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Copyleft-Nachteile (was: [ox] Artikelentwurf "What's copyleft?")



On Wednesday 18 February 2004 06:54, Stefan Meretz wrote:
On Tuesday 17 February 2004 21:36, Thomas Uwe Gruettmueller 
wrote:
[1.] Mir ist viel zu spät aufgefallen, daß dein Artikel das
Konferenzmotto erklären soll und in diesem das gleiche
Problem vorkommt. [2.] Das Copyleft schützt die Freiheit,
verringert sie jedoch auch zugleich.

Kannst du das erläutern?

OK...

(zu 1.)
Mir scheint, daß im Konferenzmotto das Wort "Copyleft" als 
Synonym für "Freiheit" oder "geistiges Gemeinschaftseigentum" 
verwendet wird. Dies ist jedoch nicht richtig. Der Begriff 
"Copyleft" bezeichnet den Schutzmechanismus in gewissen freien 
Lizenzen, z.B. der GPL. Wenn es nun heißt "Reichtum durch 
Copyleft", kann man natürlich argumentieren, daß das Copyleft 
den Reichtum verstärkt o.ä., das Problem sehe ich aber darin, 
daß das Copyleft ihn nicht erzeugt. Erklärung: Gäbe es in der 
GPL die Copyleft-Klauseln nicht, so wäre sie noch immer eine 
freie Lizenz, freie Software also noch möglich; wären jedoch die 
Freiheiten verhunzt, jedoch die Copyleft-Klauseln intakt, so 
würden diese auch nur die verhunzten Freiheiten schützen.

(zu 2.)
Im Gegensatz zu einer freien Lizenz ohne Copyleft, die im 
einfachsten Fall nur Rechte einräumen braucht, muß eine 
Copyleft-Lizenz dem Lizenznehmer auch gewisse Pflichten 
auferlegen; anders läßt sich ein Copyleft-Mechanismus nach 
jetzigem Recht anscheinend nicht implementieren. Selbst bei 
*unverändeter* Weitergabe in Source-Code-Form (§1) verlangt die 
GPL daher, eine Kopie der Lizenz mitzuverbreiten.

[3.] Hierbei denke ich vor allem an die IMHO
mißlungenen Versuche, das Copyleft auf Lizenzen für andere
Gebiete (Bilder, Musik, Text) zu übertragen. [4.] Viel 
wichtiger als der Schutz ist jedoch zunächst einmal die
Freiheit selbst.

Verstehe nicht, was du meinst.

(zu 3.)
Problematisch wird es also, wenn die Lizenz entweder nicht genug 
erlaubt oder die Copyleft-Klauseln zu restriktiv sind. Selbst 
wenn man z.B. die Creative-Commons-Lizenzen dahingehend 
interpretiert, daß Rundfunksendung erlaubt ist, was bereits 
einige geistige Verrenkungen kostet, so muß zu jedem Stück die 
URL der Lizenz dazugebrabbelt werden. Da normalerweise sowas 
nicht üblich ist, wird die Lizenz für diesen Einsatzzweck 
untauglich. Auch die GFDL hat solche Macken (s. Debian-Legal).

Die Folge ist dann möglicherweise, daß die Lizenzbedingungen 
einfach ignoriert werden. Dies ist IMHO jedoch fatal. Man kann 
nämlich nicht annehmen, daß jeder, der sein Werk unter eine 
Copyleft-Lizenz stellt auch von der dahinter steckenden Idee 
(Freiheit) überzeugt und allen Menschen freundlich gesinnt ist. 

Beispiel: Wenn A ein Stück schreibt und frei lizensiert, B es 
verändert und zu unfreien Bedingungen verbreitet und sich 
schließlich beide (gerichtlich oder außergerichtlich) daruf 
einigen, daß B auch seine Version frei lizensieren wird, so ist 
klar, daß er dies nur widerwillig tut. Nun könnte B darauf 
warten, daß C, D und E schußligerweise die Lizenz verletzen und 
sie der Reihe nach alle verklagen.

(zu 4.)
Die Schlußfolgerung lautet daher für mich: Eine sauber designte 
freie Lizenz ohne Copyleft ist viel besser als eine schrottige 
mit. Von dieser ausgehend kann man dann überlegen, wie viel 
Copyleft nützlich und ab welchem Maß es eher schädlich ist und 
vorsichtig eine *sanfte* Copyleft-Lizenz designen.

- - - - -
Wie gesagt, das fällt mir nun alles viel zu spät ein; die
Konferenz läßt sich nun wohl kaum noch umbenennen. Daher
beende ich hiermit meinerseits diesen Thread.

Vielleicht magst du trotzdem noch kurz antworten...

Das war von mir blöd formuliert, denn es geht ja um zweierlei:

Das Thema, daß auch Nachteile im Copyleft stecken und welche 
Probleme bei der Übertragung auf nicht-technische Gebiete 
(Bilder, Musik, Text...) auftauchen, finde ich sehr wichtig, und 
ich möchte dieses Thema unbedingt hier weiter diskutieren. 
Möglicherweise findet sich so ja eine Lösung (oder aber ich 
erfahre ggf. wenigstens, daß und warum ich mit den Ansichten 
völlig falsch liege).

Was ich jedoch hiermit beenden möchte, ist die Kritik an deinem 
Artikel und am Konferenzmotto. Sie kommt zu spät und kann daher 
nicht konstruktiv sein.

cu,
Thomas }:o{#
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"Look! They have different music on the dance floor..."

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