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[ox] aus CONTRASTE: Juni 2003: ABI von Unten - Bildung für



hi leute,

diese infos wg. der idee von christoph spehr, die via stefan mn. an 
oekonux gingen. ein weiteres projekt ist die AHS (arbeitstitel), das 
in coforum.de beschrieben ist. sorry bei doppelempfang.

ich habe den ganzen contraste-footer mal in der mail gelassen, da 
in der vorletzten ausgabe von contraste auch der ox2-schwerpunkt 
drin war. 

--
MfG, Karl Dietz
http://www.karldietz.de

cc inex

------- Weitergeleitete Nachricht / Forwarded message -------
An:             	<contraste-list yahoogroups.de>
Organisation:   	Contraste e.V.
Von:            	"Dieter Poschen" <CONTRASTE t-online.de>
Datum:   	Fri, 30 May 2003 23:07:48 [PHONE NUMBER REMOVED]
Betreff:        	[contraste-list] Juni 2003: ABI von Unten - Bildung für Alle?... für 
	den Standort oder was?

...


Aus CONTRASTE Nr. 225 (Juni 2003)

ABI VON UNTEN

Bildung fuer Alle?....
fuer den Standort oder was?

Bundesbildungsministerin Bulmahn kuendigte vor dem
Bundestag eine Modernisierung des Bildungssystem an,
in deren Mittelpunkt eine bestmoegliche Bildung fuer alle
Menschen steht. "Wir werden unser Bildungssystem
modernisieren und zukunftsfaehig machen", versprach
Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn am
30. Oktober 2002 vor dem Deutschen Bundestag. Das
Ziel sei eine bestmoegliche Bildung fuer alle Menschen
und ein wissenschaftlicher Fortschritt, der allen
Menschen zugute komme. (REGIERUNGonline
- Bestmoegliche Bildung fuer alle Menschen.htm
1.11.2002)

Von Gerhard Kern - Bei der Reflexion des ersten
Erfahrungsberichtes zu der 2002 gegruendeten ABI
(Alternative/Anarchistische Bildung) kam die Idee auf, einen
Schwerpunkt zum Thema Bildung fuer CONTRASTE zu
machen. Es sollte darum gehen eine "Bildung von unten" ins
Gespraech zu bringen. Uns kann es schliesslich
nicht darum gehen den Kapitalismus durch eine staatskonforme
Bildung schoener, sondern das Leben aller Menschen in einem
besseren Gesellschaftssystem ertraeglicher
zu machen.


Da alle Ansaetze der politischen Klasse den Menschen,
wenn aus ihrer Sicht noetig, die "Demokratie" (sprich
Kapitalstaat) mit Zwangsmassnahmen, z.B. mit Krieg und
Terror bringen wollen, kann das wohl nicht die Unterstuetzung
der emanzipatorischen Linken finden.. Es kann
nicht sein, dass Bildungssysteme akzeptiert werden, die
nichts anderes zum Ziel haben als die Buerger an ein
Wirtschaftssystem anzupassen, welches auf der Grundlage
der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beruht.

Wie so oft: wenn etwas Gutes werden soll, so muessen
wir es selbst in die Hand nehmen.


Zur Erinnerung: ABI soll besonders jungen Menschen nach der
Schule die Moeglichkeit geben in Zusammenarbeit mit Projekten
aus der linken Szene und
Einzelpersonen ein "Studium" zu machen, welches
nach ca. drei Jahren mit einem qualifizierenden Abschluss
endet. (1)

Mittlerweile hat ja der erste Student seinen ersten
Erfahrungsbericht schon vorgestellt und bestaetigt darin,
dass so etwas mit etwas Selbstdisziplin und Unterstuetzung
auch funktionieren kann. (2)


(Kapital)Staat und Bildung

Waehrend in den Gesellschaften der BRD und der EU, der
Sinn und Zweck der Erziehung an sich, der Paedagogik
und den daran anknuepfenden Ausbildungsvarianten
kaum hinterfragt wird, meinen wir, dass radikale Kritik
angebracht ist. Die Pisa-Studie hat einigen Aufruhr in
der Erziehungslandschaft bewirkt und wie sollte es anders
sein, aus unserer Sicht katastrophale Loesungsvorschlaege
hervor gebracht. Die herrschende Politik kann ja
auch gar nicht anders, als eben solche Vorschlaege aufgrund
des Pisa-Ergebnisses (fuer den Standort) zu erarbeiten.
Ausserdem kann man sagen: auch all die gut gemeinten
Reformvorschlaege- und Projekte linksliberaler Provenienz sind
nicht geeignet, das Dilemma fuer die Bildung
in einem emanzipatorischen Sinne zu beheben. Eine Kritik der
Paedagogik und Erziehung muesste viel radikaler
sein und das Gesellschaftssystem mit einbeziehen. Da
aber gilt: so wie es eine verkuerzte Kapitalismuskritik gibt,
so auch fuer die Kritik an Paedagogik/Erziehung/Bildung.


