[ox] FTD zum Frankfurter Swpat-Symposion und Lutterbeck-Kritik
- From: PILCH Hartmut <phm a2e.de>
- Date: Wed, 9 May 2001 11:54:18 +0200 (CEST)
Nachtrag zum Frankfurter-Softwarepatente-Symposium
---------- Forwarded message ----------
Date: 09 May 2001 10:56:23 [PHONE NUMBER REMOVED]
From: PILCH Hartmut <phm a2e.de>
To: swpat ffii.org
Subject: FTD: Urheberrecht passt nicht auf Software, SAP setzt auf Patente
Unter
http://www.ftd.de/software-patente/
findet sich ein Artikel von Nicola DePaoli über das
Softwarepatente-Symposium, in dem folgende Aussagen groß
herausgestrichen werden:
(1) SAP setzt auf Software-Patente (mit Foto von SAP-Entwicklern)
(2) Lutterbeck: Urheberrecht passt auf Goethes Faust aber nicht auf
Software
Hinzu kommen Aussagen wie
- Softwareunternehmen wenden sich Patenten zu, da Urheberrecht ihnen
keinen Schutz bietet.
- Patentanwälte plädieren dann für Patente, wenn es sich um eine echte
Erfindung und nicht lediglich um eine Verbesserung der Oberfläche
handelt.
Sicherlich werden auch wesentliche Kritikpunkte an Softwarepatenten
erwähnt. Das journalistisch erwünschte 50-50-Gleichgewicht lässt sich
aber wohl nur durch an den Haaren herbeigezogene Pro-Argumente
erreichen. Gedankliche Durchdringung der Materie gehört vielleicht
nicht so sehr zum Geschäft des Journalisten.
Herrn Lutterbeck ist nochmal für die Verbreitung von eingängigen
Amateurs-Vorurteilen wie "Urheberrecht ist nur für Goethes Faust
geeignet" zu danken.
Die Seite zum Lutterbeck-Gutachten habe ich auch noch einmal unter
Aufnahme diverser Vorschläge etwas verbessert
http://swpat.ffii.org/vreji/papri/bmwi-luhoge00/
Es ist nicht das einzige und bei weitem nicht das schlimmste Beispiel
von professoraler Schaumschlägerei in dieser Debatte.
-phm
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Sicherheit in der Informationstechnologie und Patentschutz für
Software-Produkte - Kurzgutachten von Lutterbeck/Horns/Gehring im Auftrag
des BMWi
Prof.Dr.iur. Bernd Lutterbeck von der TU-Berlin, sein Assistent Robert
Gehring und der Münchener Patentanwalt Axel Horns nahmen im Spätsommer
2000 unter dem Namen "Forschergruppe Internet Governance" einen
Auftrag des BMWi für dieses Gutachten an, das im Dezember 2000
veröffentlicht wurde. Darin vertreten sie eine bereits häufig zuvor
veröffentlichte Rechtsauffassung des Münchener Patentanwalts Axel H.
Horns zur Frage der Patentierbarkeit von Computerprogrammen in Europa.
PA Horns kann dem Art 52 EPÜ keine klare Bedeutung abgewinnen. Er
erklärt den traditionellen Technikbegriff des Patentwesens für nicht
mehr zeitgemäß und hält die grenzenlose Patentierbarkeit, wie das EPA
sie in der Theorie anstrebt und in der Praxis bereits weitgehend
verwirklicht hat, für unvermeidbar. Gleichzeitig wird aber vor
diversen negativen Folgen des Patentwesens für Wirtschaft und
Gesellschaft gewarnt und es werden diverse Maßnahmen vorgeschlagen,
mit denen die Sperrwirkung der Patente im Bereich der
Informationsverarbeitung abgeschwächt werden könnte, so dass zumindest
in Deutschland ein Reservat übrig bleiben könnte, in dem
Software-Quelltexte ungehindert veröffentlicht aber nicht gewerblich
genutzt werden dürfen.
Titel:
Sicherheit in der Informationstechnologie und Patentschutz für
Software-Produkte - Kurzgutachten von Lutterbeck/Horns/Gehring
im Auftrag des BMWi
Quelle:
[107]http://www.sicherheit-im-internet.de/download/Kurzgutachte
n-Software-patente.pdf
Eine umfassende Meinung über kontroverse Teile dieses Gutachtens kann
man sich anhand der unten aufgelisteten Diskussionsstränge mit PA
Horns bilden. Zur Einstimmung auf das Thema blättere man in der
[108]juristischen Literatur über die traditionelle Definition der
Technik und der Erfindung. Horns rezipiert diese Literatur nicht oder
spielt sie herunter. Z.B. zitiert er nicht die [109]richtungsweisenden
Artikel von Gert Kolle zur Frage der Nichtpatentierbarkeit von
Computerprogrammen, die auch noch späteren Urteilen wie
[110]Antiblockiersystem, "Flugkostenminimierung" usw als Grundlage
dienten. Das Gutachten verwendet viel Raum auf altbekannte und häufig
widerlegte persönliche Sichtweisen der Autoren. Hierzu gehören auch
Gehrings Vorstellungen zur Neuheitsschonfrist, mit denen eine
Forderung der [111]Hochschul-Patentbewegung unverdiente Unterstützung
erhält. Insgesamt scheinen die Autoren vor allem den derzeit laut
vernehmbaren Interessengruppen Rechnung tragen und ihre Standpunkte zu
einem Kompromisspaket mixen zu wollen, auf dessen Tragfähigkeit es
nicht so genau ankommt.
