[ox] Soziale Netze
- From: Helmuth Supik <helmuth.s gmx.li>
- Date: Sun, 7 Mar 2004 20:39:24 +0100
Jürgen Kuri
http://www.heise.de/ct/04/06/120/
Soziale Netze
Die Möglichkeit, mit anderen Menschen zu kommunizieren, von ihnen Feedback zu
erhalten und gemeinsam ein Netzwerk aufzubauen, sind wichtige Kriterien für
soziale Software. Entscheidend ist jedoch, dass soziale Software Bottom-Up
funktioniert, im Unterschied zum Beispiel zu klassischen
Projektmanagementsystemen. Die Wikipedia-Gemeinschaft macht es schon länger
vor: Jeder Surfer, der Lust verspürt, an der Online-Enzyklopädie
mitzuarbeiten, kann sich einen Account anlegen und losschreiben. Wikipedia
umfasst mittlerweile mehr als 500 000 Artikel in mehr als 50 Sprachen.
Wer ein ähnliches Projekt aufsetzen will, muss nur die frei erhältliche
Wiki-Software auf einem Server installieren, Gleichgesinnte einladen und
loslegen. Es muss ja nicht gleich eine ganze Enzyklopädie sein; Wikis können
auch eine beliebige Informationssammlung beherbergen (z. B. zu Linux unter
http://linuxwiki.de/FrontPage ) oder als Lernmittel dienen
(http://wiki.doebe.li/bin/view/Beat/WikiInSchool). Auch die Blogger-Gemeinde
spinnt fleißig soziale Netze. Die Einfachheit, mit der sich via
RSS-Syndikation und Backlinks Verweise zwischen Weblogs bilden lassen, führt
fast zwangsläufig zu Verwebungen.
Eurekster, eine Suchmaschine, nutzt soziale Netzwerke, um seinen Nutzern
erstmals persönliche Suchergebnisse zu präsentieren. Anwender müssen sich
zunächst anmelden, wobei sie auch gleich Freunde einladen können. Klickt der
Anwender (oder einer seiner Freunde) auf Ergebnisse einer Suche, so merkt
sich der Dienst die betreffenden Seiten. Sucht ein Mitglied des Netzwerks zu
einem späteren Zeitpunkt nochmals mit derselben oder einer ähnlichen Abfrage,
so präsentiert die Suchmaschine die in der Vergangenheit als am nützlichsten
erkannten an den ersten Stellen.
Soziale Netzwerk-Dienste entstehen an jeder Ecke des Internet. Friendster, das
Vorbild für Orkut, will private Kontakte vermitteln, LinkedIn und Ryze wollen
helfen, Geschäftskontakte herzustellen. Dazu stellt zum Beispiel Ryze einen
Kalender, ein Forum, Homepages für die Selbstpräsentation der Mitglieder
sowie eine Art Messenger bereit. Das Projekt "Friend of a Friend" (FOAF,
http://rdfweb.org/) möchte dann wieder eine offene Alternative zu diesen
proprietären Diensten schaffen. Es versteht sich als Teil der
Semantic-Web-Bestrebungen, das maschinenlesbare Homepages zum Ziel hat. In
diesem Rahmen entwickelt das Projekt eine XML-Spezifikation, mit der
Homepage-Autoren typische Inhalte privater Homepages formalisieren können:
"Ich heiße ...", "Mich interessiert ...", "Ich wohne in ...", "Ich bin auf
diesen Fotos abgebildet ..." et cetera. Suchmaschinen können diese
Informationen dann für eine gezielte Recherche nutzen. Der FOAF-a-matic
erzeugt aus einem Web-Formular automatisch die FOAF-Beschreibung. Bei so viel
Aut(omat)ismus fehlt eigentlich nur noch eine Software, die automatisch
Homepage-Besitzer mit gleichen Interessen sucht und sie miteinander
verkuppelt.
Solche Initiativen von unten sind Anzeichen, dass die Spaltpilze, die das
Sicherheitsbedürfnis der Anwender und die Angst der Medienindustrie vor
schrumpfenden Umsätzen dem "fünften Element" beifügen, auf Widerstand stoßen.
Die harsche Kritik, die an einzelnen Elementen wie Digital Rights Management,
Trusted Computing oder den Angriffen auf den Datenschutz auftaucht, lassen
die allgemeine Verfügbarkeit von Information und Wissen der Welt durch die
moderne IT-Technik trotz aller Gegentendenzen in greifbare Nähe rücken.
Evernet und elektronische Wissensallmende können der IT-Branche einen
ungeahnten Aufschwung und den Nutzern eine langfristige Bereicherung bieten.
(jk)
Literatur
[1] Are You Ready for Social Software?, einführender Artikel zum Thema
http://www.darwinmag.com/read/050103/social.html
[2] Many2many, Gruppen-Weblog über soziale Software
http://www.corante.com/many/
[3] thesocialsoftwareweblog, Weblog über soziale Software
http://socialsoftware.weblogsinc.com/entry/2127913924623224/
[4] Cai Ziegler, Deus ex Machina, Das Web soll lernen, sich und uns zu
verstehen, c't 6/02, S. 132
[5] Gundolf S. Freyermuth, Die Besteigung des Mount Evernet, Vom Internet zum
allgegenwärtigen Evernet, c't 6/01, S. 158
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