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Re: [ox] WOS2 -- Wohlstand



Hallo Dirk und Rest!

Ich skippe mal den ganzen Rest und komme zur (IMHO) Kernfrage:

On Sat, Nov 03, 2001 at 12:42:15AM [PHONE NUMBER REMOVED], Dirk Herrmann wrote:
Zum Thema "Ideologie" möchte ich noch mal auf die Theorie der Asymetrie von 
Falsifikation und Verifikation von Karl Popper. Es ist einfach das Gegenteil 
zu behaupten, man muss es nur beweisen. Ich hoffe immer noch, dass einer mir 
ein neues Denkmodell anbietet dass vielleicht genauso einfach, unzureichend, 
verblendet und unwahr ist wie die BWL , aber immerhin doch einen 
Modellcharakter aufweist und die aufgeworfenen Fragen / Prolemstellungen 
ausreichend zu erklären versucht bzw. sogar beantwortet.

Wie ja jetzt alle Beteiligten wohl inzwischen eingesehen haben, wird hier
von unterscheidlichen Begriffsystemen heraus argumentiert und alle
Beteiligten haben ja wolh inzwischen verstanden, dass man nur sinnvoll
miteinander reden kann, wenn es gelingt, auf dieser sehr grundlegenden Ebene
eine gemeinsame Sprache zu finden.

Das führt uns direkt zu Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie und ähnlich
unangenehmen Disziplinen. Deswegen ist es ja sehr schön, wenn Du Deine
Grundlage - nämlich die Theorie Poppers - nennst. Ich denke, ich verrate
kein gut gehütetes Geheimnis, wenn ich Dir sage, dass Stefan Mz. eben nicht
auf dieser Grundlage arbeitet, sondern auf einer anderen - dialektischen.
Als ich letztens bei ihm in Berlin war, sagte er mal: "Wie kann man
überhaupt anders denken als dialektisch?" Wir haben es hier also
offensichtlich mit zwei Fundamentalisten zu tun ;-)

Popper selbst hat diesen Streit übrigens auch schon ausgefochten, wenn ich
mich richtig errinnere mit Adorno und das ist als "Positivismusstreit" in
die Geschichte der Philosophie eingegangen. Viel mehr weiss ich darüber aber
leider nicht, muss ich gestehen. Wenn wir das Thema vertiefen wollten,
könnten wir also da mal nachlesen.

Was mich angeht, sehe ich es so, dass es nicht _den_ Weg zur Erkenntnis
gibt, sondern die unterschiedlichsten Wege, die in unterschiedlichen
Gegenstandsbereichen unterschiedliche Geltung haben. Letzte Gewissheit
schafft dabei keiner dieser Wege. Was ich jedoch auch denke, ist das eine
positivistische Sicht in gesellschaftlichen Zusammenhängen völlig verfehlt
ist. Warum das?

Es gibt viele Möglichkeiten sich das deutich zu machen. Eine für mich
ziemlich offensichtliche funktioniert über "Sprache". Es ist _die_ große
Entdeckung der Philosophie des 20. Jahrhunderts, das Sprache nicht nur ein
Phänomen ist, sozusagen ein Ergebnis von Kultur, sondern dass sie umgekehrt
auch Gesellschaft und Kultur konstituiert und das deswegen Sprache immer ein
zentrales Moment ist, sobald ich über Menschen und was sie so treiben
nachdenke. Das nennt man den "Linguistic Turn" und dahinter zurückzufallen
ist nicht allzu sinnvoll, denke ich.

Jetzt davon auszugehen, man könnte in der Gesellschaftswissenschaft
falsifizierbare Sätze aufstellen, negiert für mich diese Erkenntnis, denn
das würde ja bedeuten, dass man diese Sätze vor irgendeinem allgemein
anerkannten logischen System rechtfertigen kann.

Für mich persönlich sind mathematische Funktionen und Modelle zumindest 
WENIGER ideologisch als schön formulierte Sätze.

Immer und überall? Wohl kaum, oder? Es gibt Gedichte, Lieder, Bilder, die in
wenigen Worten, Tönen, Farben mehr Wahrheit enthalten, als alle Mathematik
dieser Welt. Kennst Du das nicht?

Grüße, Benni
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Organisation: projekt oekonux.de


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