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Re(2): [ox] Moegliche Integration einer "freien" Wirtschaft in der heutigen Gesel



Stefan Mn schreibt:
Ja, das geht sehr in die Richtung der Überlegungen des genannten
Threads.

Wichtige Unterschiede zu Freier Software sind:

* Handwerkliche Arbeitsorganisation
* Knappheit wird nicht durch einen technischen Kniff (digitale Kopie)
 "einfach so" beseitigt
* Materielle Güter
* Regional relativ beschränkte Kooperation
* Geschlossen gegenüber Außenstehenden

Ob das entscheidende Unterschiede sind, wissen wir wohl (noch) nicht.


Kommt wohl aufs Ausprobieren an. Aber besonders attraktiv sind
die genannten Punkte natürlich nicht. Ich behaupte einmal, daß das
Konzept der "Globalen Dörfer" in jeder Hinsicht über sie hinaus geht.
Mach es jetzt auch nur mal in Stichworten. Jeder weiß, es ist ein 
Konzept, in dem sich freie Software und Subsistenz begegnen, es
gibt davon nur Bruchstücke und Ansatzpunkte.

* Handwerkliche Arbeitsorganisation

nein:

Werkstatt-Sharing; das heißt Zugriff auf Automation, wenn
auch nicht in Fabriksdimension.
Zunehmende Einführung von automatisierten Produktionsprozessen.
Synchrone Telekooperation zur Verbesserung und Abstimmung
von "Bauplänen" steht im Zentrum der Produktion.

* Knappheit wird nicht durch einen technischen Kniff (digitale Kopie)
 "einfach so" beseitigt

Knappheit wird weitgehend beseitigt durch Kreislaufwirtschaft,
das heißt "nachwachsende" lokale Ressourcen sowie ihre clevere
Kombination.

Ein Beispiel: in NeW Alchemy (Massachusets) haben sie mit
Wasserkreisläufen gearbeitet. Solar-Fischtank (fördert
Algenwuchs und damit Futter) entwässert in erdlose Hydrokultur
(Tomatenstauden mit sehr hohem Ertrag), gleichzeitig erste
Stufe der Reinigung etc. Ein Prozeß "füttert" den anderen, durch
sein "natürliches" Resultat. Im Idealfall führt das an den 
Ausgangspunkt zurück, solche Prozesse gehen mit Biomasse-
Kraftwerken etc. ganz gut.

"Technische Kniffe" werden dafür jede Menge benötigt, das Verfahren
läßt sich auch nicht standardisieren, wie man bei der Permakultur
sieht. Tiefes Studium von prozessen und "künstlerische" Kombination.
Architektur und Landwirtschaft und Verfahrenstechnik verschmelzen.

Es werden sich aber "Leittypen" herausbilden, es wird darum Entwickler-
communities geben, verschiedene Modelle, die ihre eigenen Modelle haben.
Wichtig ist daß sich diese Modelle nur mit experimentellen Sites
verbessern lassen (siehe z.B. das Archology Modell www.arcosanti.org)

* Materielle Güter

OK, dagagen läßt sich wenig sagen, aber es gibt ein zunehemndes 
"Repository" von Bauplänen und Algorithmen. Die Güterwelt
paßt wahrscheinlich besser zusammen, ist rationeller
durchgestaltet. Gutes Design ist daran sichtbar, daß die Sachen
nicht "sperrig" sind.

* Regional relativ beschränkte Kooperation

Das ganze funktioniert nur unter der Bedingung globalen 
Wissensaustrausches; wenngleich die Kooperation mit den
Industriezentren noch immer monetär vermittelt sein mag
(Dein Containerbeispiel letztens) so entsteht daneben eine
große "Open Source der Baupläne und Verfahren".

Je mehr lokale und regionale Akteure sich in diese globale
Kooperation einklingen, umso größer das Inventar, das zur
Gestaltung globaler Dörfer zur Verfügung steht.

* Geschlossen gegenüber Außenstehenden

Das ist vielleicht eine Kinderkrankheit, aber die 
"virtuelle Kooperative" der globalen Dörfer lebt 
vom Wissenstransfer. Selbst die alten Subsistenzwirtschaften
waren in Netzwerke eingebunden, der Reifegrad von
globalen Dörfern zeigt sich daran inwieferne sie
vielfältige Außenbeziehungen und neue Meta-Netze
zuwege bringen.

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Was die "Integration in der heutigen Gesellschaft" (nicht
unbedingt eine glückliche Bezeichnung für das)  betrifft,
wird sie eine Überlebensfrage und eine Frage des Anstandes.
Seit die herrschende Gesellschaftsordnung die Unfähigkeit
dem menschlichen "Pursuit of Happiness" nachzukommen
auch offiziell zugeben muß (Arbeitslosigkeit, immer mehr
strukturelle Verwüstung) hat sie nur zwei perspektiven:
Globaler Krieg oder Globale Dörfer. Ich denke nicht daß sie
sich für eine Alternative entscheiden wird, aber daß sie
heute aussschließlich auf globalen Krieg setzt fällt ihr 
zunehmend auf den Kopf. Der Indien-Pakistan Schock wäre
wieder so eine Gelegenheit, Fehler zu korrigieren, bevor 
sie schmerzhaft erlebt werden müssen. Wir sehen aber auf
der Sozialstaatsebene, daß immer mehr die Bedeutung von
NGOs und Stadtteilarbeit steigt. Das Herstellen von 
funktionierenden Reproduktionszusammenhängen die
vorhert gewaltsam aufgerissen wurden ist einerseits eine
Überlebensfrage der gesellschaft; sie ist aber auch Geschäfts-
interesse einer eigenen Industrie. Als ein Beispiel von Myriaden:
http://www.clivus.com/
eine Kooperation dieser "Prosumer Industries" könnte die 
ökonomische Macht hinter der politischen Forderung herstellen.

Verdammt nochmal, es ist wirklich bitter, diese Chance zu 
sehen und ihre strategische und politische Realisierbarkeit,
während sich die politisch Aktiven in total unfruchtbaren
Kleingrabenkämpfen bewegen!

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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