Re: [ox] Re: Wortbedeutung "Frei"
- From: Stefan Meretz <stefan.meretz hbv.org>
- Date: Thu, 21 Dec 2000 20:31:28 +0100
Hi, ihr [F|f]reien,
Thomas Uwe Gruettmueller schrieb:
Ich habe mal vor einiger Zeit hier eingeführt, entgegen jeglicher
Rechtschreibung "frei" mit einem grossen "F" zu schreiben, wenn
"Frei" im Sinne der Definition der FSF (s.
http://www.gnu.org/philosophy/free-sw.html ) zu verstehen ist.
[...] Wenn du "Frei"
als "frei von Verwertungslogik" benutzt und der nächste wiederum
für etwas anderes Freies, dann werde ich "Frei" zukünftig wieder
als "frei i.S.d. FSF" ausschreiben.
"Frei von Verwertung" finde ich gut. So versuche ich es wohl zu
verwenden, wenn ich jetzt mal von der Praxis auf die Theorie
zurückschließe ;-) .
Schade. Dann sprechen wir zwei verschiedene Sprachen :o(
Warum? Ist der Unterschied nicht nur der, dass Du Thomas wörtlich
die Freiheitsdefinition der FSF siehst, während Stefan Mn. die
ökonomische Implikation?
Die FSF denkt an Software und sonst kaum was anderes. Die schönen
Visionen im GNU-Manifest werden so gut wie nie angesprochen. Das ist
kein Vorwurf, sondern das ist einfach nicht FSFs/GNUs/RMS' Aufgabe
in ihrer Selbstsicht. Sie verteidigen und werben für die Freie
Software i.S.d.FSF. Mit grossem "F".
Oekonux geht da weiter. Die Freie Software i.S.FSF, das Copyleft und
die GPL sind die Auffassungen, an denen sich die Mehrzahl der
Menschen, die sich hier äußerten, orientieren. Mir fällt kein
Beitrag ein, wo das explizit nicht so war, ok, es war auch nie
explizit die Frage. Mit "Weitergehen" meine ich nun, dass wir über
die FSF etc. hinaus die "Frage (stellen), ob die Prinzipien von
Gnu/Linux als Grundlage für eine neue Gesellschaft dienen können"
(Website-Zitat). Deswegen ja auch Oekonux: Oekonomie und GNU/Linux.
Als eine der Implikationen der Theorie und Praxis der Freien
Software, insbesondere der FS nach Copyleft, haben wir
herausgefunden, dass die Freie Software zwar nicht nominal, aber
_faktisch_ ökonomisch wertlos ist, denn Freie Software entzieht sich
_faktisch_ der Verwertungslogik. Dies ist witzigerweise oder besser
ungeplant subversiverweise so, obwohl davon explizit überhaupt nicht
die Rede ist, im Gegenteil, in der GPL steht drin, dass ich eine
Gebühr nehmen darf, und die GPL spricht auch formal nicht gegen
einen Verkauf. Doch Freie Software verkaufen ist wie im Herbst
trockene Blätter verkaufen: ich muss die Blätter schon
zusammenpacken und in einem Plastikbeutel zur Distribution (resp.
Abholung) bereitstellen (Raymonds Zusatzwerte). Ich würde sogar noch
weiter gehen und sagen, das Freie Software nicht nur selbst faktisch
wertlos ist, sondern auch die Software in ihrer Umgebung sukzessive
entwertet. In diesem Sinne ist die Freie Software nicht nur gemäß
der FSF-Definition verfügungsfrei, sondern eben auch ökonomisch
(wert-)frei. Das eine "Frei" impliziert das andere.
1) "Freie Software" definiert die FSF als solche, die
uneingeschränkt benutzt, studiert, verbessert und vervielfältigt
werden darf. Die einzige legitime Einschränkung ist dabei ein
"Copyleft", eine Lizenzklausel, die diese Freiheiten auch bei
Derivaten erzwingt. Gemeint ist hier nicht kostenfrei verteilte
Crippleware.
^^^^^^^^^^^
Das ist für viele sicher unverständlich. Gelesen wird hier also:
"Gemeint ist hier nicht kostenfrei verteilte Software". Freie
Software ist oft auch wirklich kostenfrei, doch ist Kostenfreiheit
nicht das Kriterium.
2) "Freie Hardware" bezeichnet solche, die analog zu freier
Software uneingeschränkt benutzt, studiert, verbessert und
vervielfältigt werden darf. Auch hier ist nicht der Preis der
einzelnen Exemplare gemeint.
Wie Du in deiner "Abgang-Mail" dargestellt hast, geht auch hier um
"Software", Konzepte etc..
3) Mit "freies Projekt" ist hier ein Projekt gemeint, das die
Herstellung freier Soft- oder Hardware zum Ziel hat.
Das finde ich zu eng. OpenTheory z.B. oder eine Freie Enzyklopädie
sind nicht nur oder gar überhaupt nicht Soft- oder Hardwareprojekt.
Es sei denn, du definierst Hardware als Nicht-Software.
Ciao,
Stefan
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