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Re: [ox] Re: Grundeinkommen vielleicht, Stipendien hoffentlich nicht (war Re: [ox] Grundei



Am 28.04.2006 um 12:05 schrieb Lars Strojny:

Am Freitag, den 28.04.2006, 08:51 +0200 schrieb Wolfram Pfreundschuh:
[...]
Ich halte das für sehr plausibel. Man muss unbedingt kapieren, was
Staatsverschuldung ist, also wie sie aus dem Verhältnis von Zins und
fiktivem Kapital entsteht und wie sie sich als Zusammenbruch des so
hochverehrten Sozialstaats darstellt.

Halt, halt. So will ich das nicht gelesen wissen. Ich insistiere darauf,
dass der Kummer um die Staatsverschuldung politikberatend ist, das
Verstehen längt nicht. Und ja, so weit reichen meine Kentnisse
ökonomischer Vorgänge noch.

Hallo Lars,
ich halte die Staatsverschuldung für sehr real, nicht weil ich die Besorgungen der PolitikerInnen teile, sondern weil die Bedrängnis der Staatshaushalte (durch Schwund der Steuer- und Sozialabgaben) und die Entwertung der Währungsbündnisse (resp. Nationalwährungen), die damit einhergehen, nachweisbar ist. So ist z.B. der US-Dollar zu 48% ungedeckt, verspricht also um diesen Betrag einen Wert, den er nicht realisieren kann - außer als Petro-Dollar, also als Versprechen, irgendwo auf der Welt Öl hierfür aufzutreiben (also auch durch Krieg). In der BRD ist die Entwertung noch nicht so entwickelt, weil hier noch "Wirtschaftserfolge" durch ein paar Tricks (Rentenalter erhöhen, Soziale Leistungen kürzen, Ausgaben allgemein reduzieren, EU- Absprachen und EU-Politik) erhofft werden, diese Geldentwertung aufzuhalten. Das wird sich noch zeigen, dass das nicht hinhaut, weil z.B. die Arbeit für 67jährige Rentner nicht da ist, bzw. weil die Beschaffung neuer Ausbildungsplätze für die damit eigentlich dann ausfallenden Nachwuchskräfte nicht vorhanden sind und anderes mehr. Es wird stetig schlechter werden, weil die Abärtsspirale schön längst läuft: Die Neuverschuldung überschreitet derzeit die Zinslasten, die hierfür entstehen und Berlin ist z.B. schon nicht nur Pleite, sondern hat alleine an Zinsbelastungen schon mehr, als sie durch Rückzahlungen (ohne Tilgung) je leisten kann - und muss weiterhin Kredite aufnehemen, in der bloßen Hoffnung, dass es "irgendwann besser wird". Das ist alles real. Also wird man irgendwas machen müssen, entweder ungedecktes Geld drucken oder Abbau weiterer Staatsfunktionen, deren Folgen in der Regel fortschreitender Niedergang der kapitalistischen Wirtschaft ist. Und das macht die Sorge der PolitikerInnen aus, nicht meine. Und hiergegen muss man eben sinnvolle Forderungen entwickeln, die durchsichtig machen, dass die Leute diesen Kollaps nicht auf sich nehmen müssen, sondern auch mal sich andere Vorstellung zur Verwendung von öffentlicher Knete machen können. Ohne dies sind sie momentan gelähmt wie ein Kaninchen vor der Schlange (z.Z. sind sie als gute Christen ja immer und noch - auch wenn schon an der Belastungsgrenze - bereit, Belastung auf sich zu nehmen, "wenn es nur endlich besser wird").

Und in diesem Zusammenhang
sollte man vom Geld als solchem wegkommen, es lediglich als Potenzial
ansehen, das noch da ist, um strukturell in den Kommunen etwas zu
erreichen, was neue Lebensformen jenseits von Geldzirkulation möglich
macht.

Das halte ich für idealistisch, denn es verkennt die Kategorie
Interesse. Welches Interesse haben Kommunen an der Finanzierung solcher
»neuer Lebensformen«?

Weil sie selbst in dem Widerspruch stehen, dass sie Probleme lösen müssen und nicht können, es sei denn sie schaffen sich ihre Bevölkerung vom Hals und befördern damit ihre Glaubensträger, ihre Bürger in die Gosse, wo die vor allem zu Staatsfeinden radikalisiert werden, aber eben zu Staatsfeinden, die nichts anderes wollen, als rechte Gewalt. So was wollen derzeit auch die Kommunen noch nicht. Da hat jede andere Perspektive mehr Sinn. Und selbst wenn dann eine Linke von ihnen als vorteilhaft für die Systemerhaltung angesehen wird, heißt das nicht, dass die das dann auch ist.

Gruß
Wolfram Pfreundschuh

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