Das Gutachten zeigt verbale Schärfe bei der Kritik am Patentsystem.
Gestützt auf [112]Machlup ([113]http://www.sffo.de/machlup1.htm)
erklärt es das Patentwesen insgesamt für schädlich. Daraus wird
geschlossen, die Kritik der Softwarepatentierungsgegner ziele
zwangsläufig ebenso wie die von Machlup notwendigerweise auf die
Beseitigung des gesamten Patentwesens ab, und sei daher nicht
umsetzbar. Auf diesem Wege gelangt das Gutachten zu einer Empfehlung,
die sich als
Softwarepatente sind schädlich, also lasst uns sie einführen!
zusammenfassen ließe.
Die Funktion dieses Gutachtens im Kontext der anstehenden politischen
Entscheidungen dürfte darin liegen, dass es der Bundesregierung eine
Rechtfertigung dafür liefert, dem Druck der als übermächtig
empfundenen [114]Patentbewegung nachzugeben und deren Wünsche restlos
zu erfüllen, und zugleich der ebenfalls unüberhörbaren
"Opensource-Bewegung" verbalen Tribut zu zollen. Alle weiteren
Vorschläge dieses Gutachtens dürften schon wegen ihrer Komplexität
schnell unter den Tisch fallen, da Regierungen sehr
"beratungsresistent" sind, wie Prof. Lutterbeck beim [115]Frankfurter
Symposium treffend formulierte.
* [116]Hubertus Soquat 2000-08-03: Bundeswirtschaftsministerium
vergibt Studie Open Source Software
* [117]Das BMWi verkündet die Veröffentlichung des Gutachtens
* [118]Artikel ähnlichen Inhalts von PA Horns in JURPC 2000-10 (Ein
weiterer Artikel dieser Art erschien in GRUR 2001-01)
* [119]Telepolis zu Meinungsverschiedeneheiten über das
LuHoGe-Gutachten
* [120]VDI-Nachrichten zu Meinungsverschiedenheiten über das
LuHoGe-Gutachten
* [121]Diskussion zwischen PA Horns und Hartmut Pilch
* [122]Telepolis über Lutterbeck-Gutachten und FFII
* [123]Lutterbeck-Interview in Financial Times
* [124]Daniel Rödding: Rechtliche Sonderbehandlung von OpenSource
nicht sinnvoll
* [125]In den ersten Januarwochen wurde die Hornssche
Rechtsauffassung besonders ausführlich diskutiert.
+ [126]Antwort von Pilch an Horns
+ [127]Xuan Baldauf: warum geistige und materielle Innovationen
unterscheidbar sind
+ [128]noch eine Antwort von Pilch an Horns
* [129]Artikel von Wolfgang Tauchert (Swpat-Chef des Deutschen
Patentamtes) mit Anmerkungen zum LuHoGe-Gutachten (begrüßt
Standpunkt zur Patentierbarkeit von Software, lehnt aber
Beschränkungen zugunsten freier Software ab.)
* [130]Erich Bierampel: Einige Gedanken zur Studie von
Lutterbeck/Horns/Gehring
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http://swpat.ffii.org/vreji/papri/bmwi-luhoge00/indexde.html
2000-04-07 [131]PILCH Hartmut
Verweise
107. http://www.sicherheit-im-internet.de/download/Kurzgutachten-Software-patente.pdf
108. http://swpat.ffii.org/stidi/korcu/indexde.html
109. http://swpat.ffii.org/vreji/papri/grur-kolle77/indexde.html
110. http://swpat.ffii.org/vreji/papri/grur-bgh-abs80/indexde.html
111. http://swpat.ffii.org/stidi/lijda/bmbf/indexde.html
112. http://swpat.ffii.org/vreji/minra/www.sffo.de/machlup1.htm
113. http://www.sffo.de/machlup1.htm
114. http://swpat.ffii.org/stidi/lijda/indexde.html
115. http://swpat.ffii.org/penmi/frankfurt-20010424/indexde.html
116. http://www.ffii.org/archive/mails/swpat/2000/Aug/0040.html
117. http://www.sicherheit-im-internet.de/themes/themes.phtml?ttid=2&tsid=212&tdid=588&page=0
118. http://www.jurpc.de/aufsatz/20000223.htm
119. http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/4539/1.html
120. http://www.vdi-nachrichten.de/aus_der_redaktion/akt_ausg_detail.asp?id=4207&cat=3
121. http://www.ffii.org/archive/mails/swpat/2000/Dec/0018.html
122. http://www.ffii.org/archive/mails/swpat/2000/Dec/0199.html
123. http://www.ffii.org/archive/mails/swpat/2000/Dec/0212.html
124. http://www.ffii.org/archive/mails/swpat/2000/Dec/0217.html
125. http://www.ffii.org/archive/mails/swpat/2001/Jan/
126. http://www.ffii.org/archive/mails/swpat/2001/Jan/0013.html
127. http://www.ffii.org/archive/mails/swpat/2001/Jan/0016.html
128. http://www.ffii.org/archive/mails/swpat/2001/Jan/0051.html
129. http://www.jurpc.de/aufsatz/20010040.htm
130. http://www.sensortime.com/Lutterbeck.html
131. phm a2e.de?subject=http://swpat.ffii.org/vreji/papri/bmwi-luhoge00/indexde.html
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