[ox] Spass am Programmieren. (FR online. 6.12.2003)
- From: "Karl Dietz" <karl.dietz gmx.de>
- Date: Sat, 6 Dec 2003 16:43:20 +0100
Spaß am Programmieren
"Interview" mit Oekonux über Freie Software und neue Ökonomie
Ohne Software läuft fast nichts mehr. Auf dem Weg von der Industrie-
zur Informationsgesellschaft nimmt ihre Bedeutung zu - in Büros,
Fabriken, zu Hause, unterwegs. Konzerne wie Microsoft stellen sie
bereit, aber auch Entwickler Freier Software. Ihnen geht es mehr ums
Lernen, den Austausch von Wissen und die Freude am Programmieren als
ums Geld. Kündigt sich hier eine andere Ökonomie an? Die FR erkundigte
sich beim Projekt Oekonux. Heraus kam ein etwas anderes Interview, ein
Beispiel für die besondere Art des Engagements in der Community. Über
die Fragen der FR diskutierte nämlich mehr als ein Dutzend Teilnehmer
per Internet. Der Projekt-"Maintainer" Stefan Merten fasste die
Antworten zusammen. Die FR druckt eine gekürzte Version, Langfassung
und Einzelbeiträge der "Oekonuxis" stehen im Netz.
Doch wie entsteht Freie Software, wie reagiert die Wirtschaft? In der
Regel wird Freie Software ohne finanzielle Gegenleistung erstellt.
Natürlich können die Entwickler aber "nicht von Luft und Bytes leben".
In der Mehrheit sind es Angestellte, insbesondere Ingenieure und
Programmierer, die in der Freizeit Freie Software schreiben. Aber auch
Studenten spielen eine wichtige Rolle in der Szene, wie die Uni
Maastricht und Berlecon Research in Berlin in der Floss-Studie
herausfanden. Einen Grund für das Engagement der Entwickler sieht
Oekonux im Wunsch, Lösungen für konkrete Probleme zu finden. Andere
mit dem gleichen Problem nutzen und verbessern die Lösung dann, aus
kleinen Anfängen werden so große Projekte. Wichtigstes Motiv dürfte
laut Oekonux schlicht und ergreifend der Spaß sein, den Programmieren
machen kann. Selbstentfaltung ist den Entwicklern wichtiger als das
Geld, das sie mit ähnlichen, aber fremdbestimmten Tätigkeiten
verdienen könnten. In der Praxis bilden sich oft kleine Teams, die ein
Projekt erstellen, pflegen und weiterentwickeln. In viele Gruppen, den
Communitys, sind Menschen über das Internet rund um den Globus
eingebunden. Ergebnis ist oft eine Qualität, die die kommerzieller
Produkte übertrifft.
Bekannteste Freie Software ist das Betriebssystem Linux, das
mittlerweile auf Millionen von Rechnern läuft. Den Startschuss gab
Linus Torvalds 1991. Ebenfalls weit verbreitet ist die
Internet-Software Apache. Darüber hinaus gibt es viele andere freie
Programme wie Open-Office für Aufgaben im Büro oder Gimp für die
Bildbearbeitung.
Kümmerte sich die Wirtschaft lange nicht um Linux und Co., und waren
es dann vor allem Distributoren, die mit der Bündelung freier
Programme und Service Geld verdienen wollten, so haben sich
mittlerweile IT-Riesen wie IBM, SAP oder Sun Microsystems für Open
Source und insbesondere für Linux engagiert. IT-Firmen sind ein
wichtiger Treiber für Freie Software geworden.
Denn bei den Anwendern sprechen sich die Vorteile solcher Programme
gegenüber proprietärer Software herum. Höhere Stabilität, ein besserer
Schutz gegen unberechtigte Zugriffe und höhere Leistung sind laut
Floss-Studie die wichtigsten Gründe für den Einsatz, vor Einsparungen
durch den Wegfall von Lizenzgebühren. Dazu kommt, dass viele Anwender
das Beinahe-Monopol von Microsoft kritisch sehen. Es hält die Preise
hoch und fördert nicht gerade die Qualität. Kein Wunder, dass neben
Firmen auch Verwaltungen von Windows zu Freier Software wechseln, und
dies neuerdings nicht nur was Netzwerkrechner, sondern auch die PC auf
dem Schreibtisch angeht.
Die IT-Konzerne folgen der anziehenden Nachfrage, heizen sie an. Sie
möchten mehr Computer und Programme verkaufen und machen diese daher
Linux-fähig. Zudem setzen sie auf Dienstleistungen rund um Freie
Software und wollen unabhängiger von Microsoft werden. Die
Gates-Company selbst hat Linux längst als gefährlichen Konkurrenten
erkannt. Obwohl die Prinzipien kapitalistischer Ökonomie -
Privateigentum und Arbeit gegen Bezahlung - nicht für Freie Software
zu gelten scheinen, "funktioniert diese sehr gut und gewinnt an
führenden Software-Märkten mehr und mehr an Bedeutung", heißt es in
der Floss-Studie. sch
Copyright © Frankfurter Rundschau online 2003
Dokument erstellt am 05.12.2003 um 18:08:01 Uhr
Erscheinungsdatum 06.12.2003
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de