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Re: [ox] einfach oder doppelt frei



Hi FranzJN, StefanMz, FranzMT, Benni, alle!

Last month (37 days ago) Benni Baermann wrote:
Das OSDL (Open Source Development Lab) ist eine Institution, die immer
zentraler für die OS-Entwicklung zu werden scheint. Ist das ein Trend
weg vom weltweiten Graswurzelnetz? Bedeutet das was für [ox]?

Kurz meine Meinung dazu: Wir sollten diese Entwicklung im Auge
behalten, rauskriegen was da genau geschieht und analysieren warum das
geschieht.

Last month (33 days ago) Franz J Nahrada wrote:
stefan mz writes:
Das gilt IMHO weder für Materialgüter noch für Immaterialgüter. Dem
Dreck,
der heute als Nahrungsmittel produziert wird, schmeckst du sehr wohl an,
wer das produziert hat. Und auch die Qualität von prop und freier
Software ist sehr wohl unterscheidbar - muss das hier repitiert werden?

Was willst du sagen????

1.
Daß die ganze chose nicht so einfach ist. Dem Dreck, der heute produziert
wird, sehe ich weniger an, *wer* ihn produziert hat, sondern eher, *für
wen* er produziert wurde, wie schnell und wie billig die Produktion
verlaufen mußte respektive wie beschränkt das Budget der Kundschaft ist !

Also genau genommen wohl weniger für wen sondern warum: Zum
Gelderwerb. Und dazu brauchst du eben nur eine Qualität, die gerade
noch auf kaufkräftige Nachfrage stößt. Entfremdung ist hier bei den
ProduzentInnen hinsichtlich des Produkts: Was sie genaue produzieren
ist den ArbeiterInnen tendenziell(!) egal.

Schnell und billig ist hier überhaupt keine interessante Kategorie.
Langwierige Handarbeit ist nicht notwendig von höherer Qualität.
Wichtig ist der Zweck der Produktion und im Kapitalismus eben die
Entfremdung von den Produkten.

Quintessenz ist, dass es den ProduzentInnen nur um eine relative
Qualität geht - nämlich relativ zur Konkurrenz. Ist der Grund für die
Produktion aber das Produkt selbst - weil jemensch gerne Software
schreibt und sein Leben (u.a.) eben darin besteht seine Fähigkeiten zu
erweitern und anzuwenden -, dann würde ich von absoluter Qualität
sprechen. Diese absolute Qualität, die aus einer nicht-entfremdeten
Produktionsweise kommt, kann aber (tendenziell!) nicht unter
entfremdeten, sondern nur unter selbstentfaltete geschehen.

Es gibt auch solide und Luxusproduktion. "Luxus" ist dann zum Beispiel
auch daß Du Teile nach 5 Jahren noch nachkaufen kannst!

Auch wenn hier für den Markt produziert wird, wird hier auf jeden Fall
mehr Sorgfalt auf die Produktqualität verwandt. Das ist grundsätzlich
natürlich auch unter entfremdeten Bedingungen möglich. Aber es ist
nicht die Tendenz.

2.
Mir ist es ein Anliegen, den Kurzschluß abzuwehren, daß die freie
Produktion recht eigentlich nur außerhalb der monetären Sphäre stattfinden
kann. Eher geht es mir um das Wechselverhältnis, das nichtmonetäre freie
Produktion und mit ihr korrespondierende - formell noch warenförmige -
Produktion hervorbringen kann. Also z.B. Freie Software und dafür
optimierte Hardware. etc pp.

Also grundsätzlich spreche ich hier immer von Tendenzen - oben mit
Ausrufungszeichen markiert. Diese Tendenzen können aber dennoch
geschichtsmächtig werden. In diesem Fall markieren sie einen
qualitativen Schritt in der Produktivkraftentwicklung - ein
wesentlicher Aspekt der Keimformeigenschaft.

Konkret: Auch unter Geldbedingungen können Leute hohe Qualität
hervorbringen. *In der Tendenz* führt aber - wie oben geschildert -
das Konkurrenzsystem zu einer nur relativen Qualität. Begründen tut
sich dies im Kapitalismus teilweise durch die Knappheit von
Ressourcen ("billig"), aber der Entfremdungsfaktor spielt m.E.
ebenfalls eine wichtige Rolle. D.h.: Ich würde denken, dass unter
Bedingungen der Selbstentfaltung mit den gleichen Ressourcen wie heute
bessere Ergebnisse erzielt werden könnten. Na, ich sprach schon von
einem qualitativen Schritt in der Produktivkraftentwicklung.

2a
Im Grund war die gesamte Geschichte der Industriegesellschaft von
staatlich normierten Systemen der Qualitätssicherung und Wissenschaft
begleitet, die werden jetzt schrittweise kassiert. Ich erinnere mich gut
an die Realität vor 30 Jahren, wie hierzulande ganze Berufsstände noch
penibelst die Qualitätsmaßstäbe ihrer Angebote durchgearbeitet haben,
heute heißt es schlicht, dumm und arrogant: "we dont talk to our
competitors"!

Die Gilden haben ihre Qualitätsmaßstäbe sogar nicht nur selbst
gesetzt, sondern auch gleich noch selbst überwacht. Eine Art
Peer-Review würde ich das heute nennen.

Aber in der Tat beschreibst du hier den allgemeinen Trend von "Der
Markt wird es schon regeln."

3.
Solche Synergien (siehe 2) sind wichtig, wenn es um historische
Konstellationen geht. Auf geraume Zeit wird dieser Planet von
geschäftsmäßigen Aktivitäten gestaltet werden, dennoch verlagert sich die
Dynamik auf die Keimform. Vereinfachende Behauptungen wie die von der
prinzipiell schlechteren Qualität nicht doppelt freier Software (oder
Produkte überhaupt) versperren den Blick auf diese Dynamik und ihre
Verlaufsformen.

Mir geht es um tendenziell. Dazu würde ich allerdings stehen mit der
obigen Begründung. Wenn du das gerne aushebeln möchtest, wäre ich dir
verbunden. Allerdings ist dann eins der Fundamentente von
Oekonux-Theorie per du. Aber ich glaube ohnehin nicht, dass du das
schaffst ;-) .


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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