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Re: [ox] Kritik



On Die, 14 Nov 2000, sabine.nuss freenet.de wrote:
Hallo Listige,

Was mich eigentlich am meisten an der ganzen Debatte stutzig macht, ist,
dass allüberall implizit die materielle von der immateriellen Welt getrennt
wird.

Diese Trennung ist künstlich. Ideen, Mechanismen, Anordnungen mit greifbaren 
Dingen gleichzusetzen und somit als ist bei vielen Leuten aber leider fester 
Bestandteil des Weltbildes. Das sehe ich anders: Geistige Werke existieren, 
aber sie existieren nicht so, wie ihre materiell faßbaren Exemplare 
existieren, d.h. auf der selben Stufe, sondern die geistigen Werke existieren 
lediglich als *Eigenschaften* des Greifbaren. Hierbei fällt auf, daß zwar das 
Geistige dem Greifbaren untergeordnet, das "geistige Eigentum" dem 
klassischen Eigentum an greifbaren Dingen höhergestellt ist. Es zählt also, 
wenn es darum geht, wer entscheiden darf, wozu ein greifbarer Gegenstand 
eingesetzt wird, heute an erster Stelle, wem die geistigen Ergüsse "gehören", 
die in den Gegenstand eingeflossen sind und erst an zweiter Stelle, wer der 
Eigentümer des greifbaren Exemplars, der vergegenständlichten Ergüssen also, 
ist. Darin sehe ich den Versuch, durch Überdefinieren des Eigentumsbegriffes 
ein neues Unterdrückungswerkzeug zu erschaffen, bevor noch eventuell im alten 
Eigentumssystem die Gefahr eines Freikaufs eintritt. 

Inwiefern ist es überhaupt gerechtfertigt, die materielle von der
immateriellen Welt zu trennen

Das soll man doch gerade nicht!

und die Produktion von immateriellen
Gütern, insbesondere Freie Software, als davon unabhängige Ökonomie
zu begreifen, in der ganz andere Gesetze gelten?

Die Besonderheit ist dabei, daß es nicht um die Herstellung materiell 
greifbarer Exemplare geht, sondern um ihre Konstruktion, also um die 
Erstellung ihrer Klasse.

So gehen übrigens nicht
nur die Verfechter der Freien Software-Bewegung (die eine andere
Ökonomie symbolisieren soll) vor,

Tun sie das? Die FSF etwa?

sondern auch all die Leute, die solche
unsäglichen Begriffe, wie ?Aufmerksamtkeitsökonomie?,
?Geschenkökonomie?, ?Gabenwirtschaft? und so weiter geprägt haben.

Hehe. Die Bösen ;o) Aber die tun das auch nur, weil sie dadurch die quasi
enteineten Hardwarehersteller gegen die Wissenshorter aufbringen.

Es gibt quasi nichts Immaterielles, was
nicht eine materielle Form benötigen würde, um sich darin
auszudrücken. 

JAAAA!!! Genau das sag ich doch auch immer ;o)

Wieso soll in der Produktion von
Freier Software ein größeres emanzipatorisches Potential liegen,
als in der Produktion von materiellen Gütern, wenn beide
miteinander ein Ganzes bilden und ich hier mal proklamiere, dass
man von der materiellen Welt eben nicht so einfach abstrahieren
kann?

Wie gesagt: Es gibt heute zwei völlig unabhängige Formen von Eigentum. Mit 
der materiellen Produktion kann man nur Dinge schaffen, die einem materiell 
gehören. Geistiges Eigentum sind diese aber dennoch ihres Gestalters. Daher 
ist es wichtig, geistiges "Eigentum" zu produzieren oder einzukaufen, um es 
dann Frei-zustellen oder zu copyleften. Erst wenn es für ein Produkt ein 
Freies Design gibt, wird es möglich sein, daß dessen Produktion vollen 
emanzipatorischen (was immer das auch sein mag ;o)) Charakter erhält.


Tschüß,
Thomas
 }:o{#

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