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[ox] Kommentar zu Abs. 26.1



Stefan Meretz, stefan meretz.de, hat einem neuen Kommentar 
geschickt.

Kommentierter Absatz:

http://www.opentheory.org/proj/linux-wertlos/v0001.phtml#26.1

(26.1)
In Zusammenhang mit meinen anderen Kommentierungen halte ich diese
Formulierungen natürlich auch für problematisch. Aus meinen
"Arbeitserfahrungen" bezweifele ich auch, daß es diesen Widerspruch
"konkret" - "abstrakt" in der eigentlichen Produktion in der Weise gibt.
Der "Executor des Wert-Gesetzes" rechnet natürlich mit den Fähigkeiten,
Fertigkeiten und dem Können der "Arbeitenden", deren Arbeitskraft er
eingekauft hat. Aber auch hier interessiert dies nur in Zusammenhang mit
maximalen Verwertungseinsatz. Gefragt sind bestenfalls Identifikation mit
diesem Ziel, entsprechende diesbezügliche Flexibilität, aber weniger
umfassende Qualifikation, Mitdenken gar Nachdenken über und Durchschauen
des Produktionsprzeßes und -ablaufs. Der Spaß hält sich wahrlich in
Grenzen. Und wenn wir als abhängig Beschäftigte ehrlich sind: selbst die
"Klassenfeinde" sind Opfer der Fetischverhältnisse, die Unternehmer und
Manager sind dem Verwertungs"spiel" und -druck gnadenlos, bei Strafe ihres
Untergangs, eben als spaßlose "Charaktermasken" unterworfen. Zum
theoretischen Hintergrund meiner Interventionen gerade auch als
"zwangs"arbeitender Mensch und Gewerkschafter möchte ich auf den
hervorragenden Artikel von Robert Kurz, "Postmarxismus und Arbeitsfetisch"
in Krisis 15, 1995 verweisen, der auch zum Verständnis aller anderen
Darlegungen zum Thema Arbeit, so auch des "Manifests gegen die Arbeit"
wichtig ist. Daraus als Einstieg zur Problematik, gilt auch für Absatz 27
und Kommentar 27.1, einige Zitate: Wie argumentiert der "doppelte Marx" in
Sachen Arbeit: "Als Bildnerin von Gebrauchswerten, als nützliche Arbeit ist
die Arbeit ... eine von allen Gesellschaftsformen unabhängige
Existenzbedingung des Menschen, ewige Naturnotwendigkeit, um den
Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur, also das menschliche Leben zu
vermitteln." (Kapital Bd.1, 57)  Immerhin steht hier nicht, wie oft vom
Marxisten behauptet, die Arbeit sei gleich der Stoffwechselprozeß mit der
Natur, also ewige Notwendigkeit, sondern kann auch als historisch
veränderbarer Vermittlungsprozeß gesehen werden. In der Deutschen Ideologie
wie an anderen Stellen liest sich das anders: "... daß in allen bisherigen
Revolutionen die Art der Tätigkeit stets unangetastet blieb und es sich nur
um eine andre Distribution dieser Tätigkeit, um eine neue Verteilung der
Arbeit an andre Personen handelte, während die kommunistische Revolution
sich gegen die bisherige  A r t  der Tätigkeit richtet, die  A r b e i t 
beseitigt(!) ..."  (DI 71) Und daraus folgern Marx und Engels: "... müssen
die Proletarier, um persönlich zur Geltung zu kommen, ihre eigene bisherige
Existenzbedingung, die zugleich die der ganzen bisherigen Gesellschaft ist,
die Arbeit, aufheben." (DI, 79) Dazu schreibt Robert Kurz in dem Kapitel
"Der doppelte Begriff der abstrakten Arbeit und die gesellschaftliche
Sphärentrennung": Marx war sich offenbar seiner "doppelten" Argumentation
bewußt, was sich unter anderen darin zeige  "... daß er sich zur Behebung
des Dilemmas mit einem begrifflichen Trick sozusagen selbst überlistet.
Denn eigentlich ist der Begriff der 'Arbeit' ohne jedes Attribut, die
Abstraktion 'Arbeit' also, bereits der Begriff der warenproduzierenden
Produktionstätigkeit. Die sogenannte Gebrauchswertseite dieser Tätigkeit
kann überhaupt nur die Kehrseite derselben gesellschaftlichen
Realabstraktion sein: die Art und Weise nämlich, wie diese
gesellschaftliche Abstraktion sich des sinnlichen Stoffes bemächtigt und
ihn ihrer Form unterwirft. der 'Doppelcharakter der Arbeit' (Marx) ist
nicht ontologisch verankert, er ist seinem Wesen nach der Doppelcharakter
warenproduzierender Verhältnisse. Marx macht nun aus der
stofflich-sinnlichen Seite der 'Arbeit' (und damit aus dem 'Gebrauchswert',
der doch nur die stofflich-sinnliche Seite derselben Wertabstraktion
darstellt) einen ontologischen Begriff, der eben jene 'ewige
Naturnotwendigkeit' sein soll. Damit wird er kompatibel mit dem immanenten,
notwendigen Selbstverständnis der Arbeiterbewegung. (...) Aber die
warenproduzierende 'Arbeit' ist auch noch in einem zweiten Sinne 'real
abstrakt', den Marx keineswegs systematisch entwickelt: nämlich in ihrer
Existenz als eine  a u s d i f f e r e n z i e r t e  S p h ä r e, die
getrennt ist von anderen Sphären wie Kultur, Politik, religion, erotik usw.
oder, auf einer anderen ebene, auch getrennt von 'Freizeit'. ... Die
Entfaltung und schließlich die volle Entfesselung der Formabstraktion in
der Moderne ist aber nur möglich dadurch, daß die 'Arbeit' als diese
getrennte, 'real abstrakte' Sphäre ausdifferenziert wird, vom übrigen
Lebensprozeß getrennt wird; daß der warenproduzierende mensch also nicht
nur von der sinnlichen Qualität seiner Gegenstände, sondern in und
hinsichtlich der 'Arbeit' auch gleichzeitig von den anderen lebensmomenten
'absieht' (abstrahiert), die zu funktionalen Sphären jenseits der 'Arbeit'
geronnen sind." (Krisis 15, 108-113)


Kommentar:

http://www.opentheory.org/proj/linux-wertlos/v0001.phtml#26.1.1

(26.1.1)
(Mach mal beim nächsten Mal mehrere Kommentare zum gleichen Absatz. Die
lassen sich dann wieder besser kommentieren.) Aber inhaltlich: Die Zitate,
die Du von Marx und Engels lieferst, kommen zum Teil auch im \"Manifest
gegen die Arbeit\" vor. Ich habe einige nachgelesen und festgestellt, dass
der Kontext immer die _Lohnarbeit_ ist. Diese Arbeit wollen Marx und Engels
abschaffen, aufheben etc. Die Argumentation mit dem \"doppelten Marx\" habe
ich bislang nicht nachvollziehen können. Im übrigen schreibt Kurz im
\"Schwarzbuch Kapitalismus\" immer von \"abstrakter Arbeit\", eine reine
\"Anti-Arbeits-Polemik\" findet sich dort nicht (oder ich habe es
überlesen...). Für mich ist die Frage konkret-abstrakt offen...


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http://www.oekonux.de/



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