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Re: GesellianerInnen und Oekonux? (was: Re: [ox] interessantes Interwiev)



Hallo Stefan,

Zunächst mal dieses, weil das nicht so sichtbar wird: Seit dem
(erneuten) Beginn der GesllianerInnen-Debatte melden sich Leute
relativ zahlreich ab. 

das ist schade. Vor allem, dass die Abmeldungen meist kurz vor dem Ende
solcher Debatten geschehen, so meine Erfahrung von anderen Listen.

Weiter würde ich gerne die Bezüge zum Listenthema hier und da
deutlicher heraus arbeiten wollen. Immerhin handelt es sich bei den
Vorstellungen der GesellianerInnen um eine Tauschgesellschaft reinsten
Wassers, die in der Freien Software / den Commons ja gerade nicht
relevant ist.

Das sehe ich anders, weil freie Software meines Erachtens nämlich ohne
Markt gerade NICHT funktioniert. Das beweisen sämtliche großen Open Source
Projekte. Es stehen in allen Fällen kommerzielle Unternehmen dahinter, die
die Produkte zur Marktreife bringen. Was nützt einem schon Software, die
nur Freaks benutzen können? Anderen als den Freaks meine ich.

Was ich überhaupt nicht verstehe ist dies:

Last week (7 days ago) Michael Hoennig wrote:
zunächst einmal scheinst du trotz meines Hinweises, dass ich ein
Freiwirtschafts-Laie bin, deine Argumentationskünste an mir üben zu
wollen. 

Also wenn du, Michael, nicht willst, dass von dir gepostetes Material
hier diskutiert wird, dann frage ich mich sehr ernsthaft, warum du es
dann überhaupt erst herschickst - und dann noch wieder und wieder.
e
Ursprünglich hatte ich auf die Behauptung, Marktwirtschaft wäre identisch
mit Kapalismus, erwidert, dass das nicht stimmt, weil die Freiwirtschaft
eine Marktwirtschaft ist, aber kein Kapitalismus. Dann kamen haufenweise
Unstetellungen und Fehlinformationen auf. Einer derjenigen die
mitdisktutiert hatten, kam mit ganz konkreten Argumenten, die ich als Laie
nicht beantworten konnte, ich wusste aber dass es eine Antwort gibt. 
Daher hatte ich ihm genannt, wo er diese Infos bekommen konnte. Der
Diskussionspartner lies aber nicht von mir ab, und fragte immer wieder
mich, obwohl ihm klar war, dass das meine Kenntniss übersteigt.

Ideen? Dass du ein Gesell-Fan bist, ist m.E. klar geworden und muss
nicht andauernd wiederholt werden.

Nun meine Frage an dich, Stefan: Wenn jemand über ein Thema nicht alles
weiss, dann soll er also besser ganz seinen Mund halten?

Was willst du dir damit beweisen? Dass die Freiwirtschaft falsch
liegt, kannst du damit NICHT beweisen, dann musst du dich schon mit
einem Experten messen.

Auch diesen Duktus verstehe ich überhaupt nicht. Auf dieser Liste wie
im ganzen Projekt geht es um Erkenntnisgewinn. Wenn hier einer Sachen
persönlich nimmt, dann bist nach meiner Wahrnehmung du das. Dabei
frage ich mich, wie das überhaupt geht. Hat irgendwer - außer dir -
gesagt, dass du blöd^H^H^H^H unwissend bist?

Die Argumentationskette lief ganz klar darauf hinaus, dass es wohl an der
Freiwirtschaft liege muss, wenn ich nicht alle Fragen dazu beantworten
könne. Dazu muss man nur mal durchlesen, worauf ich diese oben zitierte
Aussage getroffen hatte.

Davon abgesehen wäre es natürlich spannend rauszukriegen, *was* dich
an diesen GesellianerInnen-Thesen eigentlich genau begeistert - und ob
es einer kritischen Analyse stand hält. Ich meine, du willst uns doch
nicht sagen, dass du dich einfach von dem ja oft durchaus fein
gesponnenen Netz der GesellianerInnen hast einfangen lassen und jetzt
gar nicht weißt, warum du das eigentlich alles so gut findest. 

Doch, ich bin davon überzeugt, gerade weil ich viel hinterfragt habe. In
einer Argumentation verzettelt man sich aber zu leicht in vielen feinen
Threads, wenn man nicht vieles vorhersieht, welche Aussage einem wie
(falsch) ausgelegt werden kann. Wer darin geübt ist, der lässt sich da
nicht so leicht in die Irre führen. Und um "Erkenntnisgewin" wie du weiter
oben sagtest, ging es den meisten hier auch nicht, denn dann kann ich mir
nicht erklären, warum Falschasussagen über die Freiwirtschaft immer wieder
wiederholt wurden.

