Die hier archivierte Mail kann, muss sich aber nicht auf den Themenkomplex von Oekonux beziehen.
Insbesondere kann nicht geschlossen werden, dass die hier geäußerten Inhalte etwas mit dem Projekt Oekonux oder irgendeiner TeilnehmerIn zu tun haben.
Message 01982 | [Homepage] | [Navigation] | |
---|---|---|---|
Thread: choxT01982 Message: 1/2 L0 | [In date index] | [In thread index] | |
[First in Thread] | [Last in Thread] | [Date Next] | [Date Prev] |
[Next in Thread] | [Prev in Thread] | [Next Thread] | [Prev Thread] |
Hallo Stefan und Jac, Stefan Meretz wrote:
Ok, dann empfehle ich diese einschlägige Referenz, die du bestimmt in der Uni-Bibliothek bekommen kannst: Ute Holzkamp-Osterkamp, Motivationsforschung 2, Campus, 1976. ...
Danke für den Hinweis. Am Freitag hatte ich, nach unserer WAK-Leipzig-Runde zu "Christ sein heute", noch Gelegenheit mit Kurt Fleming (Stirner-Archiv Leipzig) kurz zu dem Thema zu sprechen. Er machte darauf aufmerksam, dass es da Ost- und Westausgaben gäbe, die gerade an der Stelle differierten. Weißt du da was Näheres?
Eine explizite Auseinandersetzung um diese Theorien halte ich in dieser Liste dennoch für off-topic. Deswegen habe ich mich nie zur Psychoanalyse geäußert. Stattdessen habe ich stets versucht, eng an der Sache zu argumentieren, ohne die grundlegenden Fragen explizit anzugehen. Das hat natürlich schnell seine Grenzen.
Wir haben - und das wird immer deutlicher - offensichtlich sehr verschiedene Vorstellungen darüber, was Oekonux ist und was es als Diskussionszusammenhang zu leisten vermag. Du scheinst einen stärker akademischen Anspruch mit den hier stattfindenden Diskussionen verbinden zu wollen, während für mich ein solcher Anspruch nicht besteht. Ich nutze die Diskussionen hier - ein Stück weit in klassischer FS-Manier - zum besseren *eigenen* Verständnis der Umbruchprozesse der heutigen Zeit. Kurz, ich verstehe mich (auch) hier als Dilettant. Die mich interessierenden Fragen stellt meine Praxis - und da merke ich, dass ich mit Phänomenen konfrontiert bin, die sinnvollerweise nicht ohne Psychoanalyse "dekodiert" werden können. Das sind vor allem Fragen, die zentral für die Selbstentfaltungsthematik stehen und somit im Scope der Liste (neben der Tatsache, dass sie auch die Oekonux-Praxis tangieren - Verweis auf unseren aktuellen flame). Insofern wird man die Psychoanalyse in der einen oder anderen Form nicht draußen lassen können. Dass es nicht sonnvoll ist, hier eine *akademische* Debatte zu dem Thema zu führen, d'accord. Übrigens zeigt m.E. die ganze bisherige ox-Geschichte, dass ein akademischer Anspruch das Projekt in seiner derzeitigen Form überfordert. Hier ein "Forschungsprogramm" in dem von dir anderenorts thematisierten Sinne aufsetzen zu wollen bedürfte einer großen Anstrengung. Vielleicht wäre es sinnvoller, umgekehrt (organisiert) den Weg in bestehende akademische Diskurse zu suchen. Aus diesem Unterschied folgt auch die sehr verschiedene Bewertung assoziativer Argumentationen - abgesehen davon, dass ich nicht nachvollziehen kann, dass solche nur als Exemplifizierung einer ansonsten schon fertigen Theorie nützlich sind. All meine (und in dem Fall wirklich akademische) Erfahrung besagt, dass gerade in der Phase der Theorie*bildung* assoziatives Denken eine sehr zentrale Rolle spielt.
... aber meine Sicht ist eben diese. Ich habe null Chance, so einen Assoziationshaufen in endlicher Zeit auseinander zu nehmen, um eine Klärung anzustreben, weil jeder Versuch von einer neuen Assoziationswelle erschlagen wird.
Ich verwende Assoziationen im Diskurs, um einen Diskursfaden zu spinnen nach dem bekannten Prinzip "rough consensus and running code". Dabei kann ich natürlich nicht davon ausgehen, dass meine Assoziationen so aufgenommen werden wie sie gemeint waren. Es gibt dabei ein ganz normales "Fehlerrauschen" in der Kommunikation, das inhaltlich durch Nachfrage bzw. einfache Reaktion weiter geschärft werden kann. Denn selbst aus der Reaktion der Gegenseite kann ich ja versuchen mir ein Bild zu machen, ob meine Assoziation so angekommen ist wie gedacht. Um dann zu entscheiden, ob und ggf. wie der gemeinsame Kontext weiter zu schärfen ist.
