[ox] Thesen aus Dortmund
- From: UlrichLeicht t-online.de (Ulrich Leicht)
- Date: Wed, 25 Oct 2000 20:43:26 +0200
helmut free.de
UlrichLeicht t-online.de
-------------------------------- T h e s e n --------------------------------
Tradierte Konzepte überwinden
Open Theory für die gewerkschaftliche Zukunft-
(Light) Version 1.2
1.Gewerkschaftliches Engagement muß künftig in der Lage sein, vor allem in drei
einigermaßen - vielleicht zunehmend - unterschiedlichen Bereichen Aktivitäten
und organisierende Tätigkeiten zu entfalten.
a) den klassischen, zwar im Rückgang befindlichen, aber zumindest noch lange
Zeit existenten Industriebereich, bzw Großbetriebsbereich im
Dienstleistungssektor (Call Center gehören hierzu);
b) die ganzen Bereiche der sogenannten "New Economy" an der Schnittstelle
wissenschaftlicher Entwicklungen und ökonomischer Verwertung nach neuen (?)
kapitalistischen Mustern - also alles was heute unter "Neue Medien",
"Informationstechnologie" und "Software-Erzeugung" und morgen unter
"Biotechnologie" gehandelt wird;
c) den Bereich der Niedriglohndienstleistungen sowohl im privaten als auch
öffentlichen Sektor, der ein Scharnier zur Erwerbslosenarbeit darstellt und
personell nach wie vor sehr
stark von MigrantInnen, legalen und illegalen, geprägt ist.
Dies bedeutet zunächst vor allem: Es ist nicht nur etwas Reform der
Organisation nötig, sondern permanente Flexibilität. Die Prinzipien dabei
sollten sein:
- Übergewerkschaftliche Zusammenarbeit, mit dem eigentlichen Nah-
realpolitisch aber Fernziel einer Gewerkschaft DGB, noch besser eines
gesamtgewerkschaftlichen Netzwerkes, das den Organisationsbereich des
heutigen DGB und der DAG umfasst, rund um Themen, Kampagnen und Projekte.
- Eine Politik, die sich weg vom Kartellcharakter des heutigen DGB und seiner
Gewerkschaften hin zu einer für Mitglieder transparenten und für andere
Interessierte offene Organisation entwickelt;
- Eine Politik, die die systematische Einbindung der Aktivitäten engagierter
GewerkschafterInnen in den Normalbetrieb gewährleistet und verstärkt - die
prinzipielle doppelte Umorientierung der bisherigen Sekretär-basierten
Gewerkschaftsorganisation: zwischen "Online" und Grundausrichtung
"Selbstorganisation".
2. Gewerkschaften müssen als politisches Prinzip in der Zukunft - gerade bei
Verhältnissen, die immer weiter segmentiert werden -Positionen entwickeln,
die zur Einheitlichkeit der abhängig Beschäftigten und Erwerbslosen,
unabhängig von Geschlecht, Nation, gesellschaftlicher Stellung und Rasse
beitragen.
Eine schlagwortartige Auflistung dürfte die Richtung zeigen:
a) Bei Tarifen: Festgeldforderungen, spezielle Anhebungen für
NiedriglöhnerInnen und gegen regionale (heute: "Ost-") Differenzierung.
b) Bei Arbeitsbedingungen: Arbeitszeitverkürzung in verschiedensten Formen
zur Gewinnung von Lebenszeit - dies muss eine Konstante sein; Pausenregelungen
und ergonomische Lösungen - auch und gerade bei Bildschirmarbeitsplätzen - die
der Gesundheit wirklich dienen;
c) Flexibilisierung der Arbeitszeit: Ja, bei Gewähr der Mindestforderung, dass
darüber mitbestimmt werden kann - dass die persönliche Zeitsouveränität
wächst - Nein, wenn das tendenziell "work by call" bedeutet; diejenigen, die
prinzipiell dagegen sind, sollen erst mal die Friedhöfe in ihrem Keller zur
Besichtigung freigeben - die prinzipiell dafür sind, sollen sich den Titel
"Co-Manager h.c" ans Büro heften
d) Einbindung der Verteidigung der Interessen der Erwerbslosen in diese
Arbeit und Junktime, etwa mit dem Widerstand gegen die Streichung der
originären Arbeitslosenhilfe, Organisation von gesellschaftlichen
Boykottkampagnen (auch in Fragen der internationalen Solidarität)...
