Re: [ox] Freie Software und Eigentum an Informationsguetern
- From: Stefan Seefeld <seefeld sympatico.ca>
- Date: Mon, 28 Jul 2003 08:30:45 -0400
Sabine Nuss wrote:
Nun ganz simpel den Apfel, der mir per Rechtstitel gehört, kann ich
ungestörter konsumieren, da der Rechtstitel mir quasi die Gewaltmittel
in die Hand gibt, wenn andere mich davon abhalten wollen. Das finde
ich ein nützliches Ding am Eigentum, das auch in einer
emanzipatorischen Vision auf irgend eine Weise gegeben sein sollte.
Naja, das setzt ja aber stillschweigend schon voraus, dass es Leute
gibt, die Dir den Apfel wegnehmen wollen. Wenn wir schon von einer
"emanzipatorischen Vision" ausgehen, dann ist das doch gerade nicht die
Regel, oder? Naja, vielleicht unter Bedingungen natürlicher (!)
Knappheit, sagen wir, es gibt zu wenig Äpfel wegen schlechter Ernte oder
sowas. Selbst dann ist es noch sehr fraglich, ob man davon ausgehen
muss, dass aufgrund dieser natürlichen Knappheit mir gleich jemand den
Apfel aus der Hand reissen würde. Es gibt soundso viele ethnologische
Studien, die zeigen, dass Menschen in bestimmter Vergesellschaftungsform
bei natürlicher Knappheit (also in Notzeiten) ihre Vorräte teilen. Und
ich selbst würde nicht unbedingt einen exklusiven Rechtstitel auf meinen
Apfel haben wollen, der es mir dann ermöglicht, die Polizei zu rufen,
wenn mir den jemand weg nimmt, sondern das lieber persönlich klären,
weil dieser Rechtstitel doch wieder einen Gewaltapparat benötigt, um ihn
überhaupt wirksam zu machen.
ich glaube, hier muss man sich erstmal einen klaren Begriff vom Eigentum
machen. Ich denke nicht, dass es besonders sinnvoll ist, den Apfelbesitz
mit 'IP' Besitz zu vergleichen.
Oder doch: aus welchem Grund deklariere ich einen Apfel zu meinem
Eigentum ? Zum Essen ? Zum Handeln ?
Hängt natürlich stark mit der konkreten Verfügbarkeit erwünschter
(materieller) Güter zusammen.
Und der Gedanke mit den Geheimnissen stammt aus der Frage, ob es
Informationsgüter gibt, bei denen die Einschränkung der
Nutzungsmöglichkeiten für Nicht-EigentümerInnen sinnvoll sein könnte.
Geheimnisse sind genau das: Wenn's alle wissen / nutzen können, ist
das Geheimnis keins mehr und hat seinen Gebrauchswert verloren.
Informationen aus der Privatsphäre wären ein Beispiel für diese Klasse
von Informationsgütern. Oder Passwörter.
hier genauso: um was f"ur Wissen geht's denn hier ? Doch sicher das
gesellschaftlich relevante. Warum will ich mein Wissen f"ur mich
behalten ?
Das ist ein ganz ähnliches Argument: Es setzt eine quasi-natürliche
Feindschaft zwischen Menschen voraus, sie müssen sich schützen,
Geheimnisse voreinander haben, Passworte, usw. Woher kommt dieses
Gegeneinander? Ist das universell für alle Gesellschaften gültig? Oder
muss man da nicht nochmal kurz überlegen, woher diese Trennung von
privat/staatlich/öffentlich eigentlich kommt, ob das nicht doch etwas
sehr historisch-konkretes ist, usw. usf. - aber das würde jetzt zu weit
gehen...
nee, die Frage finde ich durchaus sehr interessant, obwohl das ein etwas
anderes Thema ist. Das Wissen, das zur (gesellschaftlichen) Reproduktion
eingesetzt werden kann ist eben was ganz anderes als ein Wissen darum,
wem ich welche Liebesbriefe schreibe.
Und deshalb sollte eine Diskussion auf der [ox] Liste um Eigentum eine
Diskussion um Eigentum an *Produktionsmitteln* sein.
Gruss,
Stefan
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