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Nachhaltige Rechtsformen? (was: [ox] nachhaltige Gesellschaftsformen)



Hi Michael, Liste!

Last month (50 days ago) Michael Hoennig wrote:
haltet Ihr Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) in einer "GNU-Welt" für
sinnvoll? Sollten diese also möglich sein oder nicht?

Wie sieht es mit Personengesellschaften aus (OHG), oder Mischformen (KG,
eG)?

Mir fällt zunächst mal auf, dass das alles Rechtsformen sind, die der
bürgerliche Staat für geldbezogene, wirtschaftliche Aktivitäten
geschaffen hat. Ich habe mich mit den Unterschieden dieser
Rechtsformen nicht eingehend befasst, aber mein Eindruck war
irgendwann mal, dass es reichlich willkürlich ist, was da gerade zu
einer Rechtsform zusammengebündelt wurde. Schön sichtbar ist das z.B.
bei den eG's, die in Deutschland - nach Leuten, die sich damit
auskennen -, eine Rechtsform ist, die so geknebelt ist wie kaum etwas
anderes. Oder anders herum: Anderswo bedeutet Genossenschaft von der
Rechtsform her etwas deutlich anderes als (z.B.) in Deutschland.

Deine Frage zielte aber eigentlich auf eine GNU-Welt /
GPL-Gesellschaft. Wenn ich mal davon ausgehe, dass in einer solchen
entwickelten Gesellschaftsformation Geld keine Rolle mehr spielt bzw.
nicht mehr existiert, dann frage ich mich, wofür wir dann noch
Rechtsformen brauchen, die sich vor allem auf dieses dann obsolete
Etwas beziehen.

Hier meine persönliche Einschätzung:

Insbesondere in der Gesellschaftsform der AG sehe ich inhärente
Oligopolisierung und über die angsammelten Macht und Lobbyismus auch
Einfluss auf die Gesetzgebung (wie sehen es schon heute, Stichwort:
Unterhaltungsindustrie). Wenn es keine AGs mehr gäbe, würde wohl dafür
die GmbH einspringen, diese kann ich also nicht besser bewerten.

???

Hier verstehe ich überhaupt nicht mehr was du meinst. Wenn ich sehe,
worauf du raus willst, dann würde ich sagen, du hast vor allem die
wirtschaftliche Macht und den dadurch bedingten politischen Einfluss
im Auge. Da kann ich aber nicht annähernd erkennen, was das
ausgerechnet mit der Rechtsform zu tun haben soll. Bertelsmann ist
z.B. keine AG - würdest du sagen, dass die keinen Einfluss haben? Ich
würde sagen, dass einzig die Bilanzsumme oder ähnliche Größen hier
Ausschlag gebend sind.

An OHG, KG und eG kann ich für sich genommen keine solchen
System-inhärenten Probleme sehen. Die KG in Verbindung mit einer eG als
persönlich haftendem Gesellschafter könnte aber schon wieder
problematisch sein (also eine eG und Co. KG, wenn per
Gesellschaftsvertrag den Kommanditisten Stimmrecht anteilig zum
Geschäftsanteil gegeben wird (falls das überhaupt rechtlich geht).
Zumindest für größere Chancen in einem Marktwirtschaftlichen Umfeld
könnte dies aber sogar evtl. eine interessante Gesellschaftsform sein.

Alle diese Rechtsformen sind darauf ausgelegt Profit zu maximieren -
oder? Mag die eG sich noch ein wenig in dessen Verteilung
unterscheiden, so kann ich bei den anderen da wenig Unterschiede
erkennen.

Aber du hattest unten noch mal präzisiert.

Ich bin gespannt auf eure Meinung zu dem Thema.

Mein Cent (sic!).

Last month (46 days ago) Michael Hoennig wrote:
Hallo Laurent,

Bitte denk auch mal über die Rolle gemeinnütziger Stiftungen nach.

Das meine ich auch. Ich denke generell es kommt hauptsächlich darauf an,
wie die Leute tatsächlich arbeiten und nicht welchen _formalen_ Rahmen
sie sich dafür geben.

sicher tut es das im Einzelfall. Aber meine Frage zielte eher auf sich
selbst-verstärkende Feedback-Kreisläufe mit negativen Folgen ab. So führt
die AG und Corp. meines Erachtens zum einen automatisch zu Mono- und
Oligopolen und damit auch zu Umschichtung von Wohlstand von unten nach
oben.

Kannst du begründen, was bei den anderen Rechtsformen da anders sein
soll? Profitmaximierung funktioniert immer nach diesem Prinzip - oder?
Selbst die eG ist davon nicht ausgenommen, da sie lediglich den Profit
auf die GenossInnen verteilt, aber keineswegs "automatisch" davor
gefeit ist, Nicht-GenossInnen den wirtschaftlichen Hals umzudrehen.

Zudem führt ein Aktien und gar Optionsmarkt dazu, dass
exponentielles Wachstum gebraucht wird.

Na, ob exponentiell oder nicht ist wohl nicht der entscheidende
Faktor. Tatsache ist aber, dass der Kapitalismus schlechthin Wachstum
braucht. Auch das hat gar nichts mit der Rechtsform zu tun. Die
Spielwiesen des Finanzkapitals, die du erwähnst, haben vor allem was
mit der Überakkumulationskrise zu tun, die wir spätestens seit den
80ern erleben.

Langfristig kann es aber kein
exponentielles Wachstum geben. Somit kann ein solches Gesellschaftsmodell
nicht zu einer stabilen Gesamtlage führen.

Das *Gesellschafts*modell Kapitalismus kann in der Tat nicht zu einer
stabilen Gesamtlage führen. Und wir können ihm dankbar dafür sein,
dass er in den vergangenen 200, 250 Jahren mit seiner Dynamik einen
Schub in der Produktivkraftentwicklung gebracht hat, der in der
Menschheitsgeschichte einmalig ist. Ich bin auch nicht davon
überzeugt, dass eine statische Gesellschaft notwendigerweise gut ist
- auch wenn die Geschwindigkeit der Entwicklung vielleicht ein
bisschen nachlassen dürfte.

Last month (45 days ago) Michael Hoennig wrote:
An der Produktion der Dinge, die ich wirklich brauche, würde ich mich
gerne beteiligen.

Das ist nicht dein Ernst. Du willst dich nicht wirklich physisch daran
beteiligen, deine Zahnpasta herzustellen - um mal ein beliebiges
Beispiel zu nennen. Oder vielleicht die Nachrichten selbst zu erleben,
die du in einer Zeitung liest. Und du wirst wohl kaum ernsthaft
wollen, dass du dich an jeder Entscheidung beteiligen willst, die in
den Zillionen von Bereichen getroffen werden, die auch dein
Alltagsleben heute berührt.

Das könnte z.B. eine Wohngenossenschaft sein, sowie eine
Versorgungsgenossenschaft (Wasser, Strom etc.) sowie eine
Landwirtschafts-Genossenschaft und evtl. eine
Einzelhändler-Genossenschaft (Konsum-Genossenschaft).

Oder sprichst du nur vom Geld? Dann würde ich rückfragen, warum du der
Meinung bist, dass du dich nicht beteiligst, wenn du ganz simpel etwas
kaufst.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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