Das
wäre dann nämlich reine Glaubenssache und es gibt x Systeme, die von
innen alle sehr logisch aussehen. Aber über Glaubensfragen sollten wir
hier nun wirklich nicht diskutieren.

Richtig. Alles was ich wollte, war anfangs zu erwähnen, dass eben nicht
jede Marktwirtschaft auch Kapitalismus ist, und dann kamen die
Falschaussagen über die Freiwirtschaft, die ich einfach korrigieren
musste.  Ich will keinen überzeugen und nicht über Glauben diskutieren.

Die Debatte um die GesellianerInnen ist so alt wie diese. Holger hat
auch erwähnt, dass er sich schon länger damit befasst hat, Holger
solche Kurzsichtigkeit vorzuwerfen finde ich schon am Rande der
Unverschämtheit.

Den Fehlinformationen über die Freiwirtschaft nach zu urteilen, denen auch
Holger unterliegt, scheint er sich nicht sehr intensiv damit
auseinandergesetzt zu haben.

 
Um die Kurz-Sicht zum Thema kennen zu lernen, kann ich übrigens nur

	http://www.giga.or.at/others/krisis/r-kurz_antisemitismus_krisis16-17_1995.html

empfehlen, wo eigentlich - IIRC - alles ganz nett erklärt ist.

Der Artikel ist totaler Unsinn. Schon in den ersten Absätzen findet man
dutzende von Fehlern.

Last week (11 days ago) Michael Hoennig wrote:
Der Kapitalismus ist eine unfreie Form der Marktwirtschaft, in dem der
Marktfaktor Kapital den Vorteil gegen überandern Warenarten
(Produktionsfaktoren) hat, dass er sich vom Markt zurückziehen könnte
und damit einen Zins erpressen kann.

Hier machst du m.E. einen fundamentalen Fehler. Deine Sicht ist die,
die früher mal als kleinbürgerlich bezeichnet wurde, 

Alleine schon der Begriff "kleinbürgerlich" ist abwertend und damit alles
andere als neutral. Ok, bin ich eben ein Kleinbürger in euren Augen (was
aber gar nicht stimmt, was jeder der den Thread gelesen hat, gesehen haben
müsste). Die Denkmuster der meisten Menschen sind aber noch so. Und in den
nächsten 50 Jahren werden wir das Denken nicht ändern können. Daher sind
alle Ansätze, die davon ausgehen, dass die Menschen nicht
"kleinbürgerlich" denken für diese nächsten 50 Jahre zum Scheitern
verurlteit, meiner persönlichen Meinung nach - und der der meisten
andern Freiwirte auch.

und die Kapital
mit einem Schatz verwechselt. Ein Schatz ist dazu da gehortet zu
werden. Kapital ist überhaupt erst Kapital wenn es sich verwertet, das
heißt in Umlauf gehalten wird. Es gibt hier also einen kategorialen
Unterschied, der in deiner Argumentation völlig verwischt. Dieser
Unterschied unterscheidet aber gerade kapitalistisches Geld von
vor-modernem.

Sorry, jetz wirst du ganz wirre mit deinen Unterstellungen. Es ist ein
Fakt, dass Geld gehortet wird, wenn es nicht genug Zins abwirft. Für MICH
ist Kapital kein Schatz, ich habe andere schätze, die mir auch keiner
nehmen kann. 

Es ist also keineswegs so, dass das Kapital sich irgendwie anders
zurückziehen könnte als die Seite der Arbeit. 

Eine Behauptung deinerseits, die jeder Erkenntnis, auch der von Marx
widerspricht.

Und in Zeiten, in denen
Vollbeschäftigung herrscht - ja, das gab's mal in den 1970ern - ist
die Macht des Faktors Arbeit sogar größer als die des Kapitals. 

Der Systemfehler führt aber gerade von der Vollbeschäftigung weg.

Konsequent zu Ende gedacht müsstest du also auch gleich einen
Arbeitszwang einrichten, damit auch ja die Seite Arbeit nicht in die
Übermacht kommen kann. Aber IIRC haben die GesellianerInnen auch das
gleich im Köcher...

Das macht nur Sinn, wenn man ein Recht auf Profit sehen würde.

