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Re: [ox] Freiwirtschaft - Small Worlds



Jürgen Ernst schrieb:
Ist aber echt lesenswert.
In dem Buch werden Netzwerke bzw. Graphen beschrieben. 

Hallo Jürgen,

um hier weitermachen zu können, mußte ich mir das Buch doch erstmal
"aneignen".

Dennoch kann ich damit Analysen machen, z.B. Simulation eines Marktes 
usw. Was noch von aussen hinzukommt sind sog. Constraints, also 
Bedingungen, die eingehalten werden müssen. Dann lässt man die 
Simulation laufen und kuckt nach einer Weile rein wie sich Knoten, 
Verbindungen oder Attributwerte geändert haben.

Das würde ich jetzt etwas anders darstellen: im Buch ist nicht die Rede
von Constraints (für die Nicht-Informatiker: Restriktion. Oder, in diesem
Zusammenhang besonders treffend: _Sachzwang_). Die werden stillschweigend
vorausgesetzt. Dabei sind gerade die es, die das Axiomensystem bilden würden,
von dem ich sprach.

Wobei ich da vielleicht präzisieren muß: ich meine nicht die unterschiedlichen
Ansätze im Modell von Bouchard-Mezard, sondern die grundlegenden
Rahmenbedingungen. Reichtum ist hier Kapital; woher es kommt, wird - wie ich
es vermutet habe - gar nicht erst gefragt.

Somit kann man damit nachweisen, dass die Herkunft des Reichtums NICHT 
an den Menschen liegt. Es ergibt sich eher, dass es am Aufbau des 
Netzwerkes liegt. 

Da liegt nach wie vor mein Problem mit dieser Argumentation: im Buch
erscheint das so, weil die Art und Weise, wie Reichtum heute entsteht
und verstanden wird, eben als naturgegeben vorausgesetzt wird. Es könnte - 
folgt man dem Autor - allenfalls sein, daß mal jemand ein neues,
objektiveres ökonomisches Gesetz findet (siehe S.234). Jedenfalls ist
nirgendwo die Rede von der Herkunft des Reichtums, nur davon, wo er 
schließlich landet... Was allerdings, und damit wären wir wieder beim Thema,
auch bei Buchanan nur verhältnismäßig wenig mit Zins und Zinseszins zu tun
hat. Hierzu vgl. Scherhorn: "Silvio Gesell und die von ihm inspirierten
Freigeldtheoretiker haben daraus" [daß sich Kapital unbegrenzt vermehren "darf",
während Arbeit und Natur sich zyklisch erneuern; ich würde sogar weitergehen:
Kapital _muß_ sich unbegrenzt vermehren dürfen können, sonst geht es ein]
"seit langem den Schluß gezogen, daß man den Zins abschaffen müsse, um die
_Kapitalexpansion_ zu unterdrücken. Ich habe Respekt vor ihrer scharfsinnigen
und unermüdlichen Argumentation, aber ihre Folgerungen würden mehr die Falschen
treffen als die Richtigen." 
(Gerhard Scherhorn, Das Wechselspiel von Markt, Staat und Zivilgesellschaft
bei der Einsparung und Substitution fossiler Energie, Referat, Wuppertal 2004;
der Autor ist - wie Buchanan auch - mit Sicherheit über jeden Verdacht erhaben,
Wege aus dem Kapitalismus weisen zu wollen)

Und zwar dann, wenn dieses Netzwerk eine "Small World" 
ist und genauer ein aristokratisches Netzwerk.

Was mich wieder nur zu bestätigen scheint. Und: was hindert uns dann, aus
diesem aristokratischen Netzwerk (immerhin glaube ich jetzt verstanden zu
haben, was das ist; ich lag mit meiner linguistischen Interpretation auch
nicht daneben), wie wir es heute vorfinden, ein egalitäres
Netzwerk zu machen? Oder müssen wir abwarten, bis das von alleine
geschieht? Dann könnte es, nach Lage der Dinge, leicht schon zu spät sein
für die Gattung Mensch.

Man kann schon was machen, aber es ist schwierig.
Theoretisch alles kein Problem, nur praktisch machen nicht alle mit und 
dann klappt es einfach nicht.
Daher zerbrechen wir uns hier ja auch so die Köpfe.

Immerhin besser, als sie sich einzuschlagen...

Der "Wert" hängt immer mit dem Vorgang der "Wertschöpfung" 
zusammen. Je mehr Mühe, desto wertvoller.

Das ist der Trugschluß, der einem heute fortlaufend vorgegaukelt wird und
der eben gerade in der _wissensdominierten_ Gesellschaft, wie 
ich sie mal nennen möchte (weil im Grunde jede "soziale Gesellschaft" zumindest
wissensbasiert ist) auf Grund der Tatsache, daß dieses Wissen einige vertrackte
Eigenschaften hat, nicht mehr zutreffen will - so interpretiere jedenfalls
ich den Oekonux-Ansatz :-)

Wir operieren anscheinend (vorerst) in verschiedenen Axiomensystemen.
Vielleicht ist die Sichtweise und die Nomenklatur anders, aber die 
Ergebnisse sollten die gleichen sein. Etwas interdisziplinäre Denkweise 
ist doch inspirierend, oder?

Auf jeden Fall!

Es gibt Einiges aus der Theorie der Small Worlds, das ich auf die hier
vertretenen Ideen anwenden würde: Small Worlds und Global Villages reimt
sich geradezu. Oder gar die Vorstellung, die Entwicklung des "Internets
der Dinge" von Anfang an mit Hilfe dieser Theorie zu verfolgen; allein das
war es mir "wert", das Buch zu lesen. Und schließlich die Anregung, 
"Organisationen und Gemeinschaften bewußt nach den Small-World-Bauplänen"
zu entwerfen. Denn, frei nach Wolf Göhring: mit den neuen
Kommunikationstechnologien kann zwar Jeder mit Jedem reden, aber Jeder
kann gar nicht mit Jedem reden.
Hier bietet sich in der Tat eine faszinierende Möglichkeit, über
entsprechende Mechanismen jenseits von Tausch und Markt nachzudenken.

Viele Grüße

 Stefan



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