Oben nimmst du wieder ein Beispiel (Baum) und versuchst daran mir etwas klarzumachen.
Ich versuchte an einem zunächst einfachen Beispiel klarzumachen, wie ich Begriffsbildung verstehe. Insbesondere den Unterschied zwischen "Baum" (konkret-allgemeiner Begriff im Singular) und "je Baum" (dessen Extension - Plural).
Die Irre oben ist die Gleichsetzung von Bäumen und Menschen: "je Baum" = "je ich".
Irre? Mein Aussage(versuch) war, dass diese Begriffe *beide* dem eben beschriebenen Bildungsschema folgen.
Der allgemeine Standpunkt erster Person ist weder singular, noch plural. Das ist es, was ich versuche begreifbar zu machen. Es ist - wie Benni das mal so nett formuliert hat - so eine Art neuer "vierter Person", die es in der deutschen Sprache nicht gibt.
Den absolut künstlichen Charakter dieser Hilfskonstruktion einer "vierten Person" hat Jac schon klar auseinandergenommen. Ich will nur noch mal betonen (hat Jac auch schon gesagt), dass diese ganze Spezialkonstruktion nicht benötigt wird, wenn an der Stelle relationale Kategorien verwendet werden, Gesellschaft also aus *Beziehungen* und nicht aus *Individuen* aufgebaut gedacht wird. Die Bedeutung relationaler Kategorien hatten wir vor einem Jahr am Begriff "Information" (sogar eine Trias nach [Fuchs-Kittowski]) schon mal intensiv auf dem Tisch.
Aber mein Standpunkt als Subjekt ist etwas höchst Individuelles, das den Standpunkt aller anderen als Subjekte nur *in meiner Wahrnahme* einschließen kann.Nein, es geht gerade nicht um die Anderen in deiner Wahrnahme, es geht auch nicht um deinen Standpunkt als Subjekt, sondern es geht um den _allgemeinen_ Standpunkt erster Person, eben "je mich" - das ist etwas anderes. Es geht um den Standpunkt erster Person, der alle einzelnen Subjekte begrifflich einschließt - und nicht ausschließt, wie im Falle von "ich", oder identitär gleichmacht, wie im Falle von "wir".
Das habe ich noch immer überhaupt nicht begriffen. Und ich frage da wirklich explizit nach, um zu verstehen, was du hier meinst. Denn der Satz
Die bürgerliche Gesellschaft stellt dafür genuin keine Denkmittel bereit.
hilft ja nicht weiter, wenn wir nicht am Punkt landen wollen, der da lautet "das versteht nur Stefan". Gleichwohl können wir das natürlich erst mal so stehen lassen, wenn du akzeptieren kannst, dass ich diesen für mich mysteriösen "allgemeinen Standpunkt erster Person" als logisches Begründungsargument nicht gelten lasse. Es kann übrigens gut sein, dass ich an einer solchen Stelle sage "Ist mir trotzdem plausibel", weil ich dein begründendes Argument durch eines von mir ersetzt habe (vielleicht so was wie "relationale Kategorie"), das du nicht als begründendes Argument akzeptieren würdest. Stefan, ich habe das hier mal so ausführlich ausgebreitet, da es nach F.O.Wolf neben und vielleicht sogar noch vor den Herrschaftsformen um eine "Revolution der kulturell geprägten Kommunikationsformen" geht. Und da kann es nicht schaden, eine solchen Akt der "failed communication" wie gerade zwischen uns geschehen(d) auch diskursiv zu analysieren.
Nahegelegt ist stets ein exklusives Denken: Ich und der Andere, der nicht "ich" ist. Dagegen müssen wir IMHO denkend Widerstand leisten, was zugegeben nicht einfach ist. Es geht darum, das in der Freien Software ansatzweise praktizierte Inklusionsmodell auch begrifflich denkbar zu machen: Ich und der Andere, der "ich" gleich mir ist: "je ich". Selbstentfaltung, die die Entfaltung der Anderen zur Voraussetzung hat und umgekehrt.
