Bezahlsystems DigiCash des
Krypto-Experten David Chaum. "Privacy Enhancing Technologies" kommen
noch nicht vorinstalliert mit einem Standardcomputer, beklagte auch der
Forscher Ian Goldberg. Anonymisierungsprogramme wie Mixminion[13] für
E-Mail, Off-the-Record Messaging (OTR[14]) für Instant Messaging,
WASTE[15] fürs Filesharing oder Privoxy fürs Surfen müsste sich nach
wie vor jeder Anwender selbst besorgen.

Roger Dingledine vom The Free Haven Project ist angesichts der
Nutzungsstatistiken der von ihm mitentwickelten Netzwerksoftware The
Onion Routing (TOR[16]) jedoch optimistisch, dass sich das Erfordernis
zum Spurenverwischen langsam herumspricht: "Wir haben ein
Verkehrsaufkommen in Höhe von 5 bis 10 Megabyte pro Sekunde", freute er
sich über die Nachfrage. Reine Filesharing-Fans müssten da teilweise
schon ausgesperrt werden, um die Ressourcen der angeschlossenen
Netzpartner nicht zu überlasten. Auch Firmen wie Google würden
mittlerweile auf TOR setzen, um Konkurrenten keine wertvollen
Informationen in die Hände zu spielen. Kriminelle hätten dagegen auch
ohne die verteilte Anonymisierungslösung die Möglichkeit, um ihre
Spuren zu verwischen. (Stefan Krempl) /
 (jk[17]/c't)

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  [4] http://www.heise.de/newsticker/meldung/57117
  [5] http://ml.waspc.org/Accept.aspx?ReturnUrl=%2findex.aspx
  [6] http://www.predatorreport.com/
  [7] http://childsafenetwork.org/signup.php
  [8] http://www.sexualoffenders.com/
  [9] http://www.utilitarian.net/bentham/
  [10] http://cartome.org/panopticon1.htm
  [11] http://www.407etr.com/
  [12] http://www.digitaldiscretion.ca/
  [13] http://www.mixminion.net/
  [14] http://www.cypherpunks.ca/otr/
  [15] http://waste.sourceforge.net/
  [16] http://tor.eff.org/
  [17] jk ct.heise.de

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