Message 05797 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT05423 Message: 5/14 L3 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] HOWTO Encourage Women in Linux



Aloha,

Sehr schöner Text. Ich hab's in die Link-Liste aufgenommen.

Darin
beschreibt sie (selbst Kernel-Hackerin) Ursachen, wieso Frauen
sich oft  von Linux fernhalten. Sie geht dabei auf das soziale
Umfeld in der  Community ein, und gibt Tips für
Verhaltensweisen, wenn Mann nicht alle  Frauen verscheuchen
will. Diese Tips gelten allerdings auch allgemein,  von Mensch
zu Mensch.

Ich finde den Text auch prima, vor allem als Ausgangslage fuer einen
Neustart der Etchie-Gender Diskussion. Mir faellt gerade ein, dass es
da aufm Grenzcamp in Strassbourg einen Workshop zu gab: techie - a
gendered Identity? ich glaube, die haben einen text auf Indymedia
gesetzt. ich kann den ja mal suchen.

Ich schreib jetzt mal ein bisschen drauf los, was mir so zu den Thema
einfaellt. Nachdem ich nun einige Zeit damit zugebracht habe,
iregndwelche Buecher und texte nach einer Antowort zu durchstoerbern,
die die geschlechtliche Arbeitsteilung und die sich daraus
entwickelnde unterschiedliche Sozialisation erklaert, bin ich
irgendwie auch nicht schlauer. Auf jede Antwort folgen 20 Fragen, und
nun habe ich mehr Fragen als Antworten. ist auch ein Ergebnis.
Ein paar Sachen kann ich natuerlich erzaehlen, bzw. ich kann auch mal
sagen, was fuer Fragen udn Antworten sich da so ergeben haben.
So wie sich das geschlechterverhaeltnis heute und hier darstellt, ist
es nicht immer gewesen und ich es auch nicht ueberall. Das bedeutet
schon mal, dass es keine genetische oder sonstwie biologische
Notwendigkeit gibt, so zu leben wie wir. Stellt sich die Frage wie
sieht's woanders aus/wie sah es frueher aus. Da gibt es dann
Forschungen, dass eben am Anfang der Menschheit alle alles gemacht
haben, wobei das mit den kindern gezwungenermassen ueberwiegend an
den Frauen haengengeblieben sein wird. Da aber nicht alle dauernd
schwanger waren oder Kinder hatten udn es noch keine Kleinfamilie gab
- also auch Gruppenbetreuung wahrscheinlich war, ja die biologische
Mutterschaft vielleicht gar nicht wichtig, waren trotzdem immer
genuegend Frauen dafuer frei, alles zu machen, was Maenner auch tun.
Trotzdem haben dann wohl sich hauptsaechlich Maenner um das Jagen udn
Frauen um die Feldwirtschaft bemueht - sagen manche, andere
bestreiten das. Wobei die Wichtigkeit fuer das Ueberleben auf dem
erst Sammeln von Beeren udn so Kram, und dann auf der revolutionaeren
Erfindung des Ackerbaus lag - Jagen war eher wie Lottospielen.
Irgendwann sollen dann die Maenner fuer's jagen krasse Waffen
entwickelt haben und sich damit dann zur Herrschaft ueber andere
Maenner sowie ihre eigenen Frauen aufgeschwungen haben - die
Erfindung des Krieges und der gewaltsamen Unterdrueckung. Udn schon
habe ich mindestens zwei fragen: Diese Entwicklung ist nicht fuer
alle Teile dieser Welt gueltig: an vielen orten gab es bis vor Kurzem
noch Gleichberechtigung, oder sogar Matriarchat. Das heisst, diese
Entwicklung ist kein Quasi-Naturgesetz. Dass das gewalttaetige,
waffentragende Patriarchat dann die ganze Welt erobert und
unterdrueckt hat, ergibt sich dann daraus, dass sie halt dijenigen
waren, die darauf kamen, dass mann das ja machen kann, weil si die
Mittel dazu hatten - so zumdinest will es die Interpretation einiger
WisenschaftlerInnen. Die zweite Frage aber, die sich ergibt: Wieso
kamen die Menschen UEBERHAUPT darauf, Arbeitsteilung entlang von
geschlechterlinien aufzumachen? Es haette ja gereicht, dass bestimmte
Aufgaben IRGENDWELCHE aus der Gemeinschaft machen, egal ob sie nun
Brueste oder einen Schwanz haben - oder? Und die naexte Frage: wenn
die Maenner Kriegsgeraet erfanden, und damit vorher freie Frauen
unterdruecken wollten, wieso ist es nicht zu massivem Widerstand, der
auf Grund der gleichen Grundvorraussetzung ja ziemlich einfach zu
organisierien gewesen waere, gekommen? Die Frauen haetten sich z.B.
verweigern koennen. Hungrige, frierende Maenner kommen nicht weit -
und wenn sie alle Frauen umbringen dann war's das auch.