3. Die Gewerkschaften müssen dringendst ihren einhundertjährigen Rückstand
gegenüber dem Kapital aufholen: Internationalisierung ist angesagt. Nicht in
Büros oder Konferenzen, sondern in der Alltagsarbeit.
Natürlich: Sozialpartner haben es am schwersten mit der internationalen
Zusammenarbeit. Wenn jede Seite vor allem vertrauensvoll mit ihrem Unternehmen
zusammenarbeitet, schlägt deren Konkurrenz eben durch. Dann ist außer Papier
und - bestenfalls - Weltbetriebsräten mit erheblichem Machtgefälle nichts
drin. Aber die absolute Konzentration auf Betriebs - oft genug gar
Betriebsrats-Arbeit, macht es auch anderen KollegInnen schwer, über
Erklärungen und einzelne Solidaritätsaktionen hinauszugehen.
Wohlgemerkt: Es geht dabei nicht um sogenannte Entwicklungshilfe.
GewerkschafterInnen anderer Länder können sehr wohl auch ohne BVG und
Betriebsräte "glücklich sein" - und haben des öfteren, was etwa Organisation
in informellen Bereichen angeht, wesentlich mehr Erfahrung. Es geht - als
aktuelles Beispiel - neben der gemeinsamen Arbeit in Weltkonzernen, auch
darum, gemeinsam die Rolle der Gewerkschaften in weltweiten Bewegungen, wie
etwa gegen IWF und WTO, gegen Gennahrung usw zu verändern und dadurch erst zu
entfalten. Bisher zeichnen sich die (sozialpartnerschaftlich dominierten)
internationalen Aktivitäten der Gewerkschaften durch Stellungnahmen gegen
solche Bewegungen aus - Sozialklauseln sollen das Bündnis der Belegschaften
mit den Unternehmen festigen. Die Peinlichkeiten etwa bei den
Auseinandersetzungen um das MAI-Abkommen haben natürlich dem Ansehen der
Gewerkschaften geschadet, ihrer Identifikation mit den Herrschenden
Vorschub geleistet - zumindest in den Augen der Menschen, die Widerstand
leisten. Betriebsräte, die sich für Giftproduktion, Gentechnik,
Panzerlieferungen etc pp aussprechen - natürlich im Interesse der Belegschaft
(meist: zutreffend), niemals wegen des eigenen Stuhls (selten: zutreffend)
-schaden nicht nur dem öffentlichen Ansehen der Gewerkschaften: sie schaden
vor allem den berechtigten Interessen weitaus größerer Teile der Bevölkerung.
4.Die Gewerkschaften müssen sich hinorientieren zur Realisierung neuer
politischer Arbeitsinhalte und -formen. Gesellschaftspolitische Kampagnen
werden künftig vielleicht wichtiger sein als Tarifkampagnen.
Gesagt wurde in den letzten Jahren vieles, herausgekommen sind bisher
"mehrerer Hochzeiten" in Form von Schlussverkauf-Anschlüssen oder
Elefantenhochzeiten (ohne Hochzeitsnacht). An inhaltlicher Neuerung nichts bis
sehr wenig, am ehesten noch aus der Richtung Bertelsmann/Böckler, das
Alltagsgeschäft geht weiter wie bisher. Wenn zusätzliche Steuern oder Teuerung
jede Lohnerhöhung auffressen, wird es endgültig deutlich, dass es eine
übergewerkschaftliche gesellschaftspolitische Kampagne geben muss, die nicht
nur auf dem Papier steht; aber auch wenn - beispielsweise - Mietwucher
betrieben wird, muss dagegengehalten werden. Die Zeit der reinen
Tarifmaschine ist vorbei, auch die viel-und langbeschworene "Politisierung
des Tarifkampfes" kann darüber nicht hinwegtäuschen. Es kann keine Perspektive
sein, um die Punkte hinter dem Prozentkomma - oder auch um eines davor - zu
kämpfen. Der Rest ist, immer mehr: Laufrad.
