Re: [ox] Kritik
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Fri, 17 Nov 2000 01:04:00 +0100
On Die, 14 Nov 2000, sabine.nuss freenet.de wrote:
Hallo Listige,
Was mich eigentlich am meisten an der ganzen Debatte stutzig macht, ist,
dass allüberall implizit die materielle von der immateriellen Welt getrennt
wird.
Diese Trennung ist künstlich. Ideen, Mechanismen, Anordnungen mit greifbaren
Dingen gleichzusetzen und somit als ist bei vielen Leuten aber leider fester
Bestandteil des Weltbildes. Das sehe ich anders: Geistige Werke existieren,
aber sie existieren nicht so, wie ihre materiell faßbaren Exemplare
existieren, d.h. auf der selben Stufe, sondern die geistigen Werke existieren
lediglich als *Eigenschaften* des Greifbaren. Hierbei fällt auf, daß zwar das
Geistige dem Greifbaren untergeordnet, das "geistige Eigentum" dem
klassischen Eigentum an greifbaren Dingen höhergestellt ist. Es zählt also,
wenn es darum geht, wer entscheiden darf, wozu ein greifbarer Gegenstand
eingesetzt wird, heute an erster Stelle, wem die geistigen Ergüsse "gehören",
die in den Gegenstand eingeflossen sind und erst an zweiter Stelle, wer der
Eigentümer des greifbaren Exemplars, der vergegenständlichten Ergüssen also,
ist. Darin sehe ich den Versuch, durch Überdefinieren des Eigentumsbegriffes
ein neues Unterdrückungswerkzeug zu erschaffen, bevor noch eventuell im alten
Eigentumssystem die Gefahr eines Freikaufs eintritt.
Inwiefern ist es überhaupt gerechtfertigt, die materielle von der
immateriellen Welt zu trennen
Das soll man doch gerade nicht!
und die Produktion von immateriellen
Gütern, insbesondere Freie Software, als davon unabhängige Ökonomie
zu begreifen, in der ganz andere Gesetze gelten?
Die Besonderheit ist dabei, daß es nicht um die Herstellung materiell
greifbarer Exemplare geht, sondern um ihre Konstruktion, also um die
Erstellung ihrer Klasse.
So gehen übrigens nicht
nur die Verfechter der Freien Software-Bewegung (die eine andere
Ökonomie symbolisieren soll) vor,
Tun sie das? Die FSF etwa?
sondern auch all die Leute, die solche
unsäglichen Begriffe, wie ?Aufmerksamtkeitsökonomie?,
?Geschenkökonomie?, ?Gabenwirtschaft? und so weiter geprägt haben.
Hehe. Die Bösen ;o) Aber die tun das auch nur, weil sie dadurch die quasi
enteineten Hardwarehersteller gegen die Wissenshorter aufbringen.
Es gibt quasi nichts Immaterielles, was
nicht eine materielle Form benötigen würde, um sich darin
auszudrücken.
JAAAA!!! Genau das sag ich doch auch immer ;o)
Wieso soll in der Produktion von
Freier Software ein größeres emanzipatorisches Potential liegen,
als in der Produktion von materiellen Gütern, wenn beide
miteinander ein Ganzes bilden und ich hier mal proklamiere, dass
man von der materiellen Welt eben nicht so einfach abstrahieren
kann?
Wie gesagt: Es gibt heute zwei völlig unabhängige Formen von Eigentum. Mit
der materiellen Produktion kann man nur Dinge schaffen, die einem materiell
gehören. Geistiges Eigentum sind diese aber dennoch ihres Gestalters. Daher
ist es wichtig, geistiges "Eigentum" zu produzieren oder einzukaufen, um es
dann Frei-zustellen oder zu copyleften. Erst wenn es für ein Produkt ein
Freies Design gibt, wird es möglich sein, daß dessen Produktion vollen
emanzipatorischen (was immer das auch sein mag ;o)) Charakter erhält.
Tschüß,
Thomas
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