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[chox] Alternativer Verfassungsschutz



Bericht beklagt unzulässige Eingriffe der Staatsgewalt in die Rechte der Bürger

Von Helmut Kerscher

Karlsruhe - Scharfe Kritik vor allem an der Polizei und am Verfassungsschutz haben die Autoren des "Grundrechte-Reports 2007" geübt. Das Ergebnis des "alternativen Verfassungsschutzberichts" sei "insgesamt beunruhigend", sagte der frühere Verfassungsrichter Jürgen Kühling bei der Vorstellung des Buchs. Das seit 1997 jährlich zum Verfassungstag von neun Menschenrechtsgruppen präsentierte Werk enthält 42 Beiträge. Sie wenden sich insbesondere gegen zu viel staatliche Überwachung, gegen rechtswidrige Durchsuchungen und gegen die menschenunwürdige Behandlung von Ausländern. Zudem beklagen sie eine "Missachtung der Gerichte" durch Gesetzgebung und Verwaltung.

Der Bericht sei "seriös und kritisch, aber nicht alarmistisch", sagte Kühling. Er prangerte rechtswidrige Übergriffe der Polizei an, die "an der Tagesordnung" seien. Als einzig wirksames Gegenmittel empfahl er die Verurteilung der Verantwortlichen zu schmerzhaftem Schadensersatz. Die abschreckende Funktion hoher Entschädigungen dürfe nicht auf Prominentenklagen gegen Presseorgane beschränkt bleiben. Kühling schilderte den Fall einer Frau, die beim Einkaufen in einen von der Polizei gebildeten "Hamburger Kessel" geraten sei. Sie sei durchsucht, fotografiert und aller Habseligkeiten beraubt worden. Man habe sie mit auf dem Rücken gefesselten Händen stundenlang herumgefahren und schließlich eingesperrt.

Fünfeinhalb Stunden nach der Festnahme sei sie in einem entlegenen Stadtteil entlassen worden. Als Schadensersatz für die sämtlich rechtswidrigen Eingriffe seien ihr von einem Gericht zunächst 150 Euro, später 500 Euro zugestanden worden. Als weitere Beispiele werden mehrere Durchsuchungen genannt. Eine Durchsuchung sei eine "ungeheure Demütigung" und ein "schwerer Eingriff", sagte Kühling. Deshalb habe das Verfassungsgericht die Voraussetzungen erschwert und innerhalb weniger Monate sieben Durchsuchungen für verfassungswidrig erklärt.

Im nächsten Bericht werde das "grundgesetzwidrige Vorgehen des Staates gegen G-8-Gegner" ein Schwerpunkt sein, kündigte Elke Steven vom Komitee für Grundrechte und Demokratie an. Schon jetzt klagte der Politikwissenschaftler Peter Grottian über den Versuch einer "Stigmatisierung außerparlamentarischer Initiativen" gegen das Gipfeltreffen und das systematische Herbeireden eines Gewaltpotentials. Die Razzia gegen G-8-Gegner sei unangemessen und verfassungswidrig gewesen. "Die haben gar nicht mitbekommen, wie wenig radikal wir sind", sagte Grottian. Das Beispiel der intensiven Überwachung des Berliner Sozialforums, eines Ortes der Auseinandersetzung mit der Globalisierung, zeige die Neigung vor allem des Verfassungsschutzes zur "systematischen Staatsfeinderklärung".

Weitere Schwerpunkte des Reports bilden die Einschränkung von Grundrechten im Kampf gegen den Terror und der Umgang mit Ausländern. Positiv werden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, etwa gegen das Luftsicherheitsgesetz, sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, beispielsweise gegen den Brechmitteleinsatz beim Verdacht auf Drogenschmuggel, bewertet. Beide Gerichte sowie eine kritische Öffentlichkeit seien wichtige Verbündete, sagte Kühling. (Seite 4)

Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.116, Dienstag, den 22. Mai 2007 , Seite 1
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