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AW: [ox] Freiwirtschaft (war: interessantes Interwiev)



Zum Verhältnis Warengesellschaft und Kapitalismus.

Historisch gesehen gabe es natürlich Warentausch vor dem Kapitalismus.
Allerdings war dieser Warentausch in den allermeisten Fällen nur an den
Rändern der Gesellschaft, die entweder weitgehend ohne Arbeitsteilung auskam
(oder genauer gab es die Arbeitsteilung in Großfamilie) oder die Dinge
soweit sie kooperativ produzierten wurden und einzeln konsumiert werden -
unter der Gruppen, den Stamm verteilte. Auch wenn hier Geld - in welcher
Form auch immer im Spiel war - spielte das keine Rolle: Wenn zwei Gruppen
Waren austauschen wird überhaupt nichts akkumuliert - es tauscht
wahrscheinlich eine Gruppe oder Einzelperson, der ein Ding besser
produzieren kann mit jemanden der ein anderes Ding besser produzieren kann.
Beide werden also gebrauschwertseitig gesehen reicher.

Bis zur Entdeckung von Landwirtschaft und Viehzucht (vor ca 7-10000 Jahren)
waren daher die jeweiligen Stämme im Wesentlichen damit beschäftigt ihre
eigene Reproduktion zu sichern und auch wenn getauscht wurde (mit oder ohne
Geld) so änderte das nichts.

Erst die Entdeckung / Erfindung von Landwirtschaft und Viehzucht erhöhte die
Produktivität der Menschen so, dass es überhaupt erst möglich war, dass sich
ein Gruppe von Menschen einen Teil des nicht von Ihnen produziertenh ohne
Tausch aneignen konnte - un die daher selber nicht produzieren - im enegeren
Sinn mußten. Vorher war das nicht möglich, daes keine Mehrprodukt über das
Lebensnotwendige hinaus gab, dass angeeignet werden konnte.

Klassengesellschaften wo sich eine Klasse z.B der Adel und Kirche einen Teil
des Mehrproduktes aneignen, konnten daher erst in dieser Phase entstehen.

Das "Wunder" des Kapitalismus ist ja gerade, wieso eine Gruppe von
Menschen - die Kapitaleigentümer - sich einen wesentlichen Teil des
Mehrproduktes aneignen können, wo doch bei einem "gerechten" Tausch im
Schnitt gleiche (Waren)werte getauscht werden (und gebrauschwerseitig ja
beide etwas davon haben.

Diese Geheimnis ist nur dadurch zu lösen, dass eine neue wunderbare Ware
(mit Gewalt) gebildet wurde, nämlich diejenigen, die die
Produktionsbedingungen nicht mehr besitzen aber keine Sklaven sind und daher
ihre Arbeitskraft auf den Markt werfen müssen. (Historisch hat sich auch
erst mit der Existenz dieser Waren, die Gesellschaft selber in eine
Warengesellschaft verwandelt - das heißt die Warenproduktion zur führenden
gemacht.)

Die Möglichkeit Profit (und Zins) zu machen liegt weiterhin in der Tatsache
begründet, dass die Arbeitskräft mehr produzieren als zu ihrer eigenen
Reproduktion notwendig ist - was "notwendig" ist ist natürlich immer eine
Frage der Auseinandersetzungen zwischen Kapital und Arbeit gewesen -.
Tatsächlich ist ja die Produktivität der Arbeitskräfte so stark gestiegen,
dass viele meinen, es würden 2-3 Stunden zu einer sinnvollen Reproduktion
aureichen.

Letztlich ist die Entstehung des Kapitals dadurch möglich, dass eine
kooperierende Gruppe von Produzenten nicht nur den Gegenwert ihrer eigenen
Reproduktion sondern Mehrwert produziert, der vom Kapital angeeignet wird.
(Manchmal ist das auch ganz individuell sichtbar, so wenn der Mr. Billa
ehemals Barpianist, das aufgehäufte Kapital von 20 Milliarden, die ja
letztlich von allen Billaangestellten produziert wurde - der Mr. Billa kann
in 20 Jahren wie jeder Mensch weiß keine 20 Milliarden Schilling
"ersparen" - beim Verkauf des Konzern nach nur 20 Jahre bekam. Dennoch war
alles rechtens und es wurde niemand übers Ohr gehaut und keine Zeitung oder
sonstwer fand da etwas dabei. (Nicht anders bei Hr. Androsch, der als Leider
Nein Millionär über seine Erbtante wegen lächerlicher 700.000 Schilling
stolperte und jetzt ein leider ja Milliardär ist - und jeder ist zufrieden.)

Hier soll nicht der Eindruck erweckt werden, dass das persönliche
Privateigentum dabei das wesentliche ist. Es ändert sich natürlich nichts,
wenn das Ergebnis der kooperativen Arbeit von einer Akteingesellschaft
angeeignet wird, die zu einem beträchtlichen Teil irgenwelchen
Mittelständlern gehören oder Pensionsfonds gehören.

Trotzdem kann man aus der reinen Wertbewegung g - w - g' nicht verstehen
woher der ' kommt. Dazu ist Ausbeutung notwendig: das Kapital eigent sich
ein Teil des produzierten Werts an und muss bei Strafe des Untergangs in der
Konkuurenz sich noch mehr Wert aneignen.

Viele Grüße

Franz Naetar

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: oekonux-bounces post.openoffice.de
[oekonux-bounces post.openoffice.de]Im Auftrag von Stefan
Matteikat
Gesendet: Sonntag, 06. Juni 2004 22:45
An: liste oekonux.de
Betreff: Re: [ox] Freiwirtschaft (war: interessantes Interwiev)


liste oekonux.de schrieb am 06.06.04 21:52:53:

Franz Nahrada schrieb:
Was einige hier in der Liste die sich Kapitalismuskritiker nennen bewegt
ist die schlichte Frage, warum dieses Verhalten "Akkumulation" überhaupt
rational ist. Warum muß man überhaupt Reichtum akkumulieren, und zwar
nicht bloß den Reichtum den man selbst bewohnt und besitzt, sondern den
Reichtum in einer ganz anderen Form, nämlich als abstrakte Quantität von
etwas, das es einem erlaubt, auf den Reichtum anderer (der ganzen Welt?)
in einem Austauschprozeß zuzugreifen? Und wer kann überhaupt Reichtum
akkumulieren? Was bewirkt der, der Reichtum akkumuliert?

Vielleicht kann ich zur Diskussion noch eine andere Sicht beisteuern.
Auch wenn man den homo oeconomicus weglässt, der angeblich nur rational
und egoistisch handelt, gibt es ein Prinzip, dass dazu führt, dass die
Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer...

Deine Erklärung mit den mathematischen Modellen ist in sich schlüssig und
aussagekräftig,
aber sie hat denselben Makel, der mich auch von der Freiwirtschaft - oder,
wie sie sich auch treffender nennt: der "natürlichen Wirtschaftsordnung" -
abrücken ließ: sie erklärt nicht nur nicht,
was dieser ominöse "Reichtum" eigentlich ist, sondern sie stellt diese Frage
gar nicht. Setzt man den Reichtum, in diesen Theorien synonym mit Geld, als
naturgegeben voraus - und das geschieht hier - dreht man sich, wie auch
Deine Ausführungen zeigen, nur im Kreis. Und das ist ja das Problem, das
Joost aufgeworfen hat.

Viele Grüße

 Stefan

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