5.Diese Optionen für gewerkschaftliche Zukunft bedingen auch eine ernsthafte
Abkehr von einer Staatsfixiertheit und parteipolitische Neutralität der
Gewerkschaften, die in keinem Sinne Transmissionsriemen irgendeiner Partei
sein können und dürfen. Eigene Vorstellungen sind nicht dazu da, über
Wahlbausteine Wahlkampf zu machen, sondern um sie organisiert zu verwirklichen.
Wenn unter dem Stichwort "politische Lobbyarbeit" - oder wie die Formulierung
letztlich sein mag - gefragt wird, ob etwa im Mai 2000 ein Streik der ÖTV" in
die politische Landschaft passe", so kann dazu nur gesagt werden: Diese Frage
ist eine Unverschämtheit von Leuten, denen nur ihr Parteibuch wichtig ist. Die
Gewerkschaften müssen Druck entfalten, um stark zu werden, sie können nur
Druck entfalten, wenn sie stark sind - in dieser Dialektik bewegt sich diese
zentrale Aktivität. Wer gestern auf hässlichen Plakaten das Maul für eine
andere Politik aufgerissen hat, kann ernsthaft weder die neue noch
die alte Mitte gemeint haben: deren Politik ist erklärtermaßen nicht "anders".
Wer eine Realpolitik machen will, die darauf zielt, die parteipolitischen
Konjunkturen als zentrale Referenz entsprechender Aktivität zu zementieren,
kastriert die Potenz der Gewerkschaften. Eigene Gesellschaftsleitbilder,
eigene Vorschläge (eben nicht von den Hauptamtlichen beschlossen, danach die
"ehrenamtlichen" einbezogen, sondern ernsthaft diskutierte) sind ebenso
Trumpf, wie unabhängige Aktion.
6.Alle diese Punkte sind Voraussetzung dafür, dass Gewerkschaften in
zentralen gesellschaftlichen Debatten die Chance haben, Gehör zu finden,
überhaupt wieder ernst genommen zu werden und auch Meinungsführerschaft zu
erringen, - heute geschieht das nur noch in Gremien.
Dies betrifft auch und gerade die Problematik der Arbeitslosigkeit: die
bloßen generationenlangen Appelle nach "Arbeit für Alle" mobilisieren schon
längst noch nicht einmal uns selbst, öden alle an und tragen wesentlich dazu
bei, konsequenterweise auf störende Gewerkschaften lieber verzichten zu wollen.
Ohne künftig sowohl Reduzierung und Bedingungen, als auch erst recht die
Inhalte der Arbeit zu thematisieren, läuft dies gar Gefahr, zum Vehikel
regierungspolitischen Arbeitszwangs a la England zu werden - und zumindest in
NRW gibt es einiges davon. "Weniger, aber sinnvolle Arbeit für alle" - in
dieser Richtung wäre eine Politik zu entwickeln, die wirklich in der Lage ist,
Meinungen neu zu bilden und zu beeinflussen und auch das durchaus nicht zu
Unrecht bestehende Bild der stinklangweiligen Gewerkschaften allmählich zu
korrigieren. Wer die Zukunft der Gewerkschaften im wesentlichen im "weiter so"
sieht, sieht in die Zukunft die Gewerkschaften: am Ende, ein Auslaufmodell.
7. Die drei heute in der Gewerkschaft wesentlichen politischen Strömungen haben
in allen diesen Punkten keine Antwort, die in der Lage wäre ernsthaft zu
mobilisieren. Wir denken, die Optionen müssen andere, vor allem aber offen für
Veränderungen sein.
