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[ox] Ergänzung



Mir sind noch zwei Ergänzungen eingefallen:
der sog. Kubismus, eine von Picasso berühmt gemachte Maltechnik (wie der Name 
schon sagt, waren die Grundelemente kubische Formen; das bekannteste Bild ist 
"Mademoiselle d'Avignon, eine Treppe herabsteigend", im Grunde ein 
kubistisches "Porträt" einer Pariser Prostituierten) ist im Grunde nichts 
Anderes als "malerisch" umgesetzte Relativitätstheorie.

Oder der sog. logische Positivismus, ein von Wiener Philosophen 
hervorgebrachte Erkenntnistheorie (sogar Lenin hat über ihn geschimpft und 
ihn "Empiriokritizismus" genannt, eine der unverdaulichsten Lenin'schen 
Schriften), wurde von Ludwig Wittgenstein weiterentwickelt; sein berühmtestes 
Werk "Tractatus logico-philosophicus" entstand während des 1. Weltkrieges im 
Schützengraben während Gefechtspausen, und wie ich ja weitergepostet habe, 
hat sich Wittgenstein auch als Ingenieur, Architekt etc. betätigt. 
Wittgenstein hat einen wichtigen Beitrag zur mathematischen Logik und zur 
Erkenntnistheorie geleistet. Oder der englische Philosoph Russell: sein 
bekanntes "Typenmischungsverbot". Damit ist gemeint, dass logische Probleme 
auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen nicht miteinander vermischt werden 
dürfen: Objekt- und Metaebene müssen auseinandergehalten werden. Oder Goedel: 
das Problem der Selbstbezüglichkeit, "ein System kann sich nicht selbst 
enthalten". Immer noch lesenswert dazu: Hofstadter, Goedel, Esher, Bach - Ein 
endloses geflochtenes Band.

Der österreichische Schriftsteller Robert Musil hat bis zu seinem Tod 1940 im 
Schweizer Exil (in Genf) an einem Roman geschrieben, "Der Mann ohne 
Eigenschaften". Der Roman spielt im K. u. K.-Reich, Österreich-Ungarn, kurz 
vor Ausbruch des 1. Weltkrieges. Die Hauptperson ist Ulrich, ein 
Mathematiker, der ein Jahr Urlaub nimmt, um darüber nachzusinnen, wie sich 
mathematische Verfahren auf die Realität anwenden lassen. Musil hat sich 
dabei auf den oben erwähnten logischen Positivismus bezogen. Ulrich scheitert 
(absehbar), aber er kommt immerhin dahin, zwischen "Wirklichkeitssinn" und 
"Möglichkeitssinn" zu unterscheiden, und damit werden etliche Seiten 
(zusammen ca. 1500) gefüllt, der Roman ist Fragment geblieben. Gleichzeitig 
ist der Roman eine teilweise hochkomische Gesellschaftssatire auf die 
zerfallende KuK-Monarchie.



Kurt-Werner Pörtner
 
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Organisation: projekt oekonux.de


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