Deswegen bin ich jetzt an so nem Punkt, dass ich sage: Gehen wir mal
davon aus, wie es heute ist und gehen wir ausserdem davon aus, das es
bewiesenermassen nicht so sein muss, auch wenn wir die Frage, wie es
dazu kam, nicht beantworten koennen.
Der text von Vel ist sehr praktisch was die Frage angeht, was sich an
Verhalten aendern muss. Aber er greift ein bisschen kurz. Ich weiss
nicht, was sich Maenner in den politischen Maennergruppen und
Maennertherapiegruppen so ueberlegt haben, aber die meisten von denen
sind sehr angenehme Zeitgenossen. Vielleicht waere es interessant,
was die fuer Theorien und Ideen hatten. [maennergruppen entstanden
als reaktion auf den Druck autonomer Frauengruppen, die keine Lust
mehr auf das ganze Mackergehabe hatten] Da geht es ganz viel um die
Frage: wie gehe ich mit mir um, wie gehe ich mit anderen um? es
handelt sich dabei auch um die kritische Hinterfragung und Analyse
gaengier, also herrschender, also patriarchaler (in der Mehrheit)
Ideal von Umgang mit sich und anderen. Das heisst: Konkurrenz,
ueberlegenheit, Perfektion,  keinen Fehler machen duerfen,
Platzhirsch Gehabe, Ehre & Ruhm, Unantastbarkeit, Unverletzlichkeit,
macht, Dominanz, Machtkampf.... letztlich ein Bild von Menschen, die
kalt, distanziert und darauf aus sind, andere zu uebertrumpfen.
Alles, was davon abweicht, ist peinlich, erniedrigend oder weniger
wert oder nur "anders" und wird auch als solches behandelt. Davon ist
auch in der Software - wie in jedem Maennerdominierten Bereich - viel
zu merken. Ein Ausdruck ist das Maennerbuendische an den ganzen
Techievereinen und an der tatsache, dass mann sich zu schade ist,
irgendwem was zu erklaeren. Entweder mann macht es selber und die
andere Person kann dann mit der Ergebnis umgehen, oder mann beruft
sich darafu, dass mensch das einfach selber lernen muss und erklaeren
zu kompliziert ist. Jens vom Umsonstladen Berlin hat das auf der
Konferenz einmal gesagt; es kaeme ihm vor, als wuerden die linuxer
ihr Wissen hueten, wie einen heiligen Gral - fuer uneingeweihte und
andere profane kein Zutritt. Nicht, weil alles nicht total offen und
zugaenglich waere, sondern weil niemand sich die Muehe macht, damit
nach Aussen zu treten, anderen unter die Arme zu greifen, zu
erklaeren, etwas so zu konzipieren, dass es auch fuer
Dritte/EinstergerInnen verstaendlich ist. Das Argument, das ich oft
gehoert habe, ist: In der freien Software hilft mensch sich selbst.
Was Du brauchst, musst Du Dir selber organisieren/programmieren. Und
da faengt's auch schon an. Diese Einstellung laesst null
Sensibilitaet fuer weniger bewanderte und damit EinsteigerInnen
erkennen und vermisst jegliche Bemuehung, sich um Neue,
AnfaengerInnen und "die Aussenwelt" zu kuemmern. Man ist in seiner
Welt und fertig. Wer da rein will, muss den Huerdenlauf des
Selbstbeibringens, Szenecode erlernens etc durchstehen. (das wuerde
heissen, wer kuenftig in die Linke einsteigen will, muss halt selber
sehen, wie ersiees seinen marx/JudithButler/etc liest... gruselig)
Zurueck zur Frauenfrage. Wie Vel schoen erklaert, sind solche
Verhaltensmuster nciht nur dazu geeignet, alle moeglichen Leute
fernzuhalten, sondern im Speziellen Frauen, da diese auf Grund ihrere
Sozialisierung besonders empfindlich darauf reagieren. Aber nicht nur
deswegen.
Heutzutage Experte/in fuer irgendwas zu sein, heisst sich enorm
spezialisieren. keine Frage kriegen das eine Menge Frauen in
verschiedenen Bereichen genauso hin wie Maenner (etwa Medizin oder
Jura). Bei Computern ist das aber noch mal was anderes. Klar kann
mensch heute Informatik studieren und muss vorher sein/ihr Leben nix
anderes gemacht haben als einigermassen gut in Mathe sein. Eine nicht
geringe Zahl von Hackern, Programmierern, Techies speist sich aber
glaube ich aus den Leuten, die ihre Jugend mit dem Zeux verbracht
haben. Und das faengt beim viel Computer -Spielen an und hoert beim