· Die Sozialpartner setzen auf Schröder&Co - aber der immer weniger auf
sie. Nicht nur, weil er nicht will: auch weil er nicht kann. Die alte
Oskar-Mitte ist passé, das verhindern Memoranden ohne Zahl nicht. Am
verlassenen Grab von J.M. Keynes kichert nicht nur der Geist von Karl Marx.
Die neue Mitte ist Gerhard Schröder, da hat er recht, nur wir sind dagegen -
und als künftige Mitte bietet sich nebenan der antietatistische Rechte Haider
an. Am Katzentisch der Macht wird nicht mehr gedeckt. Das mag jenen nicht
auffallen, die in hundertundeinem Gremium sitzen (sei es aus Überzeugung oder
- siehe verdi - aus materiellem Interesse) - aber wenn sie endgültig Offiziere
ohne Soldaten geworden sind, werden sie auch in die Dienstleistungsbunker
zurück müssen, die sie dann nicht mehr bezahlen können. Im übrigen: Nicht
ganz zufällig, daß sich das Bild der Armee aufdrängt....
· Die Dienstleister setzen auf die "Winner" der sogenannten neuen
Ökonomie und auf technokratische Modernität: Eine Ausgeburt von
Sekretärsmentalität, die hofft, auch künftig gebraucht zu werden: Es gibt viel
bessere Rechtsberater als ehemalige Jugendsekretäre der ÖTV (oder sonst wem).
Wer die Reduzierung der Gewerkschaften auf reine Dienstleistungsorganisationen
propagiert, setzt sie in zunehmende Konkurrenz zu privaten
Dienstleistungsunternehmen - mit Erfolgsaussichten wie DGB Reisen....
· Die traditionellen Gegenmachtstrategen setzen auf Radikalisierung und
Politisierung der bestehenden Ausrichtung (im besonders vernagelten Fall auch
auf "Re"-politisierung), ihre Analysen decken sich oft mit denen ihrer
verfeindeten Vettern, den Sozialpartnern - und sie segeln damit, wie diese, in
die Hindernisse der Segmentierung und des Produktionspositivismus - und der
Unehrlichkeit: Niemand kann ernsthaft behaupten, er oder sie wisse, daß etwa
der Versuch einer "ökologischen Umgestaltung" der Produktion Arbeitsplätze
schaffe. Wir zweifeln nicht an der Notwendigkeit dieser Umgestaltung: wohl
aber an ihrer "arbeitzplatzschaffenden" Kapazität.
Es geht uns hier nicht ums "Recht haben", das kann mensch auch zu zweit: So wie
der Sekretär am 1.Mai ab Bier sieben seiner Liedkentnisse der Jugendzeit sich
erinnert und die Internationale singt (singt ?) , so hat der Aktivist und
Gewerkschaftskritiker - vielleicht zwei Bier früher - alles im Griff. Es geht
uns auch nicht darum, KollegInnen mit anderen Auffassungen abzusprechen, dass
sie sich einsetzen für die Interessen der abhängig Beschäftigten usw. Es geht
uns schon gar nicht generell um die künftige Existenz der Gewerkschaften.
Wenn sie keine sinnvolle Rolle zu spielen in der Lage sind, sind sie eben
genau dies: ausschließlich überflüssig. Deswegen haben wir auch keine
festgeschriebene Plattform gemacht, sondern wollen einen offenen Prozess.
Weil nur so eine wirkliche Debatte entstehen kann, anstelle der Konfrontation
von Positionen. Eben darum betonen wir auch, dass mensch in allen drei
Strömungen auch richtige und wichtige Elemente finden kann.
