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Re: [ox] Die Brötchenfrage



Hi,

Benni Baermann schrieb:
Die einfachste Lösung der Frage der materiellen
Produktion ist demnach auch die Erfindung eines Replikators, wie man
ihn aus der Science-Fiction - z.B. den Startrek-Serien [2] - kennt.
Ein solcher ist nun aber leider vorerst nicht in Sicht.
                                  ^^^^^^^
Leider nicht nur vorerst, sondern permanent  nicht in Sicht, weil
physikalisch unmöglich:


Dennoch gibt es einen starken Widerhall dieser techno-utopischen Sicht
in den geführten Diskussionen. Dies ist dann der Fall, wenn auf die
Möglichkeiten von Industrierobotern, Fabbern und Rapid-Prototyping
verwiesen wird, die durchaus auf den ersten Blick einen Teil des Weges
zum Replikator schon hinter sich haben [3].

Auch Roboter/Fabber sind keine Replikatoren, da sie auf Rohstoffe als
Input angewiesen sind.  Und Rohstoffe sind nunmal natürlich knapp.


Und nicht zuletzt: Wie
kann es sein, wenn der primäre Sektor so unwichtig ist, dass noch
immer Kriege um Wasser und Öl geführt werden?

Eben.  Und um Land, für das es auch keinen Replikator gibt.


Das Knappheitsargument

Eine weiterer ebenso richtiger wie unzureichender Argumentationsstrang
kreist um das Thema Knappheit. Es wird völlig zu Recht deutlich
gemacht, dass Knappheit nicht eine Naturkonstante ist, sondern
gesellschaftlich erzeugt wird. Diese gesellschaftlich erzeugte
Knappheit sei die Bedingung für eine kapitalistische Wirtschaftsweise.

Momang.  Es gibt sowohl natürliche Knappheit als auch zusätzliche
("künstliche") Verknappung.  Dass man letztere reduzieren oder abschaffen
kann, bedeutet noch lange nicht, dass die erstere nicht existiert.


[Auto-Beispiel]
Beide hab ich gefragt, was sie denken, wieviel Prozent der Arbeit, die
                                                 ^^^^^^^^^^^^^^^^^^
in einem Auto stecken, ihrer Einschätzung nach im weitesten Sinn
immateriell sind (Also inklusive Marketing, Logistik, Verwaltung,
Entwurf, ...). Der Zigarettenanzündermensch sagte: 60%, die Bremsfrau
sagt: 100%.
...
* Die Produktion in der Industrie ist schon heute zu großen Teilen
immateriell. Viel wichtiger als die Frage der materiellen Produktion
sind also vielleicht ganz andere Fragen.

Oben geht's um "Prozent der Arbeit" (gemeint ist wohl eher "Prozent des
Endprodukt-Preises"), unten dann plötzlich um "Produktion".  So wird
versucht, die Produktion zu immaterialisieren. ;-}  Das Problem ist doch:
Wenn die _Rohstoffe_ für das Auto knapp sind (oder ausgehen), dann
kannste _beliebig_viel_ Arbeit in Brems-Software, Marketing, Logistik,
Verwaltung etc. reinstecken, am Schluss kommt doch kein Auto raus...

Die Diskussion erinnert irgendwie an Leute, die ein UFO bauen wollen.
Diese Leute diskutieren lang und breit über die Details der Armaturen,
des Hüllenmaterials, der Lackierung, etc.  Da kommt jemand und fragt:
"Habt Ihr auch ein Konzept für den _Antrieb_ des UFOs (Gravitations-
überwindung) ?" -- Antwort: "Nein, aber das Antriebs-Modul macht ja nur
einen _kleinen_Teil_ am gesamten UFO-Projekt aus. Viel wichtiger als die
Frage des Antriebs sind also ganz andere Fragen."

Aber ohne den Antrieb ist das ganze UFO keines!  Der Antrieb ist ein
kleiner, aber _essenzieller_ Teil (sine qua non).  Bevor dieses Problem
nicht gelöst ist (vielleicht ist es ja vom Typ "Perpetuum Mobile", d.h.
unlösbar), ist es eigentlich Zeitvergeudung, über die sonstigen Pläne
für das UFO zu reden.


Oekonux als Projekt über "Freie Software" wäre dann aber eigentlich
abzuschliessen und statt dessen ein Projekt zu beginnen, dass die
Frage nach einer neuen, besseren Gesellschaft direkt angeht.

Oder ein Projekt, das die Frage nach Rohstoffknappheit (und wie damit
umzugehen ist) realistisch angeht.  Das Konzept "jeder kann nehmen, soviel
er will" wird damit allerdings inkompatibel sein...

Und ein Projekt, das zum "historischen Argument" untersucht, ob
"der Übergang von der Feudalgesellschaft zum Kapitalismus" wirklich ein
echter Paradigmen-Wechsel war, oder ob bloss ein Feudalismus durch einen
anderen Feudalismus ersetzt wurde (Geld- statt Titels-Adel, Stichwort
MillionenBauern).  Mitsamt Extrapolation auf den "Übergang von der
Industrie- zur Informations-Gesellschaft"...

Grüsse,
Christoph Reuss




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