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Re: [ox] Noch mal zur Freien Gesellschaft



Hallo Hans-Gert, Lars & Liste:

Und weiter bin ich der Meinung, dass die P/P-Trennung keine
?§u?üerliche ist, sondern jeder sich manchmal wie P/ und manchmal
wie /P verh?§lt. Und zwar (auch) weitgehend unbewusst.

Hans-Gert, hier muss ich dir widersprechen. Die Absurdit?§t liegt nicht
in der Trennung, sondern der Idee, Wertvergesellschaftung individuell
aufl??sen zu wollen. Von einem omin??sen Verhalten auf die
gesellschaftliche Struktur zu schlie?üen und nicht anders herum, ist a)
h??chst unmaterialistisch und b) der freudige Vorbote jeder reaktion?§ren
Kapitalismuskritik.

Das verstehe ich nicht. Ich meinte, dass - um mal bei Christophs
Terminologie zu bleiben - JEDER sowohl Predator als auch Producer ist,
der Riss durch die Gesellschaft also auch durch jeden Einzelnen geht und
deshalb Christophs Einteilung in GUT-Menschen (incl. er) und
SCHLECHT-Menschen (incl. ich) den Kern des Problems verpasst.

Vielleicht habe ich bisher zuwenig hervorgehoben, dass Prod und Pred primär
_Wertesysteme_ sind, die von Personen mehr oder weniger angenommen werden.
Personen, die Predator-Werte (wie z.B. Gier) stark annehmen, werden dann
umgangssprachlich Predators genannt.  Also sind eigentlich nicht die
Personen ansich "gut oder böse", sondern die Wertesysteme Prod bzw. Pred.
Personen können ihre angenommenen Wertesysteme ändern, also "gut" _werden_.

Man kann natürlich darüber streiten, ob und inwieweit Werte/Eigenschaften
wie Gier "erblich" oder "angeboren" sind, aber selbst wenn sie es sind,
können die Betroffenen versuchen, diese Eigenschaften zu "zügeln", und
die Gesellschaft kann solche Eigenschaften belohnen oder eben nicht.

Wobei ich auch Lars' Wiederholung widersprechen muss, die Gesellschaft
"zwinge" die Predators quasi zu ihrem Verhalten.  Es gibt grosse
Ermessensspielräume --umso grösser, je mächtiger diejenigen sind!--,
und wer es mit der Gier etc. übertreibt, wird sogar in einer Predator-
dominierten Gesellschaft bestraft (z.B. die Medizin-Profs, die sich
an die Tabakindustrie verkauften, oder auch gewöhnliche kleinere und
grössere Kriminelle).  Besonders die Mächtigen hätten es sehr wohl
in ihrer Macht(sic!), die gesellschaftlichen Werte in Richtung Prod
zu verschieben (statt weiter in Richtung Pred wie sie es nun tun),
aber sie tun das eben nicht, und das ist ihre Schuld, die sie nicht
auf die Gesellschaft abwälzen können!

Natürlich wollen die Preds sich hinter der Masse verstecken, und die
"unsichtbare Hand des Marktes", die Alle zu Pred-Verhalten "zwinge",
ist ein typisches neoliberales Pred-PR-Werkzeug.  Umsomehr erstaunt
mich, dass in diesem eigentlich emanzipatorischen Forum so stark dieser
neoliberalen Ideologie das Wort geredet wird -- ziemlich reaktionär, das...


Meinst du das Buch "Die Welt ver?§ndern, ohne die Macht zu ?ºbernehmen"?
Da wird nicht von Zerst??ren gesprochen, sondern davon, dass in Zukunft
mglw. Machtmechanismen an vielen Stellen schlicht ins Leere laufen.

Strukturelle Gewalt läuft nicht ins Leere.  Falls jemand mal versucht,
neu "rechtsfreie Räume" zu schaffen, dann beeilen sich die Preds, diese
Räume wieder zu schliessen.  So wie mit DRM etc.  Allerdings ist das
nur nötig, wo die "rechtsfreien Räume" dem Pred-Machtmonopol gefährlich
werden.  Wo dies (noch) nicht der Fall ist, drücken die Preds gerne mal
ein Auge zu, sowas macht sich ja ganz gut als Potemkin'scher Freiraum,
damit die Leute _glauben_ sie seien frei...  (das Spehr'sche Ghetto und
die Lessig'sche "Freie Lizenz" lassen grüssen)

Aber spätestens wenn's um die Wurst geht, werden die Ghettos zerstört.
Darum ist das eine Sackgasse.  Die Predator-Macht muss gebrochen werden,
um das zu verhindern.


[Predator-Revolutionen gingen mies aus]

Checken wir uns doch bspw. mal Allende aus.

Allende kam ja nicht per Revolution dran, sondern wurde durch eine beseitigt.
Also unpassendes Beispiel, das eher meine Thesen stützt.


Es geht mir darum aufzuzeigen, dass es ?ºberhaupt nicht um gut vs. b??se
geht, sondern darum, welche Verkehrsordnung gilt. Moral (als gut vs.
b??se) ist nur Produkt dieser Struktur. Mein Lieblingsbeispiel dazu ist,
dass beispielsweise jener Unternehmer als moralisch gut bewertet wird,
der eine m??glichst gro?üe Summe seines Gewinns wieder in den Markt
zur?ºckf?ºhrt, also neu investiert und jener als b??se, der seinen Gewinn
mit Yacht, h?ºbschen Frauen und Lotterleben ?ºber die Runden bringt.

Wieso -- mit "Yacht, hübschen Frauen und Lotterleben" fliesst das Geld doch
_auch_ wieder in den Markt zurück...


Es geht mir darum zu erkl?§ren, dass die Probleme die wir
kritisieren, nicht dadurch entstehen, dass irgendjemand Prod oder
Pred-Schemate ¬ªin sich tr?§gt¬´, sondern dass jene Moral, die
Handlungsweisen sanktioniert nichts weiter ist als die logische Denke
zur falschen Struktur. Ebensowenig wie Antisemitismus einfach so
¬ªzuf?§llig¬´ von ¬ªb??sen Menschen¬´ vertreten wird, sondern
logische Folge einer unverstandenen Warenwelt ist (so mal kurz und platt).

Mit dem letzten Satz hat Lars die "unsichtbare Hand" selber ad absurdum
geführt -- Antisemiten ist demnach nicht böse, sondern blosse Opfer der
Umstände welche sie zum Antisemitismus "zwingen".  Einen grosszügigeren
Freibrief könnte man denen wohl nicht ausstellen! 8-(

Und à propos Antisemitismus:  Die "Logik" von StefanS und AndreasFH, das
Postulat "Raffer sind böse" sei antisemitisch, ist _selbst_ antisemitisch!
Denn ihre Schlussfolgerung impliziert, alle Juden seien Raffer!

Gruss,
Christoph



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