Da Kritik immer auch eine Bewertung des Gegenstandes enthaelt,
in unserem Falle des Systems und der enthaltenen Bildung,
zielt sie auch auf eine radikale Veraenderung hin. Vor
einschneidenden Gesellschaftsveraenderungen oder auch
waehrenddessen ruecken stets die Themen
Bildung, Erziehung und Schule in den Brennpunkt der
Aufmerksamkeit. Auch die politische Linke macht da keine
Ausnahme. Nun hat die Linke seit jeher das Problem,
dass sie im Bildungsbereich tun kann was sie will. Die
Fruechte der Bemuehungen kommen nach den bildungspolitischen
Initiativen fast zwangslaeufig der politischen
Klasse zugute. Linke Kindertagesstaetten, Volkshochschulen,
Reformschulprojekte, Sommer- oder Alternativunis;
sie alle waren jeweils in unterschiedlicher Form Ideengeber
und dann in abgemilderter Form Systemerhaltungsmassnahmen.
Ja, man kann sogar soweit gehen und sagen, dass sie die
Herschaftsform des Kapitalstaates ertraeglicher gemacht haben
und zwar mit Hilfe der demokratischen Ideologie. Im Sinne
Slavoy Zizeks muessen wir die
Demokratie hinterfragen. Ist sie nicht die Gesellschaftsform,
die sich am besten dazu eignet den Kapitalismus in
Vollendung zu realisieren? (3)

Schule und Bildung bestimmen
das soziale Niveau des Menschen

Man koennte schlussfolgern: machen wir die bessere
Schule, die bessere Paedagogik und die Armut, das Leiden wird
von der Erdoberflaeche verschwinden. Diese
Argumentation vergisst den Entwicklungszwang durch
die herrschende Oekonomie. Nach wie vor bestimmen
nicht irgendwelche Ideale, wie z.B. Menschenrechte
und Humanismus das Leben der Menschen; deren Einfluss ist
rudimentaer und nur in reichen Gesellschaften
fuer den vermoegenden Teil erreichbar. Die beherrschte
Klasse hat nur einen Anteil daran.

Den Paedagogen verbleiben nur geringe Chancen
die zukuenftige Welt der Zoeglinge zu verbessern. Paedagogik und
Schule sind durch ihre Marktfoermigkeit
fast deckungsgleich mit den jeweiligen Intentionen
des Staates. Als Taeter und Opfer zugleich vermoegen
die Erziehungsberechtigten nicht zu sehen, dass das
dreigliedrige Schulsystem die Weichen stellt fuer die
Klasse der Besitzenden einerseits, die meist schlecht
bezahlten Arbeiter und Angestellten und auch fuer das
letzte Drittel der Gesellschaft in Armut und kultureller
Unterentwicklung.


PaedagogInnen und nicht nur sie haben ein Menschenbild
entwickelt, welches mehr oder weniger explizit von einer
Vorstellung ausgeht, welche aus der
Zeit der Kolonialisation stammt und besagt, dass es
"wilde" und "zivilisierte" Menschen gibt. Im uebrigen befinden
sie sich ganz und gar im Gleichklang
mit der immer noch boomenden New-Age-Bewegung, die ebenfalls
toent: "Denn von Natur aus ist der
Mensch unordentlich und schmutzig..." und insofern stehen sie
wohl auch wieder auf der Hoehe der
Zeit. Aus diesem universellen und zeitlosen Urgrund
haben sie tiefsinnig den "erziehungsbeduerftigen Menschen"
konstruiert und lehren seither die Normen
der westlichen zivilisierten Gesellschaften. Ein
hierarchisch, biologistisch und rassistisches Menschenbild
konstruiert ein "Maengelwesen", dem die Maengel
dann aberzogen werden sollen oder dem das Fehlende
hinzugefuegt werden muss.