Nun, alles sehr kraus. Was das mit Freier Software / Commons-basierter
Produktion zu tun haben könnte, ist mir völlig unklar. Ideen?

Siehe mein zweiter Absatz in dieser Mail (ohne Gruß und Zitate zu zählen).

Leistungsloses Einkommen wird auch gerne mit Mehrwert bezeichnet.
Mehrwert ist genau der Teil des Werts einer Ware, der über ihre
Gestehungskosten hinaus geht. Zins ist nur eine Form des Mehrwerts,
bei der es scheint, als würde der produktive Teil weg fallen. Das ist
aber nur Schein.

Würdest du den Mehrwert ganz abschaffen - über dessen Höhe sich die
Arbeiterbewegung Jahrhunderte lang erbitterte Kämpfe mit der
Kapitalseite geliefert hat -, entfiele der (entfremdete) Grund Kapital
produktiv einzusetzen - mensch würde ja nichts mehr dran verdienen.

Wenn du mit "verdienen" Profit meinst, ja. Wenn du Lohn meinst, nein.

Ich bin völlig bei dir, den Mehrwert und mit ihm den von ihm
abgeleiteten Zins ganz abzuschaffen, denn damit wäre Wert und Geld
jeglichen Sinns beraubt. 

Wie kommst du denn darauf? Es wäre immer noch ein Maßstab für
Arbeitsleistung und sicher würde ein Taucher im Klärwerk mehr Lohn
erahlten als jemand, der im Büro einer Allerweltstätigkeit nachgeht.  Der
Taucher im Klärwärk macht auch einen Scheiss-Job im wahrsten Sinne des
Wortes.

Die Freiwirtschaft ist eine freiere Form der Marktwirtschaft, in der
keine Warenart einen solchen Vorteil hat (weder Kapital noch Boden).

Eine freiere Form, in der bestimmte durchaus nur abgeleitete
Nutzungsarten von Geld verboten werden? Das finde ich zumindest
erklärungsbedürftig.

Ich verstehe weder die Frage, noch was erklärungsbedürftig ist.

In der
Freiwirtschaft gibt es daher auch langfristig gesehen keine
leistungslosen Einkommen, die auf Zwang basieren. 

Jeder Mehrwert beruht auf einem strukturellen Zwangsverhältnis. Auch
der einfache Gewinn, den die mittelständische UnternehmerIn sich aus
dem Mehrwert aneignet ist auf einem solchen strukturellen
Zwangsverhältnis gegründet.

Du redest von Profit? Langfristig kann es in der Freiwirtschaft keine
Profite geben.

Anstatt aber zu versuchen, einen ausgewählten Schein des universalen
Zwangsverhältnisses abzuschaffen, würde ich lieber das ganze
Zwangsverhältnis abschaffen. Das scheint mir jedenfalls ein wesentlich
konsistenterer Ansatz.

Wie willst du die Menschen dazu bringen, freiwillig zu geben und
bescheiden zu nehmen? Die Menschen, die jahrhundertelang daran gewöhnt
sind, gegeneinander zu arbeiten? Es kann möglich sein, aber es wird viel,
viel Zeit benötigen. Und solange wir im Kapitalismus leben (nicht 100%,
sagen wir mal "real existierenden Kapitalismus"), wird dieser Wandel
unmöglich sein.

Davon mal abegesehen: Das "Zwangsverhältnis" wie du es nennst, ist in der
Freiwirtschaft schon stark abgeschwächt. 

Ich bin jedenfalls fest davon überzeugt, dass wir schon in der
bestmöglichen aller auf Tausch basierenden Welten leben. 

Hast du dich mit dem Zinsproblem überhaupt mal befasst? Ist dir
überhaupt klar, warum wir jetzt mehr und mehr Arbeitslose haben, obwohl
massig Arbeit da wäre? Warum die Reichen immer Reicher, die Armen immer
Armer und die Mittelschicht immer dünner wird? Das nennst du die beste
aller auf Tausch basierenden Welten? Wow?

Warum stellst du mir überhaupt all diese Fragen? Bist du WIRKLICH an der
Freiwirtschaft interessiert, ob diese vielleicht etwas bieten könnte, was
du bisher übersehen hast (was ja keine Schande wäre)? 

Solange über die Freiwirtschaft keine weiteren Fehlinformationen
verbreitet werden, können wir von mir aus die Diskussion beenden. Sie
vergrault ja wohl eh nur Mitleser. Daran will ich auch nicht schuldig
sein.

Alles Gute wünscht
	Michael

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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