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Re: [ox] Eigentum



Hi Thomas und Listige,

Genialität des Einfachen:

Thomas Uwe Gruettmueller schrieb:
Eine weitere Frage, die in einem der BOFs bzgl. GPL-Gesellschaft
aufkam, war die nach den Eigentumsverhältnissen. Da mußte ich echt
passen. Vielleicht sollten wir uns darüber hier mal Gedanken machen?

Geistiges "Eigentum" fällt weg.

Das isses! Ja, es fällt als (privates) "Eigentum" weg, ist gerade
dabei wegzufallen - und deshalb wird es mit Klauen und Zähnen von
den "Eigentümern" verteidigt: Per Lizenzen, Patenten, Gesetzen und
sonstigen Beschränkungen. Wusstet Ihr, dass es in der BRD den Bauern
gesetzlich untersagt ist, ihr Saatgut selbst zu züchten? Warum?
Schutz geistigen Eigentums: Konzerne stecken Forschung (Wissen) in
die Züchtung oder Genmanipulation von Saatgut, was als "geistiges
Eigentum" privat bleiben soll, denn dummerweise lässt sich Saatgut
leicht "kopieren" (prima Analogie zur Software!). Und die Multis
unter den Saatgutproduzenten gehen sogar soweit, sozusagen
"closed-source-Saatgut" zu produzieren: Saatgut, das selbst kein
Saatgut mehr hervorbringt.

Guckt man sich die industrielle Produktion an, ist es ähnlich. Die
kann man grob in einen algorithmisch-planenden und einen
operativ-materialisierenden Aspekt einteilen, oder vereinfacht: in
einen informationellen und einen materiellen Bereich von Arbeit (Die
alte Trennung in "Hand- und Kopfarbeit" trifft das übrigens nicht
richtig). Der operativ-materialisierende Bereich der Arbeit ist
tendentiell im Verschwinden begriffen, auch wenn er nie völlig
verschwindet. Der informationelle Anteil der algorithmisch-planenden
Tätigkeit wird demgegenüber übermächtig bedeutend. Hier ist das
Terrain des Kampfes - und wir haben es noch nicht so Recht bemerkt
oder besser: noch nicht auf den Begriff bringen können (merken tun
wirs dauernd). Die ganzen "alten" Organisationen des Fordismus
(siehe Footer;-)) kleben an der Materialität des Produkts, sie haben
nix (naja: nicht viel) begriffen.

Der Kampf gegen die Software-Patentierung ist daher nicht nur
taktisch richtig (schon gar nicht wegen des bescheuerten Arguments
der Wettbewerbschancen der europäischen Softwareindustrie), sondern
strategisch wichtig. Doch im Sinne der GPL-Gesellschaft dürfen wir
nicht bei der Software verharren. Die historische (und laufende)
Enteignung der Menschen von ihrem Wissen, die Privatisierung des
Menschheitswissens - denn das ist der Kern der Patentierung etc. -,
muss aufhören. In einer GPL-Gesellschaft kann es keine Patente,
Lizenzen etc. geben, oder eben mit weniger Worten: "Geistiges
'Eigentum' fällt weg." Die Forderung muss also lauten: Abschaffung
aller Patente, Lizenzen, beschränkenden Gesetze etc.! Der subversive
Witz der GPL besteht darin, dass sie genau das auf dem Boden des
Alten (Copyright) ins Werk gesetzt hat: Copyleft.

Nur so'ne Idee in der Nacht... ;-)

Stefan

-- 
  Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen
  HA II, Abteilung Datenverarbeitung
  Kanzlerstr. 8, 40472 Duesseldorf
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