Der demokratisch legitimierte Kapitalismus zeigt
in all seinen Erscheinungsformen auf was es ankommt:
Leistungsfaehigkeit auf allen oekonomisch verwertbaren
Lebensgebieten ist gefragt und gefordert.
Der vom Staat und seinen Dienern angestrebte
Mensch ist Fleisch und Blut gewordener "demokratischer
Kapitalismus" oder wie die Form der Neuen
Herrschaft auch immer genannt werden mag. Ein
Mensch ist nur, was er in Geldwert ausgedrueckt, hergibt.
Diesem Ziel ordnet sich Paedagogik unter!


"Das gesellschaftliche Wissen, das laufend in speziellen
Institutionen wie Universitaeten usw. entwickelt wird und zu
seiner Weiterentwicklung den Wissenschaftlernachwuchs
benoetigt, muss seinen Weg in die
berufenen Koepfe finden, damit aus seiner Anwendung auch der
gewuenschte Nutzen gezogen werden
kann: Als Dienst an der Wissenschaft und als ihre Anwendung
in Oekonomie und Gesellschaft." (4)


Ohne der Frage ernsthaft und oeffentlich nachzugehen,
inwieweit die sozialen Verhaeltnisse der Zoeglinge sich
praegend auf die Leistungs- und/oder Lernfaehigkeit auswirken
und abgesehen von dem Diskussionsunwillen
ueber andere gesellschaftliche Formen, die vielleicht den
Leistungszwang aufheben koennten, geht die "postmoderne"
Paedagogik von der falschen Selbstverstaendlichkeit
aus, dass die derzeitige Gesellschaftsform mit ihrem Heer
an ins soziale Abseits gedraengten und einer Menge von
unmuendig gehaltenen Menschen die richtige sei.

Meinten PaedagogInnen und Erziehungswissenschaftler es ernst
mit der Aussage, sie erzeugten mit ihren Handlungen den
sozialen Menschen, so muessten sie Lehrplaene
an sich hinterfragen und ihre Lehranstalten in Bildungsorte
veraendern. Sie wuerden den Kapitalismus, den Staat
und die Religion in ihrem Unterricht kritisieren und
zwar mit den Lernenden gemeinsam. Sie haetten das
(Lern)Ziel gesellschaftliche Verhaeltnisse zu schaffen in
denen die Wuerde aller Menschen nicht antastbar, in denen
"wirtschaftlich verwertbare Arbeitskraft" nicht der
Massstab von Achtung ist.

Dem Kapitalismus wuerden sie den Sozialismus entgegensetzen,
anstelle des Staates forderten sie die Anarchie
(*) (also die Ordnung ohne Herrschaft) und die Religion waere
zu ueberwinden durch die Wissenschaft. Doch
als Realisten und Realistinnen meinen die Paedagogen
und MenschenbildnerInnen es gar nicht so ernst mit der
eigenen Forderung: Ein bischen Spass muss sein, auch
wenn er auf Kosten anderer geht.

Fussnoten:

1) www.doerrwies.de/abi.htm
2) CONTRASTE Nr. 221
3) Slavoj Zizek: "Die Revolution steht bevor, Dreizehn
Versuche ueber Lenin" edition Suhrkamp,2298, hier
besonders S. 159 ff. :
".....besteht das Problem der Demokratie darin, dass
sie in dem Moment, in dem sie als ein positives formales
System etabliert ist, das die Art und Weise reguliert,
wie eine Vielzahl politischer Subjekte um die Macht
ringen, einige Optionen als nicht demokratisch ausschliessen
muss, und diese Ausschliessung, diese Gruendungsentscheidungen
darueber, was in das Feld demokratischer Optionen einbezogen
und was aus ihm
ausgeschlossen wird, ist nicht demokratisch."
4) Freerk Huisken: "Weder fuer die Schule noch fuers Leben".
(VSA-Hamburg 1992)

*)
"Staatlich produziertes Chaos wird gleichschalterisch
gleichgesetzt mit "Anarchie". An-Archos - aus
dem Griechischen kommend, bezeichnet einen idealtypischen
Begriff von "Herrschaftslosigkeit" (Abwesenheit von
Herrschaft) impliziert wird aber medienweise es bedeute
"Haltlosigkeit". (Ralf Landmesser
in einer Mail vom 12.04.03)

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