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[chox] ... der produktivste Autor der Online-Enzyklopädie Wikipedia




König von Wikipedia

Simon Pulsifer ist der produktivste Autor der Online-Enzyklopädie

Von Bernadette Calonego

Toronto - Simon Pulsifer hat keine Hemmungen, sich als "Nerd" zu bezeichnen, als Stubenhocker und Streber also. Ohne diese Eigenschaft wäre er wohl nicht der produktivste Autor der Internet-Enzyklopädie Wikipedia geworden, bei der jeder Surfer mitschreiben darf. Der 24-jährige Kanadier hat bis heute fast 3000 Eigenbeiträge zu bestimmten Stichwörtern verfasst und mehr als 80 000 fremde Einträge auf wikipedia.org überarbeitet. Wie viele es ganz genau sind, weiß er nicht - irgendwann hat er aufgehört zu zählen. Natürlich arbeitet Simon Pulsifer, der gerade sein Geschichtsstudium abgeschlossen hat, wie alle Wikipedianer: freiwillig und ohne Lohn. Wie alle Autoren der Enzyklopädie schreibt er auch nicht seinen vollen Namen unter die Beiträge; er setzt lediglich ein Simon P. darunter.

Der besessene Einsatz für das rasant expandierende Lexikon - früher arbeitete Pulsifer fast zehn Stunden pro Tag daran - hat ihn vom anonymen Computerfreak zur Online-Prominenz geadelt. Im wirklichen Leben ist Pulsifer eine unscheinbare Person: Er kennt keine Hobbys außer Wikipedia, treibt keinen Sport, hat keine Freundin und lebt noch bei seinen Eltern in Kanadas Hauptstadt Ottawa. Unter den Wikipedianern aber ist der Kanadier der unerreichte Champion: "Alle vergleichen sich mit ihm", sagt Wayne Seawyc, Sprecher der Wikimedia Foundation, zu der Wikipedia gehört. "Von ihm stammen nicht nur die meisten Einträge, sondern sie sind auch von höchster Qualität."

Es ist nicht der Autorenruhm, der ihn reizt, sondern die kostenlose, weltweite Verbreitung der Information an Menschen, die sonst keinen Zugang dazu hätten. "Ich finde es faszinierend, dass Millionen sofort lesen können, was ich geschrieben habe", sagt er. Die Webseite von Wikipedia (wiki wiki heißt schnell auf Hawaiianisch) gehört heute zu den 20 populärsten Internetseiten weltweit, insgesamt sind dort vier Millionen Einträge verfügbar. Und Pulsifer ist auf dem besten Weg, eine internationale Kultfigur zu werden, auch wenn ihm das eher peinlich ist. Die kanadische Zeitung The Globe and Mail bezeichnet ihn als "König von Wikipedia", und für den Ottawa Citizen ist er der "Wikipedia Wonderboy".

Simon Pulsifer ist schon immer aus dem Rahmen gefallen. Als 14-Jähriger vergnügte er sich nicht auf dem Skateboard, sondern inszenierte im Haus eines Freundes die Friedenskonferenz von Jalta im Jahre 1945 - Pulsifer verkörperte Stalin. Später erfand er eigene Computerspiele. An der Universität glänzte der Sohn einer Bibliothekarin als Sieger im Wissensspiel Trivial Pursuit. Dann entdeckte er das vom Amerikaner Jimmy Wales gegründete Internetlexikon Wikipedia.

Panama, Marshall und die Bibel

Sein erster Beitrag vor fünf Jahren befasste sich mit dem Panama-Kanal. Seither schrieb er unter anderem Artikel über die Militärgeschichte Kanadas, die Renaissance oder über Bibelverse. Nach seinem Studium arbeitete er von früh bis spät für Wikipedia; es war wie eine Sucht. Heute sind es bis zu zwei Stunden täglich. Mehr Zeit hat er nicht, weil er als Wahlhelfer eines kanadischen Politikers im Einsatz ist. Pulsifer prüft aber ständig nach, ob jemand etwas an seinen Einträgen verändert hat. Nicht allen gehe es dabei um Fakten, manchmal werkelten auch "Vandalen" in seinen Texten herum. Immer wieder kritisieren Experten, dass in Wikipedia-Artikeln Fehler und Manipulationen zu finden seien. Pulsifer sagt, dass auch ihm schon Fehler passiert sind, auch wenn sein oberstes Ziel Genauigkeit sei.

Bei der jährlichen Wikipedia-Konferenz in Boston im August stellte Simon Pulsifer fest, dass die meisten Wikipedianer sind wie er: Anfang 20, männlich, weiß, gut gebildet und westlich. In seinen Augen sollte Wikipedia noch demokratischer werden. Daher konzentriert er sich jetzt vor allem auf Beiträge über Afrika, da er diesen Kontinent bei Wikipedia für völlig unterrepräsentiert hält. Er denkt ständig darüber nach, wie die Enzyklopädie verbessert werden kann. Auch für sich selber hofft er auf Verbesserungen: "Ich möchte eine Freundin haben und nicht mehr bei den Eltern wohnen." Wie man das anstellt, darüber gibt allerdings selbst Wikipedia keine Auskunft.

Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.212, Donnerstag, den 14. September 2006 , Seite 9
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