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Re: [ox] Potsdamer Denkschrift 2005



Hallo Christian & alle,

Christian Siefkes schrieb:
Und immerhin war Marx schon so weit, zu wissen, dass im
Wesentlichen die Position das Verhalten bestimmt, und nicht andersrum.

Dass die Position das Verhalten bestimmt, mag vielleicht bei Marx's
Einteilung (Bosse/Arbeiter) in Marx's 19.Jahrhundert zugetroffen haben,
damals war ja die soziale Mobilität noch sehr gering (Kastensystem).
Aber wenn man einen Predator an einen Produzenten-Arbeitsplatz stellen
würde, bzw. darauf umschulen lassen, dann würde deutlich, dass das
nicht funktioniert.  Die Einstellung, die Denkweise, die Talente,
die Ziele etc. sind einfach zu anders.
Andersrum bestimmt das Verhalten durchaus die Position -- wenn
Produzenten und Predators vom gleichen Anfangspunkt (Grundschule)
starten, kommen sie doch an sehr unterschiedliche Positionen in
der weiteren Laufbahn.


Die Strukturen sind das Produkt der Entscheidungsträger.  Wenn Produzenten
entscheiden, resultieren andere Strukturen -- sinnvollere, gerechtere und
funktionale.  Das geht aber nur, nachdem die Bevormundung durch Predators
aufhört.

Nein, sondern die Entscheidungsträger sind ein Produkt der Strukturen,
jedenfalls insofern, dass die jeweils bestehenden Strukturen bestimmte Arten
zu denken und sich zu verhalten sowohl begünstigen als auch verstärken. Ein
Austausch des Personals ohne grundlegenden Umbau der Systems ändert nichts,

Wir sind uns einig, dass ein von Predators regiertes System Predator-Werte
und -Verhaltensweisen fördert (s. meine Bemerkungen über Hollywood etc.).
Aber vergleicht man Subsysteme, in denen Produzenten eine grössere
Entscheidungsfreiheit haben (z.B. Klein(st)firma, die von Produzenten
geleitet wird), mit Subsystemen, die völlig von Predators bestimmt sind,
dann fällt auf, dass in den ersteren sinnvollere Entscheidungen gefällt
werden.  Einfach weil die Produzenten etwas von der Sache verstehen und
es ihnen um die Sache geht -- sie wissen aus Erfahrung, dass die
"Realität am Boden" entscheidet, was geht und was nicht geht, während
bei den Predators einfach der Mächtigere entscheidet, auch wenn die
Entscheidung inhaltlich noch so unsinnig ist -- "might is right"...
Diesen Unterschied kann man IRL auf Schritt und Tritt beobachten,
sowohl im kleinen als auch in der Weltpolitik.


es gibt genug gescheiterte Revolutionen die das bezeugen.

Der war gut! ;-))
Das ist ein Trugschluss -- bei den bisherigen Revolutionen wurde nämlich
jeweils eine Gang von Predators durch eine andere Gang von Predators
abgelöst (wobei z.T. dieselben Personen recycelt wurden, so kamen z.B.
einige Altnazis und Altkommunisten in den "nachfolgenden" Systemen
wieder in hohe Positionen).

Die OpenSource-Revolution hätte das Potential dazu, die _erste_
Revolution durch Produzenten zu werden.  Umso wichtiger ist es, die
Unterwanderung durch Predators (Stichwort Lessig) zu verhindern.
Sonst wird daraus bloss eine weitere Predator-Revolution, a.k.a.
"alter Wein in neuen Schläuchen"...


Wenn du erst deine
mutmasslichen Produzenten an die Macht geputscht hättest, würdest du schon
merken, wie schnell sie anfangen, sich wie "Predators" zu verhalten...

Ein Putsch ist eine Predator-Massnahme.  Ein Putsch durch Produzenten
wäre ein Widerspruch in sich, also würden die Putschisten sich
logischerweise dann wie Predators verhalten.

Die Produzenten-Revolution muss auf anderem Wege geschehen.
Stichwort Solidarität unter Produzenten.  Hohe Parallelität, global.
Setzt voraus: Erkennen der richtigen Dichotomie.


Lesetipp: John Holloway: "Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen".

Ueber Holloway's grundlegende Missverständnisse schon der Machtbegriffe
hatten wir ja hier schon im September diskutiert.  Eigentlich hätte
er sein Buch genausogut betiteln können:
"Den Bär waschen, ohne ihn nass zu machen." ;-}

So ein Buch hilft natürlich, sogar die paar Leute, die den Bär waschen
wollen, davon abzuhalten, ihn nass zu machen.  Das ist ja vielleicht
der Zweck des Buches.  So wie bei Marx.  Aber das ist ein Hollow way...

Gruss,
Christoph




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