Programmieren und basteln wahrscheinlich nicht auf. Daraus ergeben
sich nun zwei Probleme: a. Informatikstudieren, also gut in Mathe
sein oder sich ueberhaupt fur Mathe interessieren trifft auf die
wenigeren Maedchen in der Schule zu (in meiner Klassenstufe waren
das: neusprachlicher Zweig, 2 Klassen, davon eine 20w, 10m; die
andere 20w 3m; mathe-naturw. Zweig: 3 Klassen, viele Maenner, wenig
Frauen [genaue Zahlen keine Ahnung, mit denen hatten wir
"NeusprachlerInnen" nix zu tun...] ). Da wird also schon
vorselektiert. Dann ist es glaube ich so, dass Maedchen in Mathe
tendenziell schlechter sind (und zwar nicht, weil sie ein mangelndes
Mathegen haben, sondern weil sie von geburt an weniger in dieser Form
des Denkens trainiert werden, und zwar von den Eltern oft unbewusst),
also nochmal vorselektiert. Ich selber habe mich mein Leben lang der
Mathematik konsequent verweigert, Ich wusste einfach nichts
anzufanegn mit abstrakten Zaehlen-Buchstaben Kombinationen. Das, was
ich gelernt habe, um mein Abi zu schaffen (welches ansonsten
Spitzenwerte hatte... absurd), habe ich inzwischen erfolgreich
vergessen.
Dazu kommt nun, dass es auch weniger weibliche Techies gibt. Ich habe
meine Schulzeit lang viel mit Typen zu tun gehabt, die quasi mit
ihrem Compi (und anderen technischen Geraeten) verheiratet waren.
Manche haben es nicht mal im Sommer vor die Tuer geschafft... ihre
Hautfarbe glich der Farbe des Compigehaeuses... Das sind Klischees,
aber es gibt sie. Ich habe viel von diesen menschen gelernt, oder,
falsch, ich habe durch den Umgang mit ihnen mir Sachen abgeschaut,
weil erklaeren wollten die ja nicht so gerne. Ich habe wenig Ahnung
von der Konfiguration meines eigenen Compis... ein guter Freund hat
ihn zusammengeschraubt und installiert... wenn ich ein Problem habe,
geht's nicht ohne den (und das, o die Freundschaft jetzt auch noch im
Arsch ist, ein Grund mehr, auf Linux umzusteigen).
Warum gibt es keine weiblichen techies (oder wenige)? Naja, waehrend
also diese freunde von mir Nachmittage und Naechte damit zubrachten,
sich in die Tiefen ihrer geraete vorzuarbeiten, habe ich mich mit
Sport, Haarefaerben, Kinogehen, FreundInnen besuchen, verreisen,
Umweltschutz, Saufen und Feiern, erste sexuelle Kontakte (und damit
auch Missbrauch)  und so Kram beschaeftigt. Typisch Maedchen: sozial,
freundlich, engagiert und oberflaechlich. Waerend mich niemensch dazu
haette bringen koennen, mich sosehr auf ein Thema, eine Aktivitaet zu
beschraenken, so viel Zeit in eine so unsoziale und nach innen
gewandte (sowohl weil ohne viel Sozialkontakt wie auch weil im Haus)
zu investieren, bestand der hauptsaechliche Sozialkontakt meiner
Techiefreunde darin, sich in einem Keller einzusperren, ein Netzwerk
aufzubauen und dann naechte durchzuzocken.... das fand ich extrem
unattraktiv. Irgendwann mit 18/19/20 haben ein paar gemerkt, dass
ihnen was fehlt. Dann ist die Schule vorbei und ploetzlich sieht er
gar keine Menschen mehr. Und so weiter.
Das sind nun meine subjektiven Erfahrungen mit der Spezies techie.
Ich war fast immer die einzige Frau. Und meine Rolle war Dekoration,
oder Aussenkontakt.. alles,w as mit Interaktion zu tun hat (etwa bei
den schulischen technikgruppen. Da war ich dei Sprecherin, die Typen
haben das technische gemacht. Eine andere in der Technigruppe wurde
requisiteurin, das heisst sie durfte das Inventar sortieren. Dann
gab's noch eine, die war halt die Freundin von dem einen Typen, und
kam immer mit dem mit, wobei sie schon einiges konnte an
Technikkram...) Ich weiss nicht, ob das nachvollziehbar ist. Ich
glaub halt, dass frauen nicht dazu erzogen werden, sich so intensiv
auf eine sozialfeindliche Taetigkeit zu konzentrieren, die zudem
nochMFaehigkeiten verlangt, die nicht als weiblich gelten. (es ist
mir auch klar, dass das heute KeineR mehr so sagen wuerde... und doch
wird da Muster unbewusst und unausgesprochen fortgesetzt)