Ich staune, dass man so was schreiben kann und drei Absätze weiter
Ich bin fasziniert, mit welcher Coolness du die Dinge in ihr Gegenteil verkehrst. Ich habe mich gegen einen dreisten Versuch, einen Vortrag von mir durch dich per Ko-Referat zur eigenen Selbstdarstellung zu destruieren, verwahrt und mir herausgenommen, nicht auf deine Wasserstands-Assozationen einzugehen. "Instrumentell" war dein Verhalten, meinen Beitrag inhaltlich unberührt in Anspruch zu nehmen, um deine Assoziationen dort dranzuhängen. Und wenn dir aufgefallen ist, bin nicht nur ich nicht darauf eingegangen (du tust so, als ob es meine Pflicht wäre, jeden Beitrag zu kommentieren), sondern alle anderen auch nicht. ... Sehr schön. Dann bitte nimm zur Kenntnis, dass ich dein Verhalten als ignorant, destruktiv und ausbeuterisch empfinde. Bislang bin ich aber darüber hinweggegangen - es ist ja auch nicht so selten in dieser Gesellschaft, als dass ich mich da jedesmal mit befassen müsste. Es ist aber interessant, dass ich in dem Moment, wo ich das nicht mehr übergehe, sondern explizit anspreche, spiegelbildlich mit eben jenem Vorwurf konfrontiert werde. - Na, was sagt die Psychoanalyse dazu? Ich bemerke das auch ohne Bitterkeit, sondern betrachte es eher wie Spock: "fazinierend".
Das ist eine klare Aussage, besonders, wenn ich bedenke, dass ich versucht hatte, dir darzustellen, dass meinerseits dieses "Spotlicht" nicht von ungefähr kam. Würde mich schon mal interessieren, wie weit sich dein Urteil "ignorant, destruktiv und ausbeuterisch" auf mein ganzes Wirken in Hütten und vielleicht auch noch in dessen Vorfeld erstreckt. Jac schreibt
Vorsicht! Ihr streitet um die Macht der Definition, wer wem zuzuhören hat und wer inhaltlich ist und wer eben nicht...
Ja, das trifft es ziemlich genau. Aber du wirst meinen Eifer in dieser Sache vielleicht entschuldigen, wenn ich zu bedenken gebe, dass ich nicht auch noch von dem Kakao zu trinken gedenke, durch den ich gezogen werde. Hütten hätte auch ganz anders laufen können - klassisch organisiert mit vorab ausgesuchten Vorträgen etc. Dann würden wir über all das hier nicht reden, weil dann die Sachen, die mir wichtig gewesen und im Vorfeld sichtbar waren (etwa die Debatte um Bennis "Bedeutungswirbel", Stefan Mertens Kommentar, dass man wohl eher über "No Work" sprechen müsse, der Thread mit Wolf Göhring und - last not least - die Thematik meines mawi-Papers), auch angemessen vorgekommen wären. Wir haben im Vorfeld anders entschieden, uns als Organisatoren zurück zu nehmen und OpenSpace-Techniken einzusetzen, um maximale Partizipation zu erreichen. Und ich bin Annette *sehr dankbar*, dass es - weitgehend auf ihre Anregung hin und ihre praktischen Erfahrungen nutzend - so gekommen ist und ich die Erfahrungen sammeln konnte, die ich gesammelt habe. Und der Kern dieser Erfahrung, die ich hier am konkreten Beispiel ausbreite, lautet für mich: Die so entstehenden Freiräume werden nicht vorsichtig und respektvoll gemeinsam gestaltet, sondern schlicht annektiert. Die "Schlacht an der Pinwand" am Freitag abend war eine praktische Lehrvorführung, wie der "Streit um die Macht der Definition, wer wem zuzuhören hat," unter Leuten geführt wird, die es eigentlich besser wissen sollten. Um es drastisch zu sagen: Auch da galt "Wenn du nicht ausbeutest, dann wirst du ausgebeutet". Das, was in der Google-Gruppe h06-auswertung dazu zusammengetragen wurde, ist von keinem dieser "Selbstdarsteller" auch nur angeschaut worden. Dass Annette dies gegenüber dem inhaltlichen Gewinn (den ich auch für mich in keiner Weise in Abrede stelle) als zweitrangig betrachtet und eigentlich "unter den Teppich kehren will" nehme ich zur Kenntnis. Dass auch noch andere Leute in Hütten überfahren wurden und mit ähnlichem Groll im Bauch gingen, das weiß ich von wenigstens einer weiteren Person - in dem Fall sogar ein Diskussionsleiter. Ich glaube aber, wir tun Oekonux keinen Gefallen, wenn wir da stillschweigend drüber weg sehen. Die geringe Integrationskraft von Oekonux für andere Ansätze ist mehrfach - vor allem auch von außen - diagnostiziert worden. Ich sehe eine Quelle dieser fehlenden Integrationskraft genau an der bezeichneten Stelle. Viele Grüße, hgg -- Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig Augustusplatz, D-04109 Leipzig, Raum 5-53 tel. : +49 341 97 32248 email: graebe informatik.uni-leipzig.de Home Page: http://www.informatik.uni-leipzig.de/~graebe _______________________ Web-Site: http://www.oekonux.de/ Organization: http://www.oekonux.de/projekt/ Contact: projekt oekonux.de
[English translation] | |||
Thread: choxT01982 Message: 1/2 L0 | [In date index] | [In thread index] | |
---|---|---|---|
Message 01982 | [Homepage] | [Navigation] |