Message 02605 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT02605 Message: 1/8 L0 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

[ox] Swpat durch die Hintertuer



Wenn eine maechtige Gruppe etwas will, sind auch demokratische (?)
Regierungen durchaus handlungsfaehig:

http://www.heise.de/newsticker/data/fr-19.05.01-000/

Kurzfassung: Das "Haager Uebereinkommen..." soll dafuer sorgen, dass
Urteile auslaendischer Gerichte beim Wettbewerbsrecht sowie bei
Industrie- und Handelsgeheimnissen durchgesetzt werden muessen.

Das koennte eine Inflation der Rechtsunsicherheit nach sich ziehen.
Dasjenige Land, welches den zahlungskraeftigsten Mandanten seiner
Rechtsanwaelte die staerksten Mittel in die Hand gibt, gibt weltweit den
Ton an und bestimmt die Regeln des Internet.  In wieweit die
Patentinflation davon zusaetzlich angeheizt wird, waere noch zu
pruefen.

Ein japanisches Buch ("Soshou Boukoku Amerika" "Ein Land prozessiert sich
tot") beziffert den Umsatz, der in den USA mit Swpat-Streitigkeiten
gemacht wird, auf 2 Milliarden USD pro Jahr (Stand 1995).

Als das CAFC-Urteil Diamond v Diehr 1981 verkuendet wurde, veranstalteten
Patentanwaelte in New York zur Feier der rosigen Zukunftsaussichten grosse
Bankette.  Als das BGH-Urteil Antiblockiersystem 1980 verkuendet wurde,
"war das Aufatmen unueberhoerbar".  Es schien fuer die Patentjuristen eine
Frage von Leben oder Tod, ob es ihnen gelingen wuerde, ihr Geschaeft von
den daniederliegenden (nach Ostasien auswandernden) klassischen Industrien
auf die noch quicklebendige Softwarebranche auszudehnen.

Es gibt aber auch Laender wie Japan, in denen recht wenig prozessiert
wird.  Die USA muessen ihren Ueberschuss an Juristen, der das Land schon
ziemlich stranguliert, in alle Welt exportieren.  Durch Vertraege wie den
vorliegenden duerfte das hervorragend gelingen.  Insbesondere exorbitante
Forderung nach Ersetzung entgangener Gewinne (1 Milliarde von Kodak an
Polaroid etc) duerften Amerika zum bevorzugten Prozessierstandort machen
und die dortige Wachstumsbranche Nr. 1 noch weiter anheizen.

Bei Sourceforge gehen uebrigens bereits taeglich Beschwerden wegen
Patentverletzung ein.  VA Linux beantwortet die nicht und beruft sich auf
die Redefreiheit.  Aber die entmutigende Wirkung auf die
Softwareentwicklung und die grosse Bluttransfusion von der Softwarebranche
an die Patentbranche usw sind in vollem Gange.

Unser BMJ wird bei alldem sicher mitmachen.  Da koennen die Kollegen des
Berufsstandes volles Vertrauen haben.

Die Rechtswissenschaft hatte noch nie mit Gerechtigkeit zu tun.  Sie
funktioniert in einem Unrechtsstaat ebenso gut wie in einem Rechtsstaat.
Rechtsphilosophie ist allenfalls ein Randgebiet.  Man interpretiert das
Gesetz auch nicht so, wie dies einem konsistenten Verstaendnis des
Wortlauts entspraeche, sondern so, wie es momentanen konsensfaehige
Ergebnisse erzielt.  Und in weiten Bereichen wird dieser Konsens von den
protektionistischen Interessen des Berufsstandes bestimmt, der in
Zeitschriften wie GRUR, NJW usw zu Wort kommt.  D.h. moeglichst viele
Gesetze, eine moeglichst hohe Regulierungsdichte mit moeglichst hoher
Rechtsunsicherheit.

Bei diesem Bestreben sind Grossunternehmen die natuerlichen Verbuendeten,
denn fuer sie bedeutet Rechtsunsicherheit einen relativen Vorteil.  Man
muss aber nicht Hercule Poirot heissen, um zu erkennen, wer der
eigentliche Taeter ist.

--
Hartmut Pilch                                      http://phm.ffii.org/
Pflege statt Pluenderung der Informationsallmende: http://www.ffii.org/
77800 Unterschriften gegen Logikpatente: http://petition.eurolinux.org/




________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT02605 Message: 1/8 L0 [In index]
Message 02605 [Homepage] [Navigation]