Nun kommt der letzte Themenkomplex. Und da geht es nun darum, warum
Frauen, wenn sie es nun schonmal zum Techie gebracht haben (wobei ich
bezweifle, dass diese identitaet in der Form, wie ich sie immer
wieder erlebt habe, etwas erstrebenswertes ist), dann immer noch der
FreienSoftware fernbleiben. Ich habe das in einem Gespraech mit einer
anderen frau nach der Genderdebatte im freie menschen Workshop mal
diskutiert. Es ist leider immer noch so, dass der groesste teil der
unbezahlten, sog. reproduktiven Arbeit von frauen geleistet wird,
waehrend die meisten inzwischen zusaetzlich berufstaetig sind. Das
bedeutet schlicht und ergreifend, dass durch diese Doppel-, zumindest
aber Mehrbelastung, weniger Zeit fuer anderes bleibt. Platt gesagt:
Wenn Herr techie vom Programmierjob nach Hause kommt, isst er,w as
sie gekocht hat, macht sich nen Bier auf, entspant und setzt sich
nachmal vor'n Compi und schreibt einen Teil fuer GIMP. Frau
Programmiererin kommt nach Hause, kocht fuer ihn, macht dann den
Abwasch, unterhaelt sich mit den evtl. Kindern oder so, und dann hat
sie vielleicht gerade noch genug Energie, um mit ihrer Freundin ins
Kino zu gehen. Am Wochenende kauft sie ein, putzt die Wohnunh (wenn
das nicht inzwischen eine eingekaufte Migrantin macht).... ok, das
ist sehr platt, entspricht aber doch der tatsache, dass auch bei den
Besserverdienenden die Frau mehr reproduktive Arbeit macht als er.
Einige Konferenzteilnehmer berichteten von ihrer Ehe, wobei wir
feststellten, dass sie auf Kosten ihrer frau auf der Konferenz sind,
dass ihre Ehe tatsaechlich in vielen Bereichen - obwohl sie linke,
bewusste, antisexistische Maenner sind - immer noch klassisch
repressiv ist. (Wobei ich ja fuer die enguetlige Aufloesung der Ehe
bin... ist per se n IKnast... anderes Thema) Die Frau sagte, dass es
sie nerven wuerde, dass sie ihrem freund, mit dem sie zusammenwohnt,
andauernd sagen muesste, er solle auch mal: abwaschen, kochen,
putzen... und weil sie keinen Bock hat, das immer zu sagen, bleibt es
an ihr haengen; oder sie ist die Noerglerin... Tolle Wahl.

So, jetzt habe ich keinen bock mehr, auf den Bildschirm zu starren.
ich freue mich auf Eure Gedanken zum Thema.
Empfehle das HOWTO von Val zu lesen
http://www.nmt.edu/~val/howto.html . Ausserdem: Ursula Scheu: Wir
werden nicht als Maedchen geboren, wir werden dazu gemacht; Elvira
Scheich: Naturbeherrschung und Weiblichkeit.


Aloha

 rehzi




________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT05423 Message: 5/14 L3 [In index]
Message 05797 [Homepage] [Navigation]