Denn:
· Wir sind für gestalterische Mitwirkung: Wenn diese sichtbar - und vor
allem: sichtbar anders - ist. Nicht zuletzt in dem künftig enorm wichtigen
Bereich der Weiterbildung (in den verschiedensten Dimensionen der Frage) muss
eine ernsthafte Gewerkschaftsbewegung aktiv werden: Wenn aber die
Landesregierung NRW gerade in 2000 das Weiterbildungsgesetz beschneidet, so
macht sie sich nicht nur - einmal mehr - zum Gegner einer modernen
Gewerkschaftsbewegung, sondern macht auch deutlich, dass hier Weiterbildung
nur heißen soll, berufliche Fachausbildung nach den konjunkturellen
Anforderungen der Unternehmen. Diese sollen die Unternehmer bezahlen : Denn
dies ist Arbeitszeit. Darüber wollen wir mitbestimmen. Aber: Weiterbildung
ist viel, viel mehr als berufliche Qualifikation - und gerade da müssen
Gewerkschaften aktiv werden.
· Wir sind auch - entschieden - für "Dienstleistung", und dafür, dass
Mitgliedschaft auch Vorteile birgt. Wenn diese Vorteile nicht in windigen
Versicherungen und überflüssigen Handys bestehen sollen, sondern wirklich
sinnvoll sind - der Presseausweis der IG Medien ist eine Dienstleistung,
Abkommen mit Serviceunternehmen (beispielsweise Reisebüros oder
Computerunternehmen) können durchaus positiv sein. Auch die Beratung von
Freiberuflern - künftig keineswegs nur im Medienbereich - muss wesentlich
verstärkt werden, Online ist einer der Trümpfe in jeder Art Beratung. Dieser
Katalog ließe sich sehr verlängern: Er darf nur weder dazu führen,
Gewerkschaft nicht mehr als Solidargemeinschaft aufrecht zu erhalten, noch zu
einer "Entgesellschaftlichung" qua Beschränkung auf Beratung. Wer
Dienstleistung als Selbstzweck versteht, versteht selbst den Zweck des
ganzen nicht. Bescheidene Frage am Rande: Wäre -z.B. - Hilfestellung für
MigrantInnen bei Einbürgerungsanträgen nicht auch Dienstleistung??
· Und ja, selbstverständlich: wir sind für Gegenmacht. Wenn es um die
Kraft geht, gesellschaftliche Veränderungen einzuleiten, bestimmte Zustände zu
ändern oder zu erreichen - anstelle, mit oder gegen die verschiedensten
politischen Parteien. Bei Zielen, die parteiübergreifend geteilt werden können,
sind wir für jede Art Macht einer solchen Bewegung: vor allem aber für die im
Bündnis mit anderen internationalen sozialen und politischen Bewegungen. Wir
sind für Gegenmacht, wenn diese nicht unter klassenkämpferischen Parolen
Panzerbauer, AKW Betreiber, Futtermitteleinmischer etc zum Kampf für ihre rein
betrieblichen ("Teewasser") Interessen sammelt. Wenn diese nicht, wie die
Sozialpartner, nur radikaler, jedwede "Arbeit für Alle" und "Leistung muss
sich lohnen" fordert.
Dementsprechend lassen sich unsere Optionen für künftige Gewerkschaftsarbeit
so zusammenfassen:
7.1 Anstelle einer Politik, die dazu beiträgt, den Standort Deutschland zu
stärken, müssen die Gewerkschaften eine, bisher im Kapitalismus wie im
Sozialismus vermiedene, Politik des Nutzens sinnvoller, - d.h. diskutierter
- technologischer Neuerungen für die Erhöhung der Lebensqualität der Menschen
entfalten: radikale Arbeitszeitverkürzung aller Art und Aufteilung der Arbeit,
unter gesellschaftlicher Debatte von Notwendigkeit und Sinn, konkrete
Leitbilder für eine positive Nutzung etwa des Internet: als Alternative
zum Kommerz. Eine solche generelle Ausrichtung bildet auch eine wesentliche
Grundlage dafür, dass Gewerkschaften, im Bündnis mit allen möglichen Kräften,
international wirksam werden.
7.2 Anstelle einer Politik, die Gräben vertieft: nationalistische Greencard
Stellungnahmen, Verteidigung "teutscher" Arbeitsplätze, Zustimmung zur
weiteren Ausgrenzung von Erwerbslosen- sofern sie rot-grün organisiert ist,
kontinuierliche Einkommensspreizung im Sinne der bürgerlichen und
sozialistischen Leistungsideologie, Beteiligung an der Jagd auf illegale
Migranten etc... muss eine Politik der Annäherung, der Versöhnung, der
Gemeinschaft unter jenen Menschen betrieben werden, die keine anderen für sich
arbeiten lassen: Weg mit Sondergesetzen a la Ausländergesetz, Einbeziehung von
Erwerbslosen in die Tarifkämpfe, Stärkung aller Ansätze von Selbstorganisation.
7.3 Anstelle einer Politik, die sich auf Lobbyistentum und Kooperation mit
verschiedensten politischen Parteien zentriert, muß eine Politik der
Eigenständigkeit, der Bündnisfähigkeit, der gesamtgesellschaftlichen
Wirksamkeit entwickelt werden, die auch ein neues Selbstverständnis weg von
der Tarifmaschine impliziert. Erst dann wird das dem Ansehen und Einfluss der
Gewerkschaften so schädliche Auseinanderfallen von realpolitischer Tagesarbeit
und (manches Mal gar interessanten) Sonntagsreden überwunden werden können.
7.4 Anstelle einer Politik, die die Positionen der jeweils eigenen Strömung
für die Lösung aller Gewerkschaftsprobleme durchpeitschen will (Sozialpartner
qua Macht die Kooperation mit der neuen/alten Mitte, Dienstleister die
Überlebenssicherung qua "Dealing instead bargaining" a la Böckler/Bertelsmann,
Klassenkämpfer qua Politisierung und Radikalisierung des Bestehenden) muss
eine Ausrichtung auf Flexibilität, auf Sicherung des Potenzials für
verschiedene Zukunftsoptionen betrieben werden.
7.5 Dementsprechend muss Flexibilität auch die Leitlinie der organisatorischen
Umwälzungen sein: Keine Festung Gewerkschaftshaus mehr, kein
Organisationsmodell, das auf dem Sekretär in Lebensstellung aufbaut, Schluss
mit der realen Diffamierung gewerkschaftlichen Engagements als "Ehrenamt" (in
der Regel: für Senioren), gewerkschaftliche Präsenz in zentralen Bereichen
(inkl. Schulen, Hochschulen etc) , Ausstrahlungskräftige Modellprojekte unter
Einbeziehung der Mitgliedschaft und neuer Kooperationspartner: Leuchttürme.
So würden Gewerkschaften eine soziale Bewegung zur Emanzipation der Menschen,
die nicht an der Arbeit anderer verdienen - das wäre unsere Option. Die muss
nicht die alleinseligmachende sein, aber bleiben die Gewerkschaften, wie sie
sind: Todesfall.
Ad 1: Wir haben diese Version "Light" verfasst, um die
Debatte auf die Folgerungen zu konzentrieren. Wir hätten zur
Begründung durchaus noch das eine oder andere - unserer
Ansicht nach: gute - Argument, aber was vorliegt, ist die
Quintessenz.
Ad 2: Versionsnummer 1.2 heißt, daß es immer noch der
ursprüngliche Entwurf ist, der im wesentlichen redaktionell
bearbeitet wurde, ohne inhaltlich verändert zu sein. Das
bleibt einer künftigen Debatte überlassen, bzw jenen, die
vielleicht daran weiter schreiben wollen . Open Theory eben.
Ad 3: Die ursprünglichen Autoren dieses Textes sind Ulrich
Leicht und Helmut Weiss, vom Sprecherrat der IG Medien
Dortmund.
Ad 4 : Fassung 1.1 wurde fertiggestellt am 17.08.2000
Fassung 1.2 wurde fertiggestellt am 25.10.2000
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http